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Sky: Wasser für die Elefanten


01 Mrz

Screenshot: Sky

Regelmäßige Zuschauer des Fernsehbezahlsenders Sky haben sich in letzter Zeit gefragt, warum in den Fußballtalkrunden mit Größen wie Franz Beckenbauer oder Ralf Rangnick neuerdings auffällig knapp bekleidete Damen den Herren Wasser reichen. Die Münchner Boulevardzeitung „tz“ hat nachgefragt. Der Nachweis hartnäckiger journalistischer Fragetechnik klingt in der Sprache der populären Zeitung so:

Wir haben nachgefragt: Warum gibt’s bei Sky so oft frisches Wasser? Dirk Grosse, der Sprecher des Senders, hält sich bedeckt. Seine kurze, aber süffisante Antwort: „Ich vermute Durst.“

Mit diesen dürren Zeilen endet übrigens der tz-Artikel. Was hier journalistisch vorgeführt wird, ist vielleicht die Kunst der Frage, aber mit Sicherheit nicht die Kunst der Nachfrage. Nach-gefragt hat dafür die Wochenzeitung „Freitag“ und dabei herausgefunden, dass es sich um „notdürftig als Wassernachfülloperation getarnte Auftritte junger Damen“ handle, die der Sender als „Hostessen“ bezeichne. Und nachgeschlagen hat der „Freitag“ auch, nämlich im Lexikon:

„Eine Hostess ist eine zur Betreuung von Gästen bei Reise- oder Fluggesellschaften bzw. Großveranstaltungen angestellte Frau, von der adäquate Umgangsformen und in der Regel Fremdsprachenkenntnisse verlangt werden. Gerade bei Automessen sind die Hostessen häufig nur knapp bekleidet, um die Aufmerksamkeit der Besucher auf die jeweiligen Stände zu lenken.“

Die Berliner Wochenzeitung zieht daraus den Schluss, es drehe sich hier eher um „anachronistische Berlusconi-Momente“ im deutschen Fernsehen, und folgert:

Man muss auch keinen Graduiertenkurs in Gender Studies besucht haben oder sonstwie überdurchschnittlich sensibilisiert sein, um zu erkennen, wie die Regie hier mit gaffend-nachschwenkenden Kamerabewegungen jeden Zuschauer in einen Automessebesucher zu verwandeln versucht.

Schweinsteiger grätscht gegen Sky-Reporter


11 Apr

Quelle: WikimediaSportler-Interviews gehen ja gerne mal schief. Zum Beispiel am vergangenen Samstag. Da erlaubte sich der Spielfeldreporter des Bezahlsenders Sky, Tim Niederholte, Bayern-Spieler Sebastian „Basti“ Schweinsteiger zum Gespräch zu bitten. Und der Fernsehreporter war mit der Leistung der Bayern im Spiel gegen den FC Augsburg nicht recht zufrieden.Die Münchner Abendzeitung gibt dieses denkwürdige Interview so wieder:

Da kam ihm Bastian Schweinsteiger, am Samstag erstmals nach langer Zeit wieder in der Startformation des Rekordmeisters, gerade recht.  Eine Kampfansage an die Dortmunder im Meisterschafts-Duell sehe ja wohl anders aus, monierte Niedernolte. Schweinsteiger reagierte zunächst leicht genervt („Wie bitte?“ – „Was meinen Sie?“) und verwies darauf, dass auch Augsburg eine starke Mannschaft sei – Niedernolte aber insistierte hartnäckig, erneute seine Enttäuschung über die fehlende Kampfansage und erläuterte dem kopfschüttelnden Schweinsteiger („Meinen Sie das ernst?“) sein Interview-Selbstverständnis: „Ich versuch ja manchmal so ein bisschen was rauszukitzeln.“

Auf der Sender-eigenen Homepage wird der Journalist Niederholte mit den Worten beschrieben: „Offen, schlagfertig, unverbraucht! Und dabei so herrlich natürlich! Tim Niedernolte moderiert einfach anders.“ Also ließ er es sich nicht nehmen, seine Meinung zum Bayern-Spiel dem Spielmacher nochmals kundzutun. Schweinsteiger war das zuviel:

Er drehte sich ab, suchte Kontakt zu Bayerns Pressechef Markus Hörwick und sprach in die Kamera: „Markus, will der mich verarschen?!““ Dann ließ er den Reporter stehen und verschwand in der Kabine. Niedernolte blieb nur die Feststellung: „Da geht er weg.“

Interessant ist noch, nachzutragen, was der Sky-Reporter sonst so macht. Im Kinderkanal moderiert Niederholte nämlich noch die Kindernachrichtensendung „Logo“. Und das ist noch nicht alles: Für Bibel-TV moderiert er „Jesus House“. Wen wundert es da noch, dass er gerne Fußballprofis ins Gebet nimmt?

Sterbende Medien: „News of the world“ sind von gestern


08 Jul

Große Buchstaben: News of the world

Das Murdoch-Blatt „News of the world“ wird künftig keine Neuigkeiten mehr verbreiten. Der sonntägliche Ableger des Boulevard-Blatts „Sun“ wird an diesem Wochenende seine letzte reguläre Ausgabe vertreiben. Gestolpert ist das die Zeitung nach 170 Jahren über einen Abhörskandal, dessen Ausmaße vermutlich noch nicht en detaille bekannt sind, der aber so viel schon verrät: Es muss, jedenfalls in Großbritannien, einen journalistisch-militärischen Komplex geben, bei dem auch der geheime Zugang zu Informationen wie zum Beispiel Handyverbindungen für riesige Medienkonzerne á la Murdoch kein Geheimnis bleiben. Wie die Financial Times Deutschland unter der Überschrift „Schock of the world“ mutmaßt, ist der Abhörskandal aber nur Auslöser und nicht der wahre Grund für die Einstellung des Blattes:

Am geringsten wog dabei der Verlust an Lesern und an Anzeigenkunden. Sie hatten es noch hingenommen, dass die Zeitung Mitglieder der Königsfamilie abgehört hatte. Doch dass nun auch das Handy einer entführten und später tot aufgefundenen Teenagerin ausspioniert wurde, ihre Angehörigen belogen und Beweise vernichtet wurden, war zu viel. Aber einen Einbruch des Umsatzes hätte der globale Medienkonzern verkraftet.
Gravierender ist wohl für Firmenpatriarch Rupert Murdoch gewesen, dass sein Big Deal, nämlich der Erwerb der Mehrheit am Pay-TV-Verbund BSkyB, politisch in Frage gestellt worden wäre, wenn er auf die enorme öffentliche Reaktion nicht mit drastischen Maßnahmen geantwortet hätte. Die FTD sieht übrigens noch einen Phasenunterschied zwischen britischer und deutscher Boulevardpresse und legt darum nahe, dass ein ähnlicher JOurnalismus-GAU in Deutschland nicht möglich wäre:
Der drastische Schritt geht aber auch weit über Murdochs Imperium hinaus. Er ist ein Eingeständnis, dass die kriminellen Recherchemethoden nicht länger als Fehltaten Einzelner abgetan werden können. Britische Boulevardjournalisten biegen – weit mehr noch als deutsche – die Wahrheit, plagiieren Mitbewerber und brechen Gesetze, um eine verkaufsträchtige Geschichte zu erhalten. Statt jedoch solches Fehlverhalten zu verurteilen, haben ihre Chefs die Reporter auch noch öffentlich verteidigt und sie so bestärkt – und sei es mit dem Argument, die Konkurrenz täte es doch auch.
Das allerdings wäre noch zu beweisen. Und gäbe es einen solchen militärisch-journalistischen Komplex in Deutschland, könnte es auch sein, dass deutsche Medienkonzerne einfach geschickter die Öffentlichkeit hintergehen.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter