Archive for Februar, 2011

Heldenhaft: Bei "Bild" hackt’s


25 Feb

  Die „Bild“-Zeitung, sich für keine Schande zu schade, wirbt seit geraumer Zeit mit sog. „Testimonials“ für ihr Unterleib- und Magen-heldenProdukt. Mehr und weniger Prominente wie Fernsehmoderator Johannes B. Kerner oder die neue „Bild“-Frauenbeauftragte Alice Schwarzer dürfen großformatig auf Plakatwänden auch scheinbar „Kritisches“ über das Springer-Blatt verlauten lassen. Nun hebt die Hamburger Werbeagentur  Jung von Matt zu einer neuen Produktionsphase im Frühjahr 2011 an und will dafür auch die Deutschrock-Band „Wir sind Helden“ gewinnen. Sängerin Judith Holofernes findet es aber gar nicht lustig und schickt folgende Antwort:

Ich glaub, es hackt.

Die lau­fen­de Pla­kat -​Ak­ti­on der Bild -​Zei­tung mit so­ge­nann­ten Testi­mo­ni­als, also ir­gend­wel­chem kom­men­tie­ren­dem Ge­seie­re (Auch kri­ti­schem! Hört, hört!) von so­ge­nann­ten Pro­mi­nen­ten (auch Kri­ti­schen! Oho!) ist das Per­fi­des­te, was mir seit lan­ger Zeit un­ter­ge­kom­men ist. Will hei­ßen: nach Euren Maß­stä­ben si­cher eine ge­lun­ge­ne Ak­ti­on.

Holofernes hat auch eine Begründung, in der sie in lange nicht mehr vernommener gesellschaftskritischer Offenheit sagt, wie die „Bild“-Zeitung einzuordnen ist:

Trash-​Kul­tur­gut und kein harm­lo­ses “Guilty Plea­su­re” für wohl­fri­sier­te Auf­stre­ber, keine wit­zi­ge so­zia­le Re­fe­renz und kein Li­fes­tyle-​Zi­tat. Und schon gar nicht ist die Bild -​Zei­tung das, als was ihr sie ver­kau­fen wollt: Hass­ge­lieb­tes, aber wei­test­ge­hend harm­lo­ses In­ven­tar eines ei­gent­lich viel schlaue­ren Deutsch­lands.

Die Bild­zei­tung ist ein ge­fähr­li­ches po­li­ti­sches In­stru­ment – nicht nur ein stark ver­grö­ßern­des Fern­rohr in den Ab­grund, son­dern ein bös­ar­ti­ges Wesen, das Deutsch­land nicht be­schreibt, son­dern macht. Mit einer Agen­da.

In der Ge­fahr, dass ich mich wie­der­ho­le: ich glaub es hackt.

Mal sehen, wer sich künftig als „Bild-Testimonial“ hergibt!

Wir Sind Helden wollen nicht für „Bild“ werben « BILDblog

"Facebook" statt Nofretete: Die Spinnen, die Ägypter


24 Feb

Nofretete_Neues_Museum  Das soziale Netzwerk soll ja beim Umsturz in Ägypten eine wichtige Rolle gespielt haben. Aus Dankbarkeit dafür hat nun ein ägyptischer Vater seiner neugeborenen Tochter den Vornamen „Facebook“ gegeben:

Ihr voller Name lautet Facebook Jamal Ibrahim. Der stolze Vater meinte gegenüber der ägyptischen Tageszeitung „Al Ahram“, dass er und seine Frau, und natürlich das Baby mit dem ungewöhnlichen Namen unzählige Geschenke bekämen. Freunde und Nachbarn versammelten sich um die Kleine, um ihre Unterstützung auszudrücken und der Revolution, die, wie sie sagen, auf dem Internetportal Facebook begann, zu gedenken.

Die spinnen, die Ägypter …

Tageblatt Online – Ein Mädchen namens Facebook – Welt

ZDF kann lustig sein


24 Feb

Unter dem Titel „Mashup“ zeigt das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) Ausschnitte aus seinem Programmvermögen, versehen mit neuen Texten, die den wahren Sinn hinter der Illusionsmaschine Fernsehen aufdecken. Aber sehen Sie selbst:

Schlagerwelle WDR 4 wird "modernisiert"


22 Feb

Aufbruch in die Moderne im WDR! Der altmodischste der Programmteile des Senders soll auf Vordermann gebracht werden:

Der WDR bestätigte am Montag Pressemeldungen, wonach bei der einstigen reinen Schlagerwelle Umstrukturierungen geplant sind. Das neue Programm soll am 21. März auf Sendung gehen.

Und das mit einer bemerkenswerten Begründung:

Die Hörerforschung habe herausgefunden, dass die Zielgruppe von WDR 4 keinen Ruhestand im klassischen Sinn verbringt. Vielmehr lebe sie in der Regel aktiv. Sie reist, sie besucht öffentliche Veranstaltungen, sie verbringt Zeit mit Enkeln.

Das Ergebnis:

Deshalb hat sich der WDR entschlossen bei WDR 4 den Wortanteil auszubauen. Neben Service soll es künftig mehr regionale Themen geben.

Insider des WDR wissen diese angeblichen „Modernisierungen“ allerdings einzuordnen. Und dann liest sich das Vorhaben der Senderhierarchen schon anders:

… zu den Wortbeiträgen ist zu sagen, dass dort keine Hintergrundberichterstattung, keine „schweren Sozialthemen“ und auch sonst keine kritischen Themen erwünscht sind. Das Publikum soll ausschließlich mit seichten, sehr einfach aufbereiteten und vor allem spaßigen Wortbeiträgen erfreut werden… Aber bitte nix Journalistisches…

Auch, was der öffentlich-rechtliche Sender unter „Regionalisierung“ versteht, ordnen wohl informierte Kreise ganz anders ein:

Die Regionalisierung bezeiht sich nach meinen Informationen ausschließlich aufs Wetter, dass ist ja wie wir neuerdings wissen, ohnehin das einzige, was unsere Hörer interessiert!

Wird also WDR4 wirklich modernisiert? Oder wird der Schlagersender nicht eher „entkernt“? Man wird sehen … äh .. hören.

Schlagerwelle WDR 4 wird modernisiert – DIGITALFERNSEHEN.de

2 Siege = 1 Serie?


16 Feb

Wie ist das nun, wenn ein Fußballclub wie der sehr geschätzte 1. FC Köln zwei mal hintereinander seinen Gegner bezwingen kann? Herrscht hier wirklich schon das Gesetz der Serie?

„… Mit dem zweiten Sieg in Folge …“ (Kölner Stadtanzeiger)

„… gewann erstmals in dieser Saison zwei Spiele in Serie …“ (Welt online)

“ … erstmals in dieser Saison zwei Spiele in Serie … “ (taz)

Nun sagt man ja in Köln, zweimal sei Brauchtum, dreimal sei Tradition. Aber ist das Siegen wirklich schon Brauch, weil es zweimal hintereinander geschah? Dürfen wir von einer Serie reden, wo es um eine einmalige Wiederholung geht? Und was bedeutet das für die Zukunft? Ist der FC Köln jetzt zum Siegen verdammt, weil eine Serie nunmal eine Serie ist? Oder beherrschen die Journalisten ihr Handwerkszeug, die Sprache, einfach schlechter als Lukas Podolski & Co. das ihre, nämlich den Fussball? Tja, so kann es natürlich auch sein.

1. FC Köln fegt Mainz 05 vom Platz – Kölner Stadt-Anzeiger

Endlich Alternative zu Journalismus gefunden: Blindtext statt Inhalt


11 Feb

Medienjournalisten lesen ja den merkwürdigsten Kram. Der Blogger Stefan Niggemeier beispielsweise liest auch Blätter wie die „Neue Woche“ oder eine Gazette mit dem verwirrenden Namen „Woche heute“.  Dort nämlich wurde kürzlich Sensationelles über einen bekannten Volksmusikstar und eine seiner Gespielinnen verkündet:

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Wer allerdings Näheres wissen wollte und weiterlas, fand Verwirrendes vor:

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Dass die Boulevardpresse an einer gewissen Inhaltsarmut leidet, dürfte sich herumgesprochen haben. Aber dass eine Redaktion den Mut hat, dazu zu stehen und gleich nur noch Blindtext zu verkaufen, das ist neu und dem gebührt unser Respekt.

P.S.: In der folgenden Ausgabe soll der eigentliche Text nachgereicht worden sein. Er soll sich inhaltlich aber nur unwesentlich vom Blindtext unterschieden haben.

Stefan Niggemeier

WDR Print-Plagiat wird vom Grimme-Institut lobend erwähnt


09 Feb

Im Rahmen der Preisverleihung des Bert-Donnepp-Preises für Medienpublizistik erhielten auch die Macher der Fake-Ausgabe von WDR print eine lobende Erwähnung. Die Ehrung erfolgte für das Plagiat der WDR-Hauspostille WDR print, die eine Gruppe von 50 festen und freien Mitarbeitern des Westdeutschen Rundfunks im vergangenen Herbst in hoher Auflage herausgegeben hatte. Unter dem Aufmacher „Auferstanden von den Quoten“ wurden daran medienkritisch die Zustände des öffentlich-rechtlichen Programms durchleuchtet.

Der Bert-Donnepp-Preis wird vom Verein der Freunde des Adolf Grimme-Preises gestiftet und jährlich beim sog. Bergfest des Grimme-Preises verliehen. Mit ihrem „hintersinnigen Fake“, so die Begründung der Jury, hätten die Autoren einen „einfallsreichen und seriösen medienpolitischen Diskussionsbeitrag“  geleistet, der den Blick freimache auf eine mögliche Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit eine Denkübung leiste, „die in allen Sendern des öffentlich-rechtlichen Systems ernst genommen werden sollte“.

Grimme-Institut | Bert-Donnepp-Preisträger 2011: Weltvermittler und Welterklärer

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter