Archive for September, 2010

ZDF-Programmchef wünscht sich grossen Busen


29 Sep

Was guckt ZDF-Programmchef Thomas Bellut eigentlich Samstag abends im Fernsehen? Er guckt RTL. Und hat dabei wichtige Einsichten, was das eigene ZDF-Programm angeht:

„Wir haben ja alle einen Gendefekt in dieser Branche. Als die amerikanische Frau mit ihren Riesenbusen die Bierdosen zerdatscht hat, da wusste ich sofort: sieben Millionen!“

Der ZDF-Programmchef, so muss man dieser Äußerung wohl entnehmen, wünscht auch für sich selbst bzw. sein Programm ein Busenwunder. Und das vor allem auch am Nachmittag. Denn das Tagesprogramm seines Senders, das Bellut (nota bene!) als Programmchef maßgeblich zu verantworten hat, gefällt dem ZDF-Mann offenbar gar nicht:

„Ich verzweifle jeden Tag an bestimmten Zonen in unserem Programm (…).Das Tagesprogramm ist zurzeit die Hölle. Da müssen wir uns neu sortieren und uns fragen: Was können wir als öffentlich-rechtlicher Sender eigentlich leisten und wo sollten wir uns nicht verzetteln?“

Auch Günter Struve, dem Ex-Programmverantwortlichen der ARD; gefällt das ZDF-Programm wohl nicht sonderlich:

„Unsere Fernsehlandschaft wird auch von Sendern geprägt, die nicht begreifen, was ihre Zuschauer wollen.“

Allerdings täte Herrn Struve auch etwas Selbstkritik gut: Denn einige der schlimmsten Programmauswüchse der ARD der letzten Jahrzehnte gehen auf sein Konto.

Meedia: „Das Tagesprogramm ist zurzeit die Hölle“

Bild wieder mal auf Penis-Niveau


26 Sep

Dass die Bildzeitung ein penibles Blatt sei, lässt sich vor allem mit der Bevorzugung Penis-naher Themen begründen. Und dass nicht erst, seit die alternative (?) tageszeitung (taz) den Penis von Chefredakteur Kai Diekmann zum Thema und damit auch gerichtskundig gemacht hat. Jeder Vorwand, und sei er noch so nichtig oder niedrig, wird genutzt, um Geschlechtsteile jedweder Couleur zum Thema zu machen. Selbst als “Verriss” oder moralinsaure Gardinenpredigt getarnt, schafft es das Blatt, den Penis fröhliche Urständ’ feiern zu lassen. Die Rede ist hier von der heutigen Ausgabe der “Bild am Sonntag” (BamS), deren sonntäglicher Tiefsinn so tief geht, dass er bis in die Unterhosenregion reicht. Man nimmt die samstägliche Ausgabe der RTL-Fernsehsendung “Supertalent” zum Anlass, sich betroffenheitstriefend und schamtrunken über “Penis-Malerei und Busen-Karate” zu echauffieren und fragt so scheinheilig, wie die meisten Heiligen eben einmal sind:

“- wie tief geht’s noch, RTL? (…) Willkommen im tiefen Tal des Trash-Fernsehens!”

Was sich da zum Sittenrichter aufspielt, ist das Trash-Medium par excellence, und gerade die “Bild am Sonntag”, nota bene, jenes Blatt, das seinen Relaunch vor vier Jahren mit dem Slogan “mehr Bums in BamS” garnierte.

Die Bildzeitung als “moralische Instanz”?

Ist die Bildzeitung eine moralische Instanz? Selbstverständlich ist sie das, ebenso wie das pornographische Werk des Marquis de Sade oder der Autor von Mein Kampf moralische Instanzen sind. Sie alle sind in ihrer moralischen Aussage ungeheuerlich, nämlich ungeheuerlich banal. Das meint der französische Soziologe Pierre Bordieu, wenn er vom „Moralingehalt“ schreibt und Journalisten zu „Verkündern einer typisch kleinbürgerlichen Moral“ ernennt. Und der Mainzer Publizistikprofessor Hans Mathias Kepplinger stellt fest: „Die Bildzeitung ist eine der wichtigsten Quellen für moralische Urteile in der Bevölkerung“. Die Moral, die hier vertreten wird, ist die des schlecht informierten hinterwäldlerischen spießbürgerlichen Zeitgenossen, sprich: des ganz gewöhnlichen Deutschen im 21. Jahrhundert. Geschätzte 12 Millionen Menschen lesen täglich in der Bildzeitung. Man kann sie nicht alle exkulpieren und mit dem angeblich guten Sportteil herausreden. Sie haben die Bildzeitung zu dem gemacht, was sie ist, nämlich dem mächtigsten und einflussreichsten Blatt der Republik, das sich unwidersprochen „Meinungsführerschaft“ auf die Brüste schreiben darf. Bundeskanzler des rechten wie des linken Lagers haben ihre Regierungssprecher aus den Reihen der Bild-Redaktion bestellt. Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte, ohne rot zu werden, er benötige zum Regieren nur „Bild, Bams und Glotze“. Hier wird Politik vom eigenen Spitzenpersonal zwischen Schlagzeilen wie „Kniete sie vor ihm nieder und befriedigte ihn?“ und Anzeigentexten wie „Bin ich eine Schlampe weil ich immer heiß bin?“ in die Gosse gezogen. Dankenswert offen gesteht der abgewählte Bundeskanzler ein, dass dieses Land mit Sexualneid, Erpressung, Mordlust und anderen niederen Instinkten regiert wird.

Einer solchen “moralischen Instanz” ist jeder Penis recht, um das große Untenrum der gerühmten Mitte der Gesellschaft anzusprechen. Und was dem Fernsehsender RTL hier moralsüffig angekreidet wird, tut man doch andererseits gerne selbst im eigenen Web TV, nämlich mit dem Schwanz wedeln:

Bild-Video: „Supertalent“-Kandidat Tim Patch kann mit seinem Penis pinseln – Unterhaltung – Bild.de

Es gibt vielleicht kein Blatt auf der Welt, in dem der Penis so sehr der verlängerte Arm der eigenen Chefredaktion ist, wie die Bildzeitungbild_penis. Keine Behauptung ist zu bescheuert, keine Schlagzeile zu hirnverbrannt, um nicht penibel auf seine Penistauglichkeit hin gemustert zu werden. Man muss schon tief im Genitalen beheimatet sein, um etwa auf eine Überschrift zu kommen wie: “Erstes Tor mit Penis geschossen”.

Besserung oder doch wenigstens Linderung ist hier nicht in Sicht: Wer einmal moralisch so verrottet ist wie dieses Leidmedium der vielzitierten “Mitte”, der ist auch mit brachialen Kunstgriffen nicht mehr auf ein Niveau zu heben, dass er einer eventuell moralisch etwas weniger korrumpierten Bevölkerungsminderheit erträglich erschiene. Es bleibt nur jene Aufforderung, die man gerade der Sonntags-Ausgabe dieses Blattes, also der Bums-BamS, zurufen möchte: Schwanz ab zum Gebet!

Nieder mit der Schwarzen Prawda!


23 Sep

Jahrgang 61, Nr. 37: Merke man sich diese historische Angabe. Es ist die Erscheinungswoche jener Zeitung, deren Einstellung einige kluge CSU-Landesverbände zeitgleich gefordert haben. Dass das Zeitungssterben auch seine guten Seiten hat, ist ein Fixum, das auf diesen Seiten des öfteren schon Erwähnung fand, nie aber mehr, als dieser Woche, da der Exitus Abruptus jener Gazette in den Raum gestellt wird, die wahlweise als „schwarze Prawda“ oder „schwarze Pest“ bezeichnet wurde, des Bayernkuriers. Die inhaltliche Ausrichtung dieses Parteiblatts der sogenannten Christlich-Sozialen Union wird schon deutlich, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass das Blatt 1950 von Franz-Josef Strauß leibhaftig gegründet worden ist.

Das Siechtum des Bayernkuriers war inhaltlich schon immer virulent, prekär aber wurde es, als auch die Leserzahlen siechten. Die Münchner Abendzeitung stellt dazu fest:

Nur noch Männer über 60 Jahre, die auf dem Lande leben, blättern ihn jede Woche 30 Minuten durch. Das lässt sich die CSU richtig was kosten. Mit rund 1,2 Millionen Euro jährlich erhält sie ihr Parteiorgan, den „Bayernkurier“, mit seinen noch knapp 62000 Exemplaren am Leben. Ein dicker Brocken für eine Partei, die nach ihren Wahlverlusten kräftig sparen muss. Auch der „Bayernkurier“ ist in die Jahre gekommen. Am 3. Juni feierte er seinen 60. Geburtstag.

Nun hat gerade die herausgebende Partei als Großkoalitionär die Rente ab 67 beschlossen, aber in diesem speziellen Fall wollen wir mal ein Auge zudrücken und die in Unwürde ergraute Parteischmonzette auch vorzeitig in den unverdienten Ruhestand entlassen.

Bedenkend, dass auch das künftige Erscheinen des Rheinischen Merkur aus berufenem Munde in Frage gestellt wurde, nämlich von dem zum Kardinal berufenen und immer noch nicht von seinem Herrn abberufenen Kölner Erzbischof Joachim Meisner, ist die poblizistische Macht rechtsklerikaler Kreise doch deutlich im Schrumpfkurs begriffen. Jedoch, wessen ordnungspolitische Losung ausschließlich in einem „wer nicht hören kann, muss fühlen“ besteht, darf sich nicht wundern, wenn eine Leserschaft sich nicht mehr einfinden möchte, denn zwischen Hören und Fühlen hat das das Lesen offensichtlich keinen Platz. Einen Wermutstropfen gibt es doch: Der Rheinische Merkur soll nicht gänzlich gen Orkus wandeln, sondern künftig als Beilage der Wochenzeitung Die Zeit erscheinen. Sollte auch ich dann künftig mit den rechtskonservativen Auslegern mißbrauchsanfälliger Katholiken belästigt werden (der mir schon die „Chrismon“-Beilage gehörig auf die Nerven geht), werde ich mein Abo wohl endgültig kündigen müssen.

BAYERNKURIER

Kino: Bescheidener Erfolg


22 Sep

Es geht doch! Trotz allem Größenwahn, der mit Hollywood gemeinhin verbunden wird, bleiben manche Granden der Branche bescheiden. Zum Beispiel Regisseur Christopher Nolan, der von Digitalfernsehen.de zitiert wird mit den Worten:

Triumph trotz Selbstzweifel: „Inception“ spielte bislang weltweit mehr als 750 US-Dollar ein. Regisseur Christopher Nolan war aber vom Erfolg des Thrillers anfangs nicht überzeugt.

Ein Einspielergebnis von ganzen 750 Dollar: Das ist Neue Übersichtlichkeit!

Regisseur Christopher Nolan: „‚Inception‘ war finanzielles Risiko“ – DIGITALFERNSEHEN.de

Fragwürdiger Journalismus: Endlich mit Warnhinweis!


21 Sep

Was ist ein „geek comedian“? Das englische Wort „geek“ bedeutete ursprünglich (ähnlich wie das deutsche Wort „Geck“ oder „jeck“) einen Einfaltspinsel oder Toren. In den 1990er Jahren vollzog sich eine interessante semantische Verschiebung: Seitdem´bezeichnet „geek“, ähnlich wie das verbreitetere „nerd“, einen Technik- und Computerenthusiasten. Ein „geek comedian“ ist also jemand, der sich obsessiv über Computer und ihre Benutzer lustig macht.

Tom Scott ist so ein „geek“. Nun hat er einen brillanten Coup gelandet. Er fragte sich nämlich schon geraume Zeit, warum eigentlich die Medien gerne Warnhinweise tragen, sobald sie Inhalte gewalttätigen oder sexuellen Inhalts präsentieren (in den USA zumal!), nicht aber ebensolche Warnhinweise, wenn sie völligen Unsinn von sich geben, sich korrumpierbar zeigen oder schlichtweg die Intelligenz ihrer Leser und Zuschauer beleidigen.

It seems a bit strange to me that the media carefully warn about and label any content that involves sex, violence or strong language — but there’s no similar labelling system for, say, sloppy journalism and other questionable content.

Also hat Tom Scott vorgelegt und selbst solche Warnhinweise verfasst. Praktischerweise hat er sie im Netz als pdf-Dokument zur Verfügung gestellt und für Label-Vordrucke ausdruckbar gestaltet.

journalist_warning

Neben der unverkennbar satirischen Absicht Scotts legt der „geek“ den Finger in die offen klaffende Wunde des Journalismus, zumal des Online-Journalismus: Zwar tendierten Medien seit ihrer Erfindung zum Plagiat oder, um mit dem französischen Literaturwissenschaftler Gerard Genette zu sprechen, zum „Palimpsest“. Aber in Zeiten von copy&paste hat der Mediennutzer kaum noch eine Chance, selbst herauszufinden, wie zuverlässig, exklusiv oder originell eine Information überhaupt noch ist. Mittlerweile treten per „books on demand“ schon Buchverlage an, die unüberprüft Druckwerke aus Wikipedia-Inhalten herstellen. Ein expliziter Hinweis der Verfasser wäre hier tatsächlich die einzig verbliebene Chance, Inhalte zu verifizieren.

Der österreichische Webdesigner Robert Harm hat die Labels ins Deutsche übertragen und ebenfalls im Internet zur Verfügung gestellt.  Er hat eine Liste von 10 journalistischen Kardinalsünden zusammengetragen, für die er Warnhinweise gestaltet hat:details-journalismus

  • „Dieser Artikel enthält nicht verifizierte Informationen ohne Quellenangaben aus Wikipedia“
  • „Dieser Artikel beruht auf einem unbestätigten Gerücht“
  • „Um künftige Interviews nicht zu gefährden, wurden wichtige Fragen nicht gestellt“
  • „Dieser Artikel ist eigentlich eine abgeschriebene Pressemitteilung“
  • „Umfrageergebnisse, Statistiken und/oder Analysen in diesem Artikel wurden von einer PR-Firma gesponsert“
  • „Um den Redaktionsschluss einzuhalten, wurde dieser Artikel von einer anderen Quelle abgeschriebenen“
  • „Der Verfasser versteckt die eigene Meinung hinter ‚manche Leute behaupten'“
  • „Medizinische Aussagen in diesem Artikel wurden NICHT von peer-reviewten Studien bestätigt“
  • „Kann Spuren von beleidigenden oder diskriminierenden Gedanken enthalten“
  • „Dem Journalisten mangelt es an Fachkenntnis zu diesem Thema“

Übrigens, auch dieser Artikel hier ist mit Vorsicht zu genießen: „Um den Redaktionsschluss einzuhalten wurde er von einer anderen Quelle abgeschrieben „. Außerdem enthält er „nicht weiter überprüfte Links auf Wikipedia„.

Journalism Warning Labels « Tom Scott

Kölner Stadt-Anzeiger verstaatlicht den Staat


20 Sep

Manche Wirtschaftstransaktionen kriegen wirklich nur solche mittelständischen Unternehmen hin, deren monopolistisches Wirtschaftsgebaren selbst beinahe staatsmonopolistische Züge trägt. Sprich: Der Kölner Stadtanzeiger. Wenn der etwas verstaatlicht, dann komplett, mit Haut und Haar, sogar den Staat selbst, wenn es sein muss. So war im heutigen Wirtschaftsteil des Blattes zu lesen:

Die verstaatlichte Staatsbank Hypo Real Estate

Im Online-Teil des gleichen Blattes hat man nicht so viel Verständnis für solchen journalistischen Bolschewismus. Naja, New Economy eben:

HRE bestätigt Bonuszahlungen – Kölner Stadt-Anzeiger

Wer länger glotzt ist früher tot?


17 Sep

Fernseher  Das war schon ein medienkritischer Hammer, den das poblizistische Leidorgan der Medienkritik, der Kölner Express, da gestern pominent auf Seite 3 veröffentlicht hat: Fernsehen kann tödlich sein. Und der Artikel hob direkt mit einem linken Haken gegen das Medien-Establishment an:

Die Glotze macht krank, nicht nur wegen des zum Teil grottenschlechten oder todlangweiligen Programms.

Aber worum geht es den Medienkritikern des Express eigentlich? Darum:

Forscher des Diabetes-Instituts in Victoria (Australien) haben in einer breit angelegten Studienreihe herausgefunden, dass die Flimmerkiste gar unser Leben gefährdet. Wer mehr als vier Stunden guckt, steigert sein Krankheitsrisiko um 80 Prozent – und läuft damit Gefahr, früher zu sterben.

Es geht dabei, wenn man weiter liest, um den Mangel an körperlicher Bewegung, der das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 18 % steigert. Die Erkenntnis war offenbar so brisant, dass auch die Süddeutsche, die Rheinische Post und viele viele andere sich diese Meldung nicht entgehen lassen wollten. Jedoch wollen wir hier mal den Fernsehapparat im Dorf lassen. Was an den Berichten vor allem auffällt, ist der schludrige Umgang mit Zahlen und die offensichtlich fehlenden Statistik-Kenntnisse der Journalisten. Eine Prozentangabe ohne Richtgröße ist wenig aussagekräftig (18 % wovon?). Und bei gesundheitlichen Kennziffern sind natürlich Alter und Geschlecht der Befragten auch noch höchst relevant.  Richtig blöde wird’s dann im Express, wenn man weiterliest:

Damit ist die Extra-Stunde TV für einen Menschen genauso gefährlich wie fünf Zigaretten oder zwei stressige Überstunden pro Tag. Auch das Krebsrisiko stiegt (sic!) vor dem Flimmerkasten – immerhin um 9 Prozent.

Das ist nun wirklich Medizin nach Noten, nämlich den schlechten Mathematik- und Biologie-Noten der Express-Mitarbeiter. Ach ja, von wegen „express“: Sonderlich schnell waren die Presseleute auch nicht mit der Veröffentlichung. Die allseits geschätzte Telepolis berichtete bereits vor 9 Monaten über die Studie …

Da sei doch die Prophezeiung erlaubt: Wer mehr als 80 Jahre den Kölner Express liest, der verkürzt seine Lebenserwartung um mindestens 20 Prozent. Das bedeutet so viel wie, dass ein 120-jähriger Mann weiblichen Geschlechts, der mehr als 95 Jahre lang täglich den Express gelesen hat, bestenfalls 60 Jahre alt wird. Wer will da widersprechen?

Achtung!: Fernsehen kann tödlich sein | Gesundheit – EXPRESS

Kölner Stadtanzeiger: Wer gewinnt beim Unentschieden?


15 Sep

In Sportteil der heutigen Ausgabe des Kölner Stadtanzeigers wird über das spektakuläre 5:5 in der Zweitliga-Begegnung Karlsruhe gegen Cottbus berichtet. Wie überschreibt der Stadtanzeiger den Artikel?

… das spektakuläre 5:5 der Karlsruher in Cottbus

Oder war es das 5:5 der Cottbusser in Cottbus? Oder in Karlsruhe? Wer hat denn nun gewonnen bei diesem Unentschieden? Wir werden es nie erfahren.

Kölner Stadt-Anzeiger – ePaper

RTL: Witz komm raus, du bist umzingelt


13 Sep

Wäre ich doch nur ins Bett, in die Kneipe, in den Park oder gar in die Wüste gegangen! Alles besser, als am vergangenen Samstag das Fernsehgerät angeschaltet zu haben. so aber bin ich unversehens bei RTL gelandet, Deutschlands unangefochtenem Marktführer bei jenen Menschen, die noch auf Fernsehwerbung hereinfallen. Unangefochten bedeutet in diesem Zusammenhang so viel wie, dass noch niemand mit dem Säbel dreingeschlagen und die Macher zum Duell gefordert hat. Allerdings gehört dazu auch eine gewisse Satisfaktionsfähigkeit, die mit Programmausscheidungen wie „Die 25 witzigsten TV-Momente 2010“ sicherlich nicht zu erreichen ist.

Ich schaltete erst kurz vor dem Hirntod, sprich: dem Ende der Sendung ein, gerade die beiden Spitzenreiter an Witzigkeit nach Meinung einiger RTL-Quotensklaven durfte ich noch erleben. Der zweitwitzigste TV-Moment des Jahres 2010 (das im übrigen ja noch nicht abgelaufen ist …) war ein Ausschnitt aus einer ungarischen Talkshow, in der unvermittelt eine ganze Familie mit äußerster Brutalität aufeinander einprügelte. Für die wiederholte Ausstrahlung dieser ekelhaften Schlägerei hätten zwar einige RTL-Angestellte Prügel verdient. Was aber daran „witzig“ gewesen sein soll, hat sich mir bis zu diesem Augenblick noch nicht erschlossen. Was ich sah, war eine Tragödie, und ob nun die tatsächliche Prügelorgie oder der Umstand, dass dieses Familiendrama sich vor laufender Kamera abgespielt hat, tragischer war, vermag ich nicht zu sagen.

Der nach RTL-Humorpolizei „witzigste TV-Moment“ war dann eine Rede, die ein holländischer Fußballtrainer von einem Rathausbalkon herab gehalten hat. Ich gebe zu, dass Ausländer, die in Deutschland Balkonreden halten, durchaus eine gewisse Ironie der Geschichte darstellen könnten. Dem RTL-Gesinde ging es aber wohl eher darum, dass dieser Sportlehrer des Deutschen nicht in Perfektion mächtig war und ihm die Fälle einiger Artikel durcheinander gingen. Verständlich ist das, bedenkend, dass der Mann gerade deutscher Fußballmeister geworden ist und vielleicht auch das ein oder andere einheimische Bier getrunken hat. Menschlich ist es womöglich auch. Aber was ist daran witzig?

Eine Prügelei und ein Witz auf Kosten eines erfolgreich in Deutschland integrierten Ausländers sind also das witzigste, was die RTL-Mischpoke europaweit im Fernsehen gefunden hat? Ich möchte über das dem innewohnende Ressentiment gar nicht weiter raisonnieren, die Unhumanität und Ausländerfeindlichkeit halten sich mit der Dummdreistigkeit und Unverfrorenheit solcher Programmacher so sehr die Waage, dass selbst Justizia da einmal die Augenbinde verrutschen könnte. Aber eines muss ich doch feststellen, nämlich was man mit so einem Fernsehprogramm einzig anstellen kann: Abschalten.

Die 25 witzigsten TV-Momente 2010 – RTL.de

Kölner Stadtanzeiger und die Kriegserklärung


10 Sep

Manche Thesen sind so falsch, dass selbst ihr Gegenteil nicht richtig ist. Da äußert die Vertriebenen-Funktionärin Erika Steinbach in ihrer Eigenschaft als CDU-Bundesvorstandsmitglied Ansichten, die man bei einigen Berufsvertriebenen immer vermutet, aber lange nicht mehr vernommen hat. Sie relativiert nämlich die deutsche Kriegsschuld durch die Äußerung: “Ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1933 mobil gemacht hat”. Das wird auch in der Online-Ausgabe des Kölner-Stadtanzeigers völlig zurecht als “Unerträgliche Geschichtsklitterung” bezeichnet. In der gedruckten Ausgabe liest sich die Darstellung dieses Vorgangs dann aber ganz anders und wird dadurch schon wieder fragwürdig.

Da bekommt ein Artikel den Rubrikentitel:

Streit über Kriegsschuld

Aber nein! Die Kriegsschuld ist eben nicht strittig. Gestritten wird doch wohl über das Geschichtsbild der Frau Steinbach. Der Artikel selbst trägt die Überschrift:

Steinbach fühlt sich als Konservative einsam

Wieder Einspruch: Auch ums “Konservative” geht es hier überhaupt nicht. Es steht jedenfalls zu hoffen, dass die Konservativen in der CDU sich nicht gerade dadurch auszeichnen, dass sie Frau Steinbachs fragwürdige Geschichtsansichten teilen. Schließlich wird ein Interview mit dem Historiker Heinrich August Winkler überschrieben mit:

Historiker nennt Feldzug gegen Polen Auftakt zum Vernichtungskrieg

Er nennt ihn nur so? Auch das steht also nach Ansicht des Kölner Stadtanzeigers irgendwie in Frage? Da möge doch auch diese Kölner Zeitung ihr Geschichtsbild überprüfen, sonst fällt der Vorwurf der Geschichtsklitterung auf sie zurück.

Steinbach verlässt CDU-Spitze – Kölner Stadt-Anzeiger

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter