Archive for the ‘Sprache’ Category

Post von Wagner


04 Apr

Bild-Kolumnist Franz Josef Wagner beschäftigt sich in seinem heutigen Sendschreiben mit dem Kindermord im Münchner Vorort Krailling. Das Thema ist wahrhaft fürchterlich, der Kolumnist indes ist es auch. Deswegen freut man sich doch irgendwie diebisch, endlich diese Ankündigung zu lesen:

Ich mag nicht das Furchtbare lesen, das Schlimme. Ich mag mir nicht die Kinder vorstellen. Mehr kann ich gar nicht schreiben.

Ja, wenn er doch das Schreiben endlich aufhören würde. Er kann es halt auch einfach nicht. Auch die einfacheren Grundsätze der deutschen Sprache und Grammatik sind ihm wesensfremd. Deswegen kommen dann bei der “Post von Wagner” Sätze wie der folgende heraus:

Ich mag nicht, darüber zu lesen, wie eine 8-jährige umgebracht wird.

Und ich mag nicht, darüber zu lesen, wie ein Skribent egal welchen Alters die deutsche Sprache massakriert. Nein, ich mag es einfach nicht.

Post von Wagner: Liebe Kraillinger Mutter, – News – Bild.de

Die Süddeutsche und Joschka Fischer: Kriegstreiberei als Liebhaberei


24 Mrz

Andrzej Barabasz (Chepry)Auch in der deutschen Politik und Publizistik gibt es, ähnlich wie in Israel oder den USA, “Falken” und “Tauben”, also einerseits Leute, die militärische Einsätze befürworten, und andererseits solche, die sie ablehnen. Der Herr Bundesaußenminister a.D. Josef, genannt Joschka, Fischer, ein ungelernter Taxifahrer aus dem Hohenlohischen, zählt mit Sicherheit zu den “Falken”. Was einen nicht weiter wunder nähme, wenn er nicht ausgerechnet jahrzehntelang das Aushängeschild der “Grünen” und damit einer selbsterklärt pazifistischen Partei gewesen wäre. Und auch seine Karriere als Taxifahrer wird hier nicht nur polemisch angeführt. Sie beeinflusst seine Weltsicht offensichtlich bis heute, wie man seiner Stellungnahme zur Enthaltung der Bundesrepublik Deutschland bezüglich der Militärintervention in Libyen im UN-Sicherheitsrat entnehmen kann, die er in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht hat:

Die deutsche Bundeskanzlerin fährt in der Politik gerne auf Sicht, auf sehr kurze Sicht sogar. Da kann es schon mal vorkommen, dass man sich in der Auffahrt einer Autobahn vertut und auf die falsche Fahrbahn gerät. Dies ist dann eine hochgefährliche Situation – und zwar nicht nur für einen selbst, sondern vor allem auch für viele andere. Genau dies ist der deutschen Außenpolitik in der Causa Libyen geschehen.

Also immerhin hat der Schulabbrecher Fischer sich mittlerweile ein paar Lateinkenntnisse zugelegt (“causa”). Wie aber sieht es mit seinen restlichen Kenntnissen und Einschätzungen aus? Die sind doch eher skandalös:

Die Geschlossenheit der Vetomächte und der Mehrheit des Sicherheitsrates, die Unterstützung von Arabischer Liga und der Organisation Islamischer Staaten, die Beteiligung zweier arabischer Staaten an der humanitären Militärintervention – was wollte die Bundesregierung eigentlich noch mehr, um zuzustimmen?

Eine “humanitäre Militärintervention”, was soll das eigentlich sein? Hier findet doch, an vornehmster publizistischer Stelle, eine Umwertung von Begrifflichkeiten statt, die einen fassungslos machen. Unter humanitären Militäreinsätzen verstand man doch gemeinhin sandsäckeschleppende Soldaten im Oderbruch oder Carepakete-verschenkende Militärs in Afghanistan. Massive Bombardements unter Inkaufnahme ziviler Opfer (denn wie will man die überhaupt verhindern, wenn man nur aus der Luft angreift?) waren mit “humanitären Militäreinsätzen” nicht gemeint. Und die Bilder, die bisland aus Libyen zu sehen waren, sprechen dem zusätzlich Hohn. Schließlich: Auch von der “Geschlossenheit der Vetomächte und der Mehrheit des Sicherheitsrates” ist wohl nicht mehr so sehr viel übrig. Schon die Nato alleine ist ja offenbar nicht in der Lage, Einigkeit über die Durchführung dieses Krieges herbeizuführen.

Herr Fischer sollte sich für seine Auslassungen in die Ecke stellen und schämen. Und die Süddeutsche Zeitung, die ihm für diese Art hirnbeleidigender Hetze auch noch Raum gewährt, ebenso.

Streitfall Libyen-Einsatz – Deutsche Außenpolitik – eine Farce – Politik – sueddeutsche.de

Verkünden oder Verkündigen?


08 Mrz

imageJournalisten halten sich ja gerne für unanfechtbar. Das haben sie mit sehr hohen Glaubensvertretern gemeinsam. Deswegen geraten ihnen – man kann es für eine déformation professionelle halten – gerne die Kategorien durcheinander, wenn es zum Beispiel um die Frage “Verkünden oder Verkündigen” geht. Umso mehr, wenn es (wie im Fall des Kölner Express) um das Heiligste geht, was die Stadt Köln zu bieten hat, nämlich den kölschen Karneval:

Natürlich stand danach die Motto-Verkündigung für die neue Session im Vordergrund.

Nein, nein, nein: Wieder falsch! Verkündigungen stehen nur Erzengeln oder anderen Heiligkeiten zu. Alle anderen dürfen nur “verkünden”, aber nicht “verkündigen”. So einfach ist’s. Amen.

Kommende Session: So lautet das neue Karnevalsmotto! | Kölner Karneval – EXPRESS

Kölner Stadt-Anzeiger denkt im Herbst an den Frühling


09 Sep

Herrlich, wenn man im Herbst schon wieder an den Frühling denken kann. Und das auch noch in der Sportberichterstattung. Nach dem Fußballländerspiel gegen Aserbaidschan wird dort nämlich über den deutschen Stürmer Miroslav Klose gesagt, er durchlebe

eine Art vierten dritten Frühling.

So kann es wirklich nur einer sagen!

Ein unglaublich anderer Podolski – Kölner Stadt-Anzeiger

Public Viewing als Bestattungsritual


01 Jul

Die Hörer des WDR-Jugendablegers 1live hatten ja erwogen, das Ereignis „Rudelgucken“ zu nennen. Durchgesetzt hat sich aber doch der Begriff „public viewing“ für eine neue Form massenhypnotischen Medienkonsums, insonderheit bei Fußballgroßereignissen wie einer Weltmeisterschaft. Sprachlich übrigens ein „false friend“, also einer jener Termini, die nur englisch klingen, aber in Wahrheit in der Originalsprache gar nicht oder ganz anders verwendet werden. So weist ein kluger Kopf bei Spiegel Online darauf hin, dass „public viewing“ vor allem in den USA ein Bestattungsritual bezeichnet:

Public viewing heißt eigentlich Aufbahrung des Leichnams, öffentliches Totenbegängnis. Ist manchmal ja auch was Wahres dran. Siehe England.

So findet sich im Netz zum Beispiel ein kleiner Bericht bei BBC online, in dem es um die öffentliche Aufbahrung des verstorbenen Papstes Johannes XXIII. geht:

Public viewing for former Pontiff

The casket containing the embalmed body of the former Head of the Roman Catholic Church, Pope John the twenty third, is being put on display in Saint Peter’s basilica in Rome later today Sunday.

Vom Sporterfolg zur Beerdigung: In den Medien nur ein kurzer Weg. Amen.

Public Viewing – Wikipedia

Sport ist (Wörter-) Mord


18 Jun

Wenn Fußballweltmeisterschaft ist, dann ist auch die Hochzeit der Sportreporter. Für die Sprache ist das nicht immer gut. Hier nur ein oder zwei Beispiele von vielen:

Fast pausenlos lief der brasilianische Coach an der Seitenlinie unterwegs, um neue Anweisungen zu geben – ohne Erfolg.
(Kölner Stadtanzeiger)

Ohne Erfolg war hier auch der Reporter, was nicht die Ball-, aber doch die Sprachbeherrschung angeht. Aber es geht auch so:

Beim Studium der Zeitlupe stellte sich heraus, dass der Elfmeter unberechtigt war, weil dem Foul von Khune durch eine Abseitsstellung vorausging.
(Kölner Stadtanzeiger)

Nein, so geht es auch nicht. Und seit wann müssen Zeitlupen eigentlich „studiert“ werden?

Problematisch ist auch, wenn Sport auf Wissenschaft trifft. So ist lobend hervorzuheben, dass in diesen fußballverrückten Tagen die Basketballmeisterschaft von Bamberg nicht völlig untergeht. Aber was muss man lesen:

Aber die von Chris Fleming trainierten Brose Baskets setzten das Gesetz der Serie fort: In der Bundesliga-Geschichte setzte sich im Entschiedungsspiel bisher immer der Gastgeber durch.
(Kölner Stadtanzeiger)

So argumentieren Sportreporter ja gerne, und darum werden ständig Datenbanken, Statistiken und Zahlenwerke bemüht. Jedoch, dieses sog. „Gesetz der Serie'“ ist natürlich aller Wahrscheinlichkeit nach purer Blödsinn. Zwar hat der Wiener Naturforscher Paul Kammerer ein Buch mit nämlichem Titel verfasst, dass angeblich auch von Freud, Jung und Einstein goutiert wurde:

Er behauptete, eine Serie sei die gesetzmäßige Wiederholung gleicher oder ähnlicher Ereignisse, die nicht durch dieselbe Ursache verknüpft worden sein können (von „sinnvollen Zufällen“ sprach später sein Biograph Arthur Koestler). Kammerer wollte damit beweisen, das sich in sogenannten „Zufällen“ ein universelles Naturgesetz manifestiert, das unabhängig von bekannten physikalischen Kausalprinzipien wirkt.

Was wissenschaftstheoretisch allerdings dahinter steckt, ist das „Induktionproblem„, das erstmals ausführlich vom britischen Philosophen David Hume thematisiert wurde. Demzufolge lässt sich aus der regelmäßigen Wiederkehr eines Ereignisses in der Vergangenheit nicht auf dessen Wiederkehr in der Zukunft schließen. Ein Grund übrigens, warum man selten aus Erfahrung klug wird. Das gilt übrigens auch und vor allem für Sportreporter.

Anti-Medien-Blog

Kirgistan, Kirgisistan, Kirgisien oder was?


16 Jun

Ja, wie heißt es denn nun, das zentralasiatische Land, in dem der Bürgerkrieg ausgebrochen ist? Das ZDF ist der Meinung „Kirgisistan“:

Kirgisistan zdf

Die ARD Tagesschau hält dagegen und nennt das Land „Kirgistan“:

Kirgistan ARD

Kirgisien ist vermutlich auch nicht so ganz falsch. In der kyrillischen Umschrift schreibt es sich noch mal ganz anders, nämlich „Kyrgyzstan“. Jedem das Seine …

http://www.lib.utexas.edu/maps/commonwealth/kyrgyzstan_rel92.jpg

Praktische Erdkunde im Kölner Stadtanzeiger


08 Jun

Zeitungen wollen Orientierung bieten. Wo aber befinde ich mich, wenn ich das hier lese:

Der von Frankreich gebaute erste Europäische Druckwasserreaktor weltweit in Finnland verzögert sich erneut um ein halbes Jahr.

Oder ist es der erste finnische Reaktor weltweit in Europa? Oder ist es es der erste weltweite Reaktor aus Finnland in Frankreich? Oder ist ein französischer Finne der erste weltweite Europäer, der als Reaktor dient? Man kann bei diesen Zeitungen schon ganz schön durcheinander kommen.

Kalter Kaffee beim Kölner Stadt-Anzeiger


25 Mai

Espressomaschine Dass von Journalisten man nichts geschenkt bekommt, außer man vergilt es ihnen durch eine Gegenleistung, ist eine so altbekannte Regel, dass es nicht anders sein kann, als dass sie auch für den Kölner Stadtanzeiger gelte. Der nämlich lässt durch seine Reporterin Susanne Hengesbach Kaffee an unschuldige Passanten verteilen, nur um an eine Story zu kommen:

Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zum Kaffee einlädt?

Ja, was erzählen sie denn? Und vor allem: Was trinken sie denn? Die Einladung zu einem Kaffee, gerade in deutschen Großstädten, birgt so viele Fallstricke gerade auch sprachlicher Art, dass es an ein Wunder grenzte, wenn nicht ausgerechnet der Kölner Stadtanzeiger auch hinein tappen würde. Und siehe da:

Nachdem er seine Latte Macchiato bestellt hat, erzählt er mir, dass er momentan mit der Planung eines Studios beschäftigt ist.

Darauf sollte man doch als Reporterin gefasst sein: Die Leute lassen sich eben nicht mehr Filterkaffee in Kännchen servieren, sondern diesen ganzen neumodischen Kram — con letsche, Café Olé oder eben auch die berüchtigte Latte. So viel Recherche sollte darum einer Reporterin zuzutrauen sein, dass es korrekterweise „der Latte“ zu heißen habe. Denn dass im Italienischen die Milch („latte“) männlich konju- oder dekliniert wird, wäre, wenn es noch eines Beweises bedürfte, auch aus dem Adjektiv „macchiato“ mit seinem End-„o“ zu schließen, müsste eine weibliche Latte doch“macchiata“ sein, was auch Stadtanzeiger-Redakteurinnen mit rudimentären Latein-Kenntnissen sich zusammenreimen könnten, sofern das Erlernen kultivierter Sprachen noch zum Portfolio von Stadtanzeiger-Redakteuren gehörte. Sollte es sich, wie man allfällig mutmaßen könnte, um eine der berühmten Freud’schen Fehlleistungen handeln, die Leute bei der italienischen Kaffee-Spezialität an nichts als eine gute deutsche „Latte“ denken lässt, ist der Lapsus nicht kleiner, denn gerade diese, die Latte, sollte doch eigentlich männlichen Geschlechts sein, was ganz nebenbei die feministische Linguistik in große Schwulitäten bringt. Aber lassen wir fürderhin diese Quisquilien und beschäftigen wir uns weiter mit dem genannten Artikel im Kölner Stadtanzeiger. Was darin steht, hat ein eifriger Kommentator im Internet-Angebot des Kölner Stadtanzeigers sehr schön auf den Punkt gebracht und bedarf keiner Ergänzung:

24.05.2010 | 22.10 Uhr | RainerHohn
Das liest sich so flüssig und spannend wie der Aufsatz einer Fünftklässlerin zum Thema: „Was ich in den Sommerferien erlebt habe“.

Großvater Schulz lebt jetzt zufrieden – Kölner Stadt-Anzeiger

Ach, der Superlativ!


25 Mrz

Solange Journalisten nur komparieren können! Die Komparation ist der sprachliche Vorgang, bei dem Adjektive gesteigert werden. Zündstufe 1 ist das Positiv, Zündstufe 2 der Komparativ und Zündstufe 3 der Superlativ. Letzterer ist natürlich die bevorzugte Komparationsform von Journalisten. Egal, um was es geht: Hauptsache Superlativ! Allerdings lassen sich beileibe nicht alle Adjektive beliebig steigern. Berühmt ist das Adjektiv „schwanger“.  Auch die Süddeutsche Zeitung greift bei den Steigerungen gerne daneben:

Und die emotional geschlossenste Gesellschaft ist noch stets die Familie.

Geschlossen ist nun mal geschlossen. Geschlossener geht nicht. Und „am geschlossensten“ erst recht nicht. Wer’s doch tut, der kommt wohin? Genau: In die Geschlossene.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter