Archive for August, 2012

„Warum Sie sich an den neuen Medien nicht beteiligen sollten“


30 Aug

„Warum Sie sich an den neuen Medien nicht beteiligen sollten“ – Fundstück aus dem Wiener Stadt- und Landesarchiv, erschienen in der „Info der Alternativen Liste Wien“ 3/1984.

Freizeitmonitor: Deutsche wünschen sich weniger Medien


30 Aug

Die Stiftung für Zukunftsfragen, eine von British American Tobacco finanzierte Initiative, hat in dieser Woche ihren „Reizeitmonitor 2012“ vorgestellt. Dazu wurden 4000 Personen in face-to-face-Interviews nach ihren Freizeitvorlieben befragt. Das Ergebnis: Die mit Abstand beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen haben samt und sonders mit Medienkonsum zu tun. Fernsehen wird dabei, allen Unkenrufen zum Trotz, von 98 Prozent der Befragten genannt. Darauf folgen Radiohören, Telefonieren und Zeitunglesen.

Freizeitmonitor 2012

Die Forscher fragten aber auch danach, was die Befragten gerne häufiger tun würden. Interessant: Bei dieser Frage liegt Medienkonsum (mit Ausnahme von „ein Buch lesen“) weit hinten im Ranking. An erster Stelle steht hier „spontan tun, wozu ich Lust habe“, gefolgt von „Ausschlafen“ und „Sex/Erotik“.

Stiftung für Zukunftsfragen
Der Westen: Deutsche wünschen sich mehr Geselligkeit

Duden über Nippel


17 Aug

Auf der Duden-Website gibt es einen „Artikel des Tages“, und der dreht sich heute um „Nippel“. Schon eigenartig, was der Duden sich unter „Nippel“ vorstellt:

Nippel
Substantiv, maskulin – 1. kurzes Stück Rohr mit Gewinde …2. kurzes, ab- oder vorstehendes [Anschluss]stück; 3. Schmiernippel

Was ist dann wohl, laut Duden, das „Nippelgate“ gewesen? Erst wenn man weiterklickt und den vollständigen Artikel zu lesen bekommt, also irgendwie im Kleingedruckten, erscheint als letzte Bedeutung „weibliche Brustwarze“. Und das, obwohl der Duden unter Herkunft sogar angibt: „wahrscheinlich < englisch nipple, eigentlich = (Brust)warze“. Rätsel der (Online-)Sprachforschung.

Ministerpräsidenten-Prosa


14 Aug

McAllister bei Landesparteitag, Quelle: Wikimedia

Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister hat sich interviewen lassen. Von der eigenen CDU-Pressestelle. Und dieses Interview zur Veröffentlichung angeboten. Da war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch jemand zugriff. Nun hat das Anzeigenblatt CelleHeute das Interview tatsächlich nachgedruckt. Die Berliner tageszeitung dazu:

In der Rubrik „Für Sie über uns“ gibt die Seite Celleheute als „Credo“ den Ausspruch des ehemaligen Tagesthemen-Moderators Hajo Friedrichs an: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“ Dummerweise handelt es sich bei dem Interview um einen Wahlkampfauftritt der CDU: Kritische Fragen, etwa zur Affäre um McAllisters politischen Ziehvater Wulff, fehlen darin, ebenso der Name des Interviewenden. Verschickt hat das Stück die Pressestelle der Landes-CDU – an die „Anzeigen-Zeitungen in Niedersachsen“, um erklärterweise deren „redaktionelle Arbeit zu unterstützen“.

Wohl nur durch ein Versehen ist das Interview auch an reguläre Tageszeitungen verschickt worden. Auf diese Weise gelangte es auch an die „taz.nord“, die den Umstand nun öffentlich machte. Stern.de spricht sogar schon von einem „Presse-Gate“. Naja. Von der Website von CelleHeute ist das Interview mittlerweile wieder verschwunden. Dafür ist dort ein larmoyanter Kommentar zu lesen, der zeigt, dass die Redaktion wenig journalistisches Unrechtsbewusstsein zu zeigen bereit ist:

Dabei kann es sich aus unserer Sicht nur um Urlaubs- bzw. Sommerlochvertretungen handeln, denn solche und ähnliche Textvorlagen, auch von der “feixenden Opposition”, sind gang und gäbe. Politiker aller Parteien schreiben sogar über sich in dritter Person, und das täglich und mehrfach.

Immerhin wolle man prüfen, ob es sich bei dem Interview nun um ein „echtes“ Interview gehandelt habe und gegebenfalls reagieren:

Sollte sich herausstellen, dass das Interview keins war, sondern tatsächlich wie im “Spiegel” angegeben ein Alleingang des Pressebeauftragten, dann müssen und werden wir unsere Beziehung zur CDU-Pressestelle neu und sorgfältig prüfen.

Vielleicht hätte man das ja vor der Veröffentlichung prüfen sollen …

Nobelpreisträger protestieren gegen TV-Kriegsshow


14 Aug

Martialisches TV: „Stars Earn Stripes“ (NBC)

Stars und solche, die dafür gehalten werden, müssen im internationalen Fernsehgeschäft in Dschungeln campieren, das Tanzbein schwingen oder für Gäste kochen. Der US-amerikanische Fernsehsender NBC hat sich jetzt noch Perfideres überlegt: Er lässt illustre Persönlichkeiten wie die Tochter von Muhammad Ali, Laila Ali, Schauspieler Dean Cain oder den Footballstar Terry Crews gegeneinander Krieg spielen. „Stars earn Stripes“ (dt.: Stars verdienen sich ihre Streifen, sprich: Schulterabzeichen) heißt das Familienvergnügen, das zur allerbesten Sendezeit montags um 21 Uhr auf Sendung geht.

Mein Artikel dazu auf „Telepolis“:

Medien – „Krieg ist weder amüsant noch unterhaltsam“

Prisma: Wie man auf heißen Eisen Eierkuchen bäckt


10 Aug

Die Zeitschrift „Prisma“ ist ein TV-Supplement, das regionalen Tageszeitungen vornehmlich in Westdeutschland beiliegt. Damit der hautpsächliche Zweck der Anzeigenacquisition nicht allzu vordergründig rüberkommt, muss das Blatt den Anschein von Journalismus erwecken. in der aktuellen Ausgabe dieser Journalismus-Simulation geschieht dies beispielsweise durch eine Buchlobhudelei zu Dietrich Grönemeyers neuestem Gesundheits-Fanzine „Wir Besser-Esser“. Darin ist der bedenkenswerte Satz zu lesen:

Dietrich Grönemeyer macht nicht in Friede, Freude, Eierkuchen, im Gegenteil, kein heißes Eisen bleibt unangepackt.

Warum, bitte, sind denn „heiße Eisen“ das Gegenteil von Eierkuchen? Und warum sollte man heiße Eisen anpacken? Davon würde doch wohl gerade der Mediziner dringend abraten. Man kann nur raten, von bildlicher Sprache die Finger zu lassen, sonst verbrennt man sich die Füße. Und Eierkuchen gehörten unbedingt aufs heiße Eisen, dann werden sie schön rösch …

Rechenschwäche: Kölner Express vergleicht Äpfel- mit Birnbäumen


09 Aug

Man soll ja nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Aber der Kölner Express tut es doch, oder jedenfalls Apfel- mit Birnbäumen:

„Fast 90 Prozent der knapp fünf Millionen Obstbäume für den kommerziellen Anbau in NRW sind Apfelbäume“.

Begleitet wird diese statistische Angabe von folgender Tabelle:

Quelle: Express vom 09.08.2012

Zusammengerechnet ergibt sich eine Gesamtfläche von 2225 Hektar Obstbäumen. Würden Apfelbäume flächenmäßig wirklich, wie der Express ja behauptet, 90 Prozent davon einnehmen, wären das aber 2002 Hektar. Davon sind die nordrheinwestfälischen Apfelbäume aber offenbar weit entfernt. Man könnte noch überlegen, ob in der Meldung die „Zahl“ der Bäume und nicht die Fläche gemeint sind — und es könnte ja sein, dass auf einen Hektar Gartenland mehr Apfelbäume passen als andere Obstbäume. Glaubt man allerdings den gartenbaulichen Angaben auf dieser Seite, ist das gerade nicht der Fall: Demnach benötigen Apfelbäume sogar besonders viel Platz im Garten (12 x 12 m pro Baum) im Vergleich zu Kirsche (4 x 4 m), Pflaume (6 x 6) oder auch der Birne (8 x 8). Wie man den Apfel dreht und wendet, der Express hat hier wohl in den sauren Apfel gebissen und großen Unsinn verzapft.

Wenn eine, Journalisten ohnehin nachgesagte, Rechenschwäche auf übertriebenes Selbstbewusstsein trifft, wie es beim Kölner Express der Fall ist, rückt man eine solche Meldung nebst Tabelle auch noch auf die Titelseite.

Chauvinismus nach Maßgabe deutscher Sportjournalisten


08 Aug

Dass der Sport einer der letzten Bereiche ist, in denen nationale Gefühle überhaupt noch eine nennenswerte Rolle spielen, ist ausgemacht. Aber selbst in diesem sportlich-nationalen Überschwang schafft es der deutsche Sportjournalismus und namentlich die für die Fernsehberichterstattung zuständige ARD, ihre eigenen Ansprüche an Objektivität nationalistisch zu untergraben und sich den Vorwurf chauvinistischer Einseitigkeit einzuheimsen. In der gestrigen 20:00 Uhr-Ausgabe der Tagesschau schaffte es Sprecherin Judith Rakers,  in ihrem kompletten Text ausschließlich deutsche Sportler zu erwähnen, ohne auch nur einen anderen Olympioniken zu nennen — selbst wenn es sich um die eigentlichen Goldmedaillen-Gewinner handelte. Und auf der ARD-Olympia-Website ist kein einziges Miniaturbild, dass nicht einen Sportler mit dem Bundesadler auf dem Trikot zeigt.

Der deutsche Gewichtheber, der unter der eigenen Hantel zusammenbricht, könnte dabei Symbol für die traurige Figur sein, die die deutsche Fernsehberichterstattung bei Olympia 2012 macht. Ein kritischer Beitrag der Tageszeitung Die Welt moniert, dass ARD und ZDF regelmäßig wichtige sportliche Entscheidungen verschlafen oder Berichte als live etikettieren und kommentieren, deren Entscheidungen in Wahrheit längst gefallen sind.

Dass es Lesern und Fernsehzuschauern in anderen Ländern auch nicht besser geht, beleuchtet ein Artikel der Frankfurter Rundschau. Da wird beispielsweise über die Olympia-Berichterstattung in den USA bemerkt:

Wie in den besten Zeiten des Kalten Krieges hat man als Zuschauer den Eindruck, dass in London nicht nur Athleten, sondern Systeme gegeneinander antreten.

Aber dass es woanders nicht besser ist, muss ja nicht heißen, dass es hierzulande noch schlimmer sein muss.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter