Archive for the ‘Politik’ Category

„Cicero“ und die Pressefreiheit


06 Mai

Cicero TitelblattFangen wir ausnahmsweise mal von hinten an, bei den Leserkommentaren: “Cicero – Magazin für politische Kultur” hat anlässlich des Welttags der Pressefreiheit am 3. Mai den Beitrag eines Autors namens Wolfgang Bok unter dem Titel “Die Generation ‘G’ unterhöhlt die Innere Pressefreiheit” veröffentlicht. Das sagen die Leser dazu:

“Sehr richtiger und wichtiger Zwischenruf von Herrn Bok. Das mußte mal gesagt werden!” (Fritz Illing)
”Vor allem ist es wunderbar, daß solche Meinungen nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand, sondern in aller Öffentlichkeit zu hören sind.” (Henning Komarow)
”Wenn Unbildung oder Halbbildung auf rot-grüne Einstellung treffen, was will man da von dieser »Schurnallje«noch erwarten?” (Raimund Moenig)
”Wir bekommen doch nur noch zu hören oder Lesen,was bestimmte Kreise möchten. Meiner meinung nach haben wir doch im stillen schon eine Diktatur.” (Wilfried Stein)

Was kann in einem Artikel gestanden haben, der solche Reaktionen hervorruft? Was hat einer in der Hand und im Griffel, das die “Das musste mal gesagt werden”-Fraktion zu derartigen Elogen ermutigt und einige gar schon die Meinungsdiktatur hinterm beschränkten Horizont auftauchen sehen lässt? Was wird da hinter “vorgehaltener Hand” gemunkelt, was ein Autor namens Wolfgang Bok nun endlich “in aller Öffentlichkeit” vernehmen lässt? (mehr …)

Feinde der Pressefreiheit


03 Mai
Foto: Maren Beßler/Pixelio

Foto: Maren Beßler/Pixelio

Am 3.Mai jährt sich der „Tag der Pressefreiheit“, der von der UNESCO ausgerufen wurde. Aus diesem Anlass hat die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ eine Liste mit den schlimmsten Feinden der Pressefreiheit veröffentlicht. „Wenig überraschend“ findet es der IT-Blog Gulli, dass zahlreiche afrikanische Staatschefs auf der Liste stehen. Dort wundert man sich aber, dass trotz der häufig laut gewordenen Kritik aus Südamerika nur ein einziger Machthaber auf die Liste gefunden hat:

Trotz einiger Kritik an der Pressefreiheit in Südamerika schaffte es nur ein Staatschef aus dieser Region auf die Liste der Feinde der Pressefreiheit: Kubas Präsident Raúl Castro. Daneben stehen aber unter anderem die „Zetas“, die mexikanischen Drogenkartelle, ebenfalls auf der Liste. Diese Gruppe habe Mexiko zum „gefährlichsten Land des Kontinents für Journalisten“ gemacht, so der Vorwurf – seit dem Jahr 2000 seien 86 Journalisten getötet worden und 17 spurlos verschwunden. Daneben seien auch Menschenrechts-Aktivisten entführt oder ermordet worden.

Auch Europa kommt, wie zu erwarten, nicht ungeschoren davon. Neben den „üblichen Verdächtigen“ in Osteuropa wird in Westeuropa vor allem Italien als Negativbeispiel genannt. Und das nicht unbedingt wegen staatlicher Einflussnahme, sondern wegen der pressefreiheitsgefährdenden Umtriebe der Organisierten Kriminalität in Italien, sprich: Mafia & Co.:

 Ebenfalls ein Problem mit der freien Berichterstattung gibt es in Italien. Dieses kommt aber nicht von offizieller Seite. Vielmehr zeichnet dort die Mafia – gelistet als „Camorra, ‚Ndrangheta, Sacra Corona Unita, Cosa Nostra, organisiertes Verbrechen“ – für Repression gegen Journalisten verantwortlich. Die zerstrittenen Mafia-Clans zeigten sich, wenn es gegen eine kritische Berichterstattung gehe, durchaus zur Kooperation bereit und in der Lage, so die Einschätzung ROGs. In den 1990ern seien mehrere Journalisten erschossen worden oder unter mysteriösen Umständen bei angeblichen Unfällen ums Leben gekommen, wofür bis heute kein Mafioso zur Rechenschaft gezogen worden sei. Häufig würden kritische Pressevertreter bedroht, verprügelt oder ihr Eigentum beschädigt. Teilweise würden auch die Familien der Journalisten drangsaliert. Viele Journalisten hätten eine kritische Berichterstattung über die Mafia daher mittlerweile aufgegeben, so ROG. Diejenigen, die dies nicht täten, hätten häufig untertauchen müssen und stünden unter permanentem Polizeischutz. Zunehmend gehe die Mafia jedoch von Gewalt hin zu subtileren Methoden über. Durch politische Einflussnahme und gezielte Bestechung seien bereits eine Reihe von Zeitungen und lokalen TV- und Rundfunksendern kompromittiert worden. Alles in allem habe die Mafia „ein Ausmaß von Selbstzensur durchgesetzt, das in Europa einzigartig ist„.

Die komplette Liste ist hier einzusehen.

Spiegel, Kampagnenjournalismus und die Militarisierung der Außenpolitik


29 Mrz

Den großen medialen Erfolg des Anti-Kriegs-Dreiteilers „Unsere Mütter, unsere Väter“ im Zweiten Deutschen Fernsehen hat das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zu einer Titelgeschichte veranlasst, die sich mit der Remilitarisierung der bundesdeutschen Außenpolitik befasst und paradoxerweise Pro-Kriegs-Positionen einnimmt. Darin heißt es:

Ob aus Überzeugung oder aus Angst vor dem Wähler — unter Führung von Angela Merkel und Guido Westerwelle ist die deutsche Außenpolitik zur alten, unmündigen Unsicherheit zurückgekehrt. Die Enthaltung in Libyen, das Minimalprogramm in Mali, die Passivität in Syrien — um jeden Preis geht es darum, ein militärisches Engagement zu vermeiden.

Um Berichterstattung und die wertneutrale Vermittlung der Realität, wie es einem „Nachrichtenmagazin“ ziemen würde, handelt es sich bei diesem Absatz (und dem ganzen Artikel) nicht. Was vorliegt, ist stattdessen eine Aneinanderreihung von wertenden und normatiefen Sätzen. Auch wertende Sätze enthalten natürlich beschreibende und damit empirisch nachprüfbare Bestandteile. Mit dieser Überprüfung allerdings hält der „Spiegel“ sich nicht lange auf. Sonst wäre schließlich zu fragen, wie die militärischen Kampagnen in Afghanistan, in Somalia oder im Kosovo zu Demokratie und Wohlfahrt der dortigen Bevölkerungen beigetragen hätten. Und in praktisch jedem Fall wäre die Antwort wohl negativ. Was übrig bleibt, ist Kampagnenjournalismus der plumperen Sorte. Das bemerken auch die „Nachdenkseiten“ und bemerken:

Der Spiegel macht sich zum Sprachrohr derjenigen, die das im Grundgesetz verankerte Prinzip einer Verteidigungsarmee umdefinieren möchte und die Bundeswehr zu einer Interventionsarmee machen will. Deutschland müsse seine wirtschaftliche Machtstellung auch militärisch wahrnehmen. Deutschland soll, wie schon einmal in den unheilvollen Kapiteln seiner Geschichte, wieder seinen „Platz an der Sonne“ anstreben und die Machtpolitik, die es wirtschaftspolitisch derzeit in Europa mit der Durchsetzung der Agenda-Politik ausübt auch militärisch einsetzen. Der Spiegel propagiert das alte Weltmachtstreben, das Deutschland schon einmal zum Verhängnis wurde.

Es liegt noch keine kommunikationswissenschaftliche Definition des Begriffs Kampagnenjournalismus vor. Es gibt zu dem intrikaten Begriff aber einige kluge, auch: journalistische Stellungnahmen. Zum Beispiel diese:

Und längst kosten auch andere als das „Drecksblatt“ („SZ“-Preisverächter Hans Leyendecker über „Bild“) die süße Frucht der Bedeutung und das bittere Gift der Anmaßung, die im Kampagnenjournalismus liegen.

Und wer hat es geschrieben? Es war Jakob Augstein in seiner Kolumne für Spiegel Online.

Rassismus-Skandal bei österreichischer Gratiszeitung


10 Dez

Immer Ärger mit dem Halbmond (Foto: Wiki Commons)Das Croissant ist übrigens eine Wiener Erfindung. Die Feinbäcker der Stadt feierten damit den Sieg über das türkische Belagerungsheer und formten ein Gebäck in Halbmondform. Mit dem Halbmond kann es bis heute in der österreichischen Hauptstadt Ärger geben. Bei der in Wien erscheinenden Gratis-Zeitung „Heute“ hat es einen Rassismus-Skandal gegeben. In einer Nachricht über einen Kärntner Mordfall wird der Verdächtige als „Sorte Mann“ beschrieben,

„die zum Glück eher hinterm Halbmond lebt. In Ländern, wo das Gesäß beim Beten höher ist als der Kopf“.

Daraufhin erwäge das Blatt “alle Möglichkeiten” der Konsequenzen, wie vienna.at zu berichten weiß.  Chefredakteur Christian Nusser gab später bekannt, dass die betreffenden Redakteure nun beurlaubt würden:

“Der furchtbare Artikel ist erst nach 22.00 Uhr geschrieben beziehungsweise geändert worden, die beiden betreffenden Kollegen hatten Abenddienst und haben ihn in ihrer journalistischen Eigenverantwortung verfasst”.

Nur bei größeren Artikeln oder beim Ändern des Covers müsse bei dem Gratisblatt der Chefredakteur unterrichtet werden. Christian Nusser betont, “dass ‘Heute’ keine rassistischen Artikel duldet und unter meiner Verantwortung auch niemals tolerieren wird”. Die österreichische Menschenrechtsorganisation SOS Mensch begrüßt das entschlossene Eintreten der „Heute“-Chefredaktion für Antirassismus.

NRW-Wahlen: Schlappe für Wahlprognosen


15 Mai

Norbert_roettgen_2012Ist das Ergebnis der Landtagswahlen in NRW wirklich ein “Triumph” für Rot-Grün, wie der Focus schreibt? Oder ist vornehmlich ein Erfolg der Liberalen, wie deren NRW-Chef Lindner über die Tageszeitung Die Welt verbreitet? Weder, noch: Vor allem ist die NRW-Wahl eine große Niederlage für die Wahlforscher und Umfrageinstitute. Denn während das Ergebnis der F.D.P. in Nordrhein-Westfalen sich im Vergleich zur letzten Landtagswahl in dem Bundesland im Bereich der statistischen Fehlertoleranz befindet, hat das relativ gute Abschneiden der SPD sowie das schlechte Ergebnis der CDU so niemand prognostiziert.

So sah die Prognose von YouGov.de, über die auch in diesem Blog schon geschrieben wurde, für die CDU ein Ergebnis von 30% vor. Die Umfrager von YouGov geben immerhin eine Fehlertoleranz an, die bei einem Stimmanteil von 50% eine Abweichung von 3,1 Prozentpunkten bedeuten kann. Aber selbst dann hätte die CDU im schlechtesten Fall deutlich mehr als 27% der Stimmen erzielen müssen.

Auch das Ergebnis der SPD ist natürlich so brillant nicht, wie in der Presse dargestellt. Immerhin betrachten die Sozialdemokraten das Land NRW immer noch als ihre Stammlande, wo sie einst stabile absolute Mehrheiten erzielen konnten. Und der vorgebliche Erfolg der freien Demokraten ist im Lichte betrachtet auch nicht so grandios, wenn man bedenkt, dass sie außer dem Minimalziel, wieder in den den Landtag einzuziehen, eigentlich nichts erreicht haben.

Gänzlich ominös war die politische Berichterstattung insbesondere im Fernsehprogramm der ARD, wo Fragensteller Frank Plasberg sowohl in der sonntäglichen Wahlberichterstattung als auch in seiner montäglichen Talkshow als einzige politische Analyse die Frage anbieten konnte, ob CDU-Kandidat Röttgen sich nicht auch im Falle der Wahlniederlage für die Aufgabe seines Berliner Ministeramtes hätte entscheiden müssen, während Wahlsiegerin Kraft von der SPD sich nun ständig die Frage gefallen lassen musste, ob sie nicht lieber als Kanzlerin nach Berlin ziehen will. Dem einen wird also vorgeworfen, dass er nicht bleiben will, und der anderen wird in den Mund gelegt, dass sie nicht bleiben soll. Dieser verqueren Logik kann nicht jeder folgen.

Attentate in Norwegen: Wo bleiben die Islamisten?


25 Jul

Was ist nur mit den islamistischen Terroristen los? Jetzt überlassen sie das Feld schon nordischen Rechtsextremisten. Dabei hätten sie doch nur auf die deutsche Presse und das deutsche Fernsehen hören müssen, dann hätten sie gewusst, was zu tun ist. Der Branchendienst Meedia kommentiert:

Da können Journalisten noch so häufig über die Notwendigkeit der sorgfältigen Recherche sprechen – wenn es schnell gehen muss oder soll, brechen oft alle Dämme. Am vergangenen Freitagabend war es wieder so weit. In den ersten Stunden nach den Anschlägen in Oslo dominierten Experten und Kommentatoren die mediale Öffentlichkeit, die Panik vor einem islamistischen Anschlag schürten. Vorn mit dabei war auch die Nachrichtenagentur dapd.

Medienjournalist Stefan Niggemeier in seinem Beitrag „Wer solche Experten kennt, braucht keine Laien“ für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung spricht von „offensivem Nichtwissertum“ und fügt an:

Eine Explosion und ihre Interpreten: Die Fernsehberichterstattung
erwies sich einmal mehr als verheerende Kombination aus dem Zwang,
Inhalte zu produzieren, und dem Wunsch des Publikums nach unmittelbaren
Antworten.

Die Fuldaer Zeitung schrieb gar in einem Kommentar über „feiges Terrorpack“ und stellte den Beitrag später offline. Die Entschuldigung, die das Blatt dann nachschob, machte es allerdings nicht besser, sondern noch schlimmer:

Lange Zeit hat am Freitagabend Vieles darauf hingedeutet, dass die
beiden Anschläge in Norwegen von islamistischen Terrorristen begangen
worden sein könnten.

Nein, nichts hat auf „Anschläge in Norwegen von islamistischen Terrorristen“ (sic!) hingewiesen. Außer man meint, dass jede Herbeiführung von Sprengstoffexplosionen automatisch auf islamistische Terroristen hinweist. Dann möchte man aber wissen, was die Fuldaer Zeitung nach der kommenden Sylvesternacht schreiben wird.

Sterbende Medien: „News of the world“ sind von gestern


08 Jul

Große Buchstaben: News of the world

Das Murdoch-Blatt „News of the world“ wird künftig keine Neuigkeiten mehr verbreiten. Der sonntägliche Ableger des Boulevard-Blatts „Sun“ wird an diesem Wochenende seine letzte reguläre Ausgabe vertreiben. Gestolpert ist das die Zeitung nach 170 Jahren über einen Abhörskandal, dessen Ausmaße vermutlich noch nicht en detaille bekannt sind, der aber so viel schon verrät: Es muss, jedenfalls in Großbritannien, einen journalistisch-militärischen Komplex geben, bei dem auch der geheime Zugang zu Informationen wie zum Beispiel Handyverbindungen für riesige Medienkonzerne á la Murdoch kein Geheimnis bleiben. Wie die Financial Times Deutschland unter der Überschrift „Schock of the world“ mutmaßt, ist der Abhörskandal aber nur Auslöser und nicht der wahre Grund für die Einstellung des Blattes:

Am geringsten wog dabei der Verlust an Lesern und an Anzeigenkunden. Sie hatten es noch hingenommen, dass die Zeitung Mitglieder der Königsfamilie abgehört hatte. Doch dass nun auch das Handy einer entführten und später tot aufgefundenen Teenagerin ausspioniert wurde, ihre Angehörigen belogen und Beweise vernichtet wurden, war zu viel. Aber einen Einbruch des Umsatzes hätte der globale Medienkonzern verkraftet.
Gravierender ist wohl für Firmenpatriarch Rupert Murdoch gewesen, dass sein Big Deal, nämlich der Erwerb der Mehrheit am Pay-TV-Verbund BSkyB, politisch in Frage gestellt worden wäre, wenn er auf die enorme öffentliche Reaktion nicht mit drastischen Maßnahmen geantwortet hätte. Die FTD sieht übrigens noch einen Phasenunterschied zwischen britischer und deutscher Boulevardpresse und legt darum nahe, dass ein ähnlicher JOurnalismus-GAU in Deutschland nicht möglich wäre:
Der drastische Schritt geht aber auch weit über Murdochs Imperium hinaus. Er ist ein Eingeständnis, dass die kriminellen Recherchemethoden nicht länger als Fehltaten Einzelner abgetan werden können. Britische Boulevardjournalisten biegen – weit mehr noch als deutsche – die Wahrheit, plagiieren Mitbewerber und brechen Gesetze, um eine verkaufsträchtige Geschichte zu erhalten. Statt jedoch solches Fehlverhalten zu verurteilen, haben ihre Chefs die Reporter auch noch öffentlich verteidigt und sie so bestärkt – und sei es mit dem Argument, die Konkurrenz täte es doch auch.
Das allerdings wäre noch zu beweisen. Und gäbe es einen solchen militärisch-journalistischen Komplex in Deutschland, könnte es auch sein, dass deutsche Medienkonzerne einfach geschickter die Öffentlichkeit hintergehen.

Die Anti-Powerpoint-Partei


06 Jul

Logo der APPP

Wenn es Krankheiten gibt, die kein Arzt heilen kann, dann gehört Microsofts PowerPoint mit Sicherheit dazu. Widerstand regt sich mittlerweile nicht nur publizistisch und sogar militärisch, nein, jetzt geht es dieser Pestbeule der Präsentationskunst auch politisch an den Kragen: Die Anti-Powerpoint-Partei hat sich konstituiert. Und wer hat’s erfunden? Ein Schweizer … :

Die APPP sieht sich als Anwalt der schätzungsweise monatlich 250 Mio Bürger weltweit (Schweiz ca 500’000), die bei langweiligen Präsentationen in Unternehmen, in Universität, in Ausbildung zwangsweise anwesend sein müssen und die bisher keine politische Vertretung in der Politik gefunden haben.

Auch Christian Wolf vom Basic thinking Blog sieht die Notwendigkeit politischer Intervention und begrüßt die Gründung der Partei:

Was es da alles zu sehen gab, braucht sich in der Retrospektive nicht hinter Geschmacksentgleisungen wie Schulterpolstern, den (leider!) in der Renaissance befindlichen VoKuHiLa-Frisuren und dem ersten Ford Ka zu verstecken. Bei mindestens einem Vortrag im Semester hieß fortan die Devise: Wenn PowerPoint es kann, dann muss es auch verwendet werden. Gnade gab es selten. Alle sollten schließlich sehen, dass man das letzte aus dem Microsoft-Tool herausgeholt hat. Ob Hintergründe und Texte in knalligen Farben, die unzähligen Wie-kann-ich-den-Inhalt-am-ungewöhnlichsten-auf-die-aktuelle-Folie-fliegen-lassen-Effekte (gern auch mit Ton) oder blinkende und zur Sicherheit noch fett, kursiv sowie mit doppeltem Unterstrich auch für den Brennglasträger in der letzten Reihe ausreichend hervorgehobene Überschriften – neben der gebotenen Vielfalt konnten die eigentlichen Inhalte fast schon vernachlässigt werden und wurden es dann mitunter auch.

 Die APPP kann auch den Schaden beziffern, der durch den Einsatz der Präsentationssoftware aus der Microsoft-Office-Suite entsteht:

Durch den Einsatz von PowerPoint* bei Präsentationen, bei der statistisch gesehen eine grosse Mehrheit im Anschluss die verbrachte Anwesenheitszeit als sinnlos erachtet, wird der Schweizer Volkswirtschaft ein geschätzter jährlicher Schaden von 2,1 Milliarden Franken zugeführt.

Die Schweizer Partei hat auch die Lösung für das drängendste Problem des digitalen Zeitalters: Die Reokkupation der Vorträgssäle durch den Flipchart:

PowerPoint* wird fast niemals einen echten Menschen schlagen, der am Flipchart etwas kreiert. Denn die Wirkung der Darstellung wird nicht durch das Ergebnis erzeugt, sondern durch den AKT DES ERSCHAFFENS des Ergebnisses. Darin liegt die Wirkung und nicht im Ergebnis selber. Deshalb funktioniert PowerPoint* vom Prinzip nicht. Es ist eben nicht wahr, dass man PowerPoint* nur “richtig” einsetzen müsste, (Mit Anweisungen wie “Weniger Text”, “nicht überladen”, “nur 5 Zeilen maximal” u.s.w.) sondern in der Gegenüberstellung mit dem Flipchart erweist es sich in 95 von 100 Fällen, dass der Flipchart um Längen mehr Wirkung erzeugt, wie die Präsentation mit PPt. Das ist keine Behauptung, sondern das kann man beweisen!

Der Partei ist eine grenzüberschreitende Kampagne sowie europaweiter Erfolg zu wünschen. Powerpoint-Gegner aller Länder, vereinigt Euch!

Toter Bin Laden: USA wollen Witwen schütteln


12 Mai

Nach dem Tod kommen die Tränen – jetzt will die Supermacht mit der Lizenz zum Töten an die Frauen ran, wie die Süddeutsche Zeitung heute meldet:

Pakistan will den USA offenbar erlauben, die drei Witwen des getöteten Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden zu verhören. Das berichten die amerikanischen TV-Sender CBS und CNN unter Berufung auf US-Beamte. Terrorfahnder dürften die Frauen persönlich vernehmen, hieß es. "Die USA erwarten, dass bald eine Erlaubnis erteilt wird", sagte ein US-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP.

Natürlich, mit ein bisschen Waterboarding, vorgetäuschten Vergewaltigungen, zähnefletschenden Hunden, nacktem Strammstehen und Schlafentzug wird aus den Damen schon noch das ein oder andere herauszuholen sein. Hier kann sich ja der Große Bruder von seinem kleinen Gespielen, der Bildzeitung, methodisch noch ein paar Anregungen einholen, denn in der Kunst des “Witwenschüttelns” hat der es bekanntlich weit gebracht.

Streit mit Pakistan – USA dürfen Bin Ladens Witwen verhören – Politik – sueddeutsche.de

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter