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Wahlen: Über Flüchtlinge abstimmen?


12 Mrz

Am kommenden Sonntag sind in drei deutschen Bundesländern Landtagswahlen. Worüber wird bei diesen Sternstunden der Demokratie eigentlich abgestimmt? Wenn es nach der Wochenzeitung Die Zeit geht, ist die Antwort klar: Es wird über die Flüchtlingspolitik abgestimmt.

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In der Unterüberschrift auf der Titelseite der Zeit-Ausgabe von vergangener Woche heißt es: „Bei den Landtagswahlen können die Bürger zum ersten Mal über die Flüchtlingspolitik abstimmen“.

Dem muss entschlossen widersprochen werden! Nein, nein, nein. Bei Landtagswahlen wird über alles Mögliche abgestimmt, zum Beispiel über die Zusammensetzung des nächsten Landtags und darüber, wie dieser Landtag anschließend Politik macht. Aber über die Flüchtlingspolitik wird garantiert nicht abgestimmt. Denn die Landtage der deutschen Bundesländer haben im Vergleich bei nahezu allen Fragen, die die nach Deutschland flüchtenden Menschen angeht, am wenigsten mitzureden und sind auch am wenigsten betroffen.

Zu den klassischen Politikbereichen der Landespolitik gehören die Kulturpolitik, die Bildungspolitik und die Landes- und Regionalplanung. Mittelbar ist Landespolitik darum betroffen, weil Flüchtlingskinder- und -jugendliche ebenfalls schulpflichtig sind. Der Bau neuer Schulen aber zum Beispiel fällt dann sehr häufig wieder in den Zuständigkeitsbereich der Kommunen.

Die sog. Flüchtlingspolitik betrifft in hohem Maße die Bundespolitik (zum Beispiel was die äußere Sicherheit angeht oder internationale Abkommen) sowie die Lokalpolitik, die ohnehin in nahezu allen Fällen, in denen am Ende viel Geld aufgebracht werden muss, die Geforderten sind. Landespolitiker sind hier meistens nur Zaungäste der Debatte. Ein Landesministerpräsident wie der Bayer Horst Seehofer kann darum relativ gelassen zu Immigrationsfragen den Mund aufmachen, da es für ihn nahezu kosequenzenlos ist, egal wieviel Unsinn er redet.

Liebe Wählerinnen und Wähler! Glaubt dem gemeingefährlichen Unsinn, den Journalisten beispielsweise in der Wochenzeitung Die Zeit schreiben, nicht: Wählt gute Bildungs- und Kulturpolitiker, wählt gute Regionalplaner und Landespolitiker, aber bitte stimmt bei den bevorstehenden Landtagswahlen nicht über die Flüchtlingspolitik ab. Es könnte sonst passieren, dass für die nächsten Jahre Eure Landespolitik von Leuten dominiert wird, die zwar meinen, sich mit Minaretten auszukennen, aber über Schulverpflegung und Landesfilmförderung bestimmen müssen.

NRW-Wahlen: Schlappe für Wahlprognosen


15 Mai

Norbert_roettgen_2012Ist das Ergebnis der Landtagswahlen in NRW wirklich ein “Triumph” für Rot-Grün, wie der Focus schreibt? Oder ist vornehmlich ein Erfolg der Liberalen, wie deren NRW-Chef Lindner über die Tageszeitung Die Welt verbreitet? Weder, noch: Vor allem ist die NRW-Wahl eine große Niederlage für die Wahlforscher und Umfrageinstitute. Denn während das Ergebnis der F.D.P. in Nordrhein-Westfalen sich im Vergleich zur letzten Landtagswahl in dem Bundesland im Bereich der statistischen Fehlertoleranz befindet, hat das relativ gute Abschneiden der SPD sowie das schlechte Ergebnis der CDU so niemand prognostiziert.

So sah die Prognose von YouGov.de, über die auch in diesem Blog schon geschrieben wurde, für die CDU ein Ergebnis von 30% vor. Die Umfrager von YouGov geben immerhin eine Fehlertoleranz an, die bei einem Stimmanteil von 50% eine Abweichung von 3,1 Prozentpunkten bedeuten kann. Aber selbst dann hätte die CDU im schlechtesten Fall deutlich mehr als 27% der Stimmen erzielen müssen.

Auch das Ergebnis der SPD ist natürlich so brillant nicht, wie in der Presse dargestellt. Immerhin betrachten die Sozialdemokraten das Land NRW immer noch als ihre Stammlande, wo sie einst stabile absolute Mehrheiten erzielen konnten. Und der vorgebliche Erfolg der freien Demokraten ist im Lichte betrachtet auch nicht so grandios, wenn man bedenkt, dass sie außer dem Minimalziel, wieder in den den Landtag einzuziehen, eigentlich nichts erreicht haben.

Gänzlich ominös war die politische Berichterstattung insbesondere im Fernsehprogramm der ARD, wo Fragensteller Frank Plasberg sowohl in der sonntäglichen Wahlberichterstattung als auch in seiner montäglichen Talkshow als einzige politische Analyse die Frage anbieten konnte, ob CDU-Kandidat Röttgen sich nicht auch im Falle der Wahlniederlage für die Aufgabe seines Berliner Ministeramtes hätte entscheiden müssen, während Wahlsiegerin Kraft von der SPD sich nun ständig die Frage gefallen lassen musste, ob sie nicht lieber als Kanzlerin nach Berlin ziehen will. Dem einen wird also vorgeworfen, dass er nicht bleiben will, und der anderen wird in den Mund gelegt, dass sie nicht bleiben soll. Dieser verqueren Logik kann nicht jeder folgen.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter