Sport ist (Wörter-) Mord

18 Jun

Wenn Fußballweltmeisterschaft ist, dann ist auch die Hochzeit der Sportreporter. Für die Sprache ist das nicht immer gut. Hier nur ein oder zwei Beispiele von vielen:

Fast pausenlos lief der brasilianische Coach an der Seitenlinie unterwegs, um neue Anweisungen zu geben – ohne Erfolg.
(Kölner Stadtanzeiger)

Ohne Erfolg war hier auch der Reporter, was nicht die Ball-, aber doch die Sprachbeherrschung angeht. Aber es geht auch so:

Beim Studium der Zeitlupe stellte sich heraus, dass der Elfmeter unberechtigt war, weil dem Foul von Khune durch eine Abseitsstellung vorausging.
(Kölner Stadtanzeiger)

Nein, so geht es auch nicht. Und seit wann müssen Zeitlupen eigentlich „studiert“ werden?

Problematisch ist auch, wenn Sport auf Wissenschaft trifft. So ist lobend hervorzuheben, dass in diesen fußballverrückten Tagen die Basketballmeisterschaft von Bamberg nicht völlig untergeht. Aber was muss man lesen:

Aber die von Chris Fleming trainierten Brose Baskets setzten das Gesetz der Serie fort: In der Bundesliga-Geschichte setzte sich im Entschiedungsspiel bisher immer der Gastgeber durch.
(Kölner Stadtanzeiger)

So argumentieren Sportreporter ja gerne, und darum werden ständig Datenbanken, Statistiken und Zahlenwerke bemüht. Jedoch, dieses sog. „Gesetz der Serie'“ ist natürlich aller Wahrscheinlichkeit nach purer Blödsinn. Zwar hat der Wiener Naturforscher Paul Kammerer ein Buch mit nämlichem Titel verfasst, dass angeblich auch von Freud, Jung und Einstein goutiert wurde:

Er behauptete, eine Serie sei die gesetzmäßige Wiederholung gleicher oder ähnlicher Ereignisse, die nicht durch dieselbe Ursache verknüpft worden sein können (von „sinnvollen Zufällen“ sprach später sein Biograph Arthur Koestler). Kammerer wollte damit beweisen, das sich in sogenannten „Zufällen“ ein universelles Naturgesetz manifestiert, das unabhängig von bekannten physikalischen Kausalprinzipien wirkt.

Was wissenschaftstheoretisch allerdings dahinter steckt, ist das „Induktionproblem„, das erstmals ausführlich vom britischen Philosophen David Hume thematisiert wurde. Demzufolge lässt sich aus der regelmäßigen Wiederkehr eines Ereignisses in der Vergangenheit nicht auf dessen Wiederkehr in der Zukunft schließen. Ein Grund übrigens, warum man selten aus Erfahrung klug wird. Das gilt übrigens auch und vor allem für Sportreporter.

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Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter