Archive for August, 2013

Fernsehen ist nur noch Grundrauschen


29 Aug
Bild: O. Meier-Sander/pixelio

Bild: O. Meier-Sander/pixelio

Der „second Screen“ verdrängt den „first Screen“: Laptops, Smartphones oder Tabletcomputer, die parallel zum laufenden Fernsehprogramm genutzt werden („second Screen“) verdrängen zusehends den „first Screen“, also den Fernseher selbst. Zu diesem Ergebnis ist eine Studie der Unternehmensberatung Fittkau & Maaß gekommen. „Mittlerweile hat die deutliche Mehrheit der deutschen Internet-Nutzer – 56 % – beim Fernsehen einen zweiten Bildschirm vor Augen“, stellen die Unternehmensberater fest.

Dabei sei die Aufmerksamkeit für die parallel zum Fernseher genutzten Geräte um 25% höher, wird in der Studie weiter behauptet. Unternehmensberater Sebastian Schömann wird im Branchendienst Meedia so zitiert: „Der Fernseher liefert oft nur noch das Grundrauschen im Hintergrund, aber die Aufmerksamkeit gilt dem Smartphone oder Tablet.“

Radiohörer, die unbekannten Wesen


28 Aug
Foto: Dieter Schütz/Pixelio

Foto: Dieter Schütz/Pixelio

Zweimal jährlich ermittelt die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (AG MA) die Radio-Hörerzahlen. Die Zufriedenheit mit diesen Zahlen quer durch die verschiedenen konkurrierenden Radioredaktionen indes macht stutzig. Sehr schön hat das die FAZ in einem online verfügbaren Beitrag zusammengefasst:

Beispiel Bayern: Der öffentlich-rechtliche Bayerische Rundfunk reklamierte, er sei der „große Gewinner“, während sich der Privatanbieter Antenne Bayern freute, die „1-Mio.-Hörer-Marke“ geknackt zu haben als „meistgehörter Radiosender Deutschlands“. Beispiel Niedersachsen: NDR 1 (öffentlich-rechtlich) beteuerte, „seit 20 Jahren unangefochtener Marktführer“ zu sein, während FFN (privat) mit „einer durchschnittlichen Stundenreichweite von 469 000 Hörern“ seine „Spitzenreiterposition“ zu verteidigen vorgab. Beispiel Berlin: 104.6 RTL (privat) jubilierte, die „klare Nummer eins“ in der Hauptstadt abzugeben und „Hörer-Millionär“ zu sein, während Antenne Brandenburg (öffentlich-rechtlich) sich rühmte, das „erfolgreichste Radioprogramm in der Region“ darzustellen mit „217 000 Hörerinnen und Hörern in der Durchschnittsstunde“.

Problem der Radio-Hörer-Messungen ist die Methode: Während beispielsweise die Fernseheinschaltquoten mit elektronischen Messgeräten in Testhaushalten ermittelt werden, sind es bei der Radio-Media-Analyse simple Befragungen mittels Telefoninterviews. Dabei werden die Interviewpartner gefragt, welche Programme sie am Vortag mindestens eine Viertelstunde gehört haben. Schon die trügerische Erinnerung birgt statistische Fehler. So gibt die MA sensationelle durchschnittliche Hördauern an:

Montags bis freitags schalten knapp achtzig Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung in der Bundesrepublik das Radio ein, absolut rund 58 Millionen Menschen. Im Schnitt hört jeder täglich 198 Minuten Radio. So jedenfalls das Ergebnis der aktuellen Messung.

Horst Müller, Professor für Redaktionspraxis an der Hochschule Mittweida, stellt diese Zahlen in der FAZ in Frage. Seiner Meinung nach müssten die Zahlen viel geringer sein, womöglich um ein Drittel. Unterstützung erhält er durch Media-Analysen aus der Schweiz. Dort wird die Radionutzung elektronisch, mit dem sog. Radiometer, gemessen. Der durchschnittliche Deutsch-Schweizer hört demnach 123,7 Minuten täglich Radio. Das Mediennutzungsverhalten von Bundesbürgern und Deutsch-Schweizern wird nicht so unterschiedlich sein, dass eine so erhebliche Abweichung erklären würde.

Dennoch zeigen selbst die korrigierten MA-Zahlen, dass das Radio das am meisten unterschätzte Medium in Deutschland ist. In den Diskussionen um die Zukunft des Journalismus oder die Medienkrise ist von der deutschen Radiolandschaft selten die Rede. Bei Journalistenkongressen oder andren Branchentreffen sind selten Hörfunkvertreter anzutreffen oder gar als Redner zu bewundern. Dabei erfreut es sich offenbar beim Mediennutzer nach wie vor größter Beliebtheit.

Wahlwerbung: F.D.P. und NPD sind derselbe Quark


27 Aug

FDP_NPD_QuarkIn Wahlkampfzeiten werden aus Medienpolitikern Medienproduzenten. Aufpassen sollten die parteilichen Wahlkämpfer aber, wenn sie sich allzu leichtfertig aus Stockmaterial bedienen. Eine Sequenz aus einer finnischen Quark-Werbung ist identisch auch in den Wahlkampfspots der F.D.P. und der NDP zu sehen. Was sagt das wohl über die in diesen Spots ausgedrückte Programmatik der betreffenden politischen Parteien aus? Vermutlich nicht viel. Außer vielleicht, dass es um Programmatik in  solchen Spots nicht geht. Das ist noch keine sehr originelle Einsicht. Aber die Beliebigkeit der Bilder und die Beliebigkeit der Inhalte in diesen Spots wird doch durch diesen Streich recht augenfällig. Was damit sehr wohl ausgedrückt wird, ist: Diese Parteien haben keine eigene Vision, sprich: kein eigenes Bild ihrer Politik zur Verfügung. Wähler, die nach dem Urnengang mehr als nur Quark erwarten, werden sich dann sehr wundern.

Man muss sich die Spots übrigens nicht bis zu den genannten Frames angucken. Das hat freundlicherweise Markus Beckedahl von netzpolitik.org schon übernommen und für die Authentizität gebürgt.

Nachtrag 17.17 Uhr: Erstausstrahlung des FDP-Spots ist morgen, Mittwoch, um 17:55 Uhr im ZDF. Der FDP ist das Malheur mittlerweile sehr peinlich. Bis zur Erstausstrahlung morgen schaffe man es aber nicht mehr, die Videobilder auszutauschen.

Berufsprestige von Journalisten


27 Aug

allensbach_berufsprestige_2013bDas Allensbach-Institut für Demoskopie hat auch im Jahr 2013 seine alle zwei Jahre erscheinende Berufsprestigeskala veröffentlicht. Das Institut erfragt dabei das Ansehen bestimmter Berufsgruppen in der Bevölkerung. Journalisten schneiden dabei regelmäßig nicht sehr gut ab. Auch 2013 belegen sie, wie Berufsprestige von Journalistenschon die der vorangegangenen Befragung, den 12. Platz. Dabei hat sich ihr Prozentwert aber neuerlich verschlechtert, nämlich von 17 auf 12% Zustimmung. Noch schlechter stehen Fernsehmoderatoren: Mit 3% belegen sie den vorletzten Platz. Das ist allerdings im Vorgleich zur Vorbefragung eine kleine Verbesserung. Im Jahr 2011 belegten die Moderatoren noch den letzten Platz: In diesem Jahr wird der aber von den Bankern gehalten.

Das Design der Umfrage kann allerdings als durchaus insinuativ betrachtet werden: den 1.560 Befragten wird nämlich eine Liste von 20 Berufen präsentiert, aus denen sie fünf auswählen sollen, die besonders hoch in ihrer Gunst stehen. Es gibt in Deutschland aber 345 verschiedene Ausbildungsberufe. Selbst ein 20. Platz auf der Berufsprestigeskala könnte also für einen hochangesehenen Beruf stehen im Vergleich zu den über 320 anderen Berufen, die auf der Liste gar nicht auftauchen und womöglich viel schlechter platziert wären.

Doch auch beim Job Rated Report des amerikanischen Diensts Career Cast schneiden Journalisten nicht gut ab. Zeitungsreporter landeten 2013 weit abgeschlagen auf dem letzten Platz der „worst Jobs“, also der „schlimmsten Berufe“. Kleiner werdende Redaktionen und Budgets und die Konkurrenz des Internets hätten zu der Platzierung geführt.

Auch der US-Schauspieler Robert Redford hat Journalisten kritisiert. In einem Interview mit dem Kino-Magazin Cinema bezeichnete Redford die US-Medien als extrem tendenziös: „Die große Gefahr besteht darin, dass sich die Menschen abwenden, weil es ihnen nicht mehr gelingt, die Informationen, die auf sie einstürmen, einzuordnen und zu bewerten“. Robert Redford spielte in den 1970er Jahren an der Seite von Dustin Hoffmann einen der beiden Watergate-Aufklärer der Washington Post in dem Kinofilm „Die Unbestechlichen“. Er hat damit nicht unmaßgeblich zum damaligen hohen Ansehen des Journalistenstandes beigetragen.

 

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter