Archive for the ‘Zeitung’ Category

Journalisten werden nicht reich, Verleger schon


22 Mai

Zeitungsverlage erzielen allen Unkenrufen zum Trotz nach wie vor traumhafte Renditen. Der Medienökonom Frank Lobigs von der TU Dortmund hat die Umsatzzahlen mehrerer Verlagshäuser ausgewertet und kommt zum Ergebnis, dass Medienhäuser nach wie vor Renditen erwirtschaften, von denen andere Unternehmen nur träumen können. Im Deutschlandradio erläutert Lobigs:

Die „Zeit“ hat 2012 ihr Rekordjahr gehabt, so gut haben die noch nie verdient, die Rendite ist gut zweistellig, „sehr kommod“ nennt das der Geschäftsführer. Der „Spiegel“-Verlag bedauerte, dass er nur 15 Prozent statt wie im Vorjahr 20 Prozent Umsatzrendite gemacht hat.

Das sind enorme Zahlen. Da wird eine Krise draus gemacht. „Braunschweiger Zeitung“ liegt bekanntlich bei 20 Prozent Rendite, eine ganz normale Regionalzeitung. Das sind Renditen, da können andere Unternehmen nur von träumen! Wenn Sie normale Großunternehmen nehmen, dann haben die eine Durchschnittsrendite von vier Prozent. Die Verlage liegen beim Dreifachen oder Vierfachen davon.

Für die Zukunft allerdings, so Lobigs, müssten die Verlage die heutige gute Marktposition nutzen, um neue Geschäftsmodelle auch für den Onlinejournalismus zu finden.

Watchblog zur Regenbogenpresse


21 Mai

Echo-der-Frau-Titel„Regenbogenpresse“, das klingt beinahe verharmlosend. „Klatschpresse“ oder „Revolverblätter“ geht schon eher in die Richtung derjenigen Assoziationen, die man bei kritischer Durchsicht der auf englisch recht neutral „yellow press“ genannten Gazetten haben kann. Nun beschäftigt sich ein neuer Watchblog ausschließlich mit dem Wahrheitsgehalt der Meldungen und Berichte, die in Heften wie „Echo der Frau“, „Das Goldene Blatt“ etc. zu finden sind. Die Macher von „Topf voll Gold“ schreiben dazu:

Rund eine halbe Milliarde Hefte druckt die deutsche Regenbogenpresse jedes Jahr. Woche für Woche kann man sich am Kiosk mit neuen Geschichten über die Adeligen und Prominenten dieser Welt eindecken. Der Markt ist riesig. Millionen Deutsche nutzen das Angebot. Doch bei der Regenbogenpresse gilt das Gleiche wie bei der Volksmusik: Unfassbar viele Leute gucken sie sich an, aber niemand spricht darüber.

Und so läuft das Geschäft unterm Regenbogen, ohne dass sich jemand groß damit auseinandersetzt. Dabei würde sich ein kritischer Blick in die Hefte lohnen. Denn immer wieder stellen die Autoren dort übelste Behauptungen auf, sie basteln Skandale, sie verdrehen Tatsachen. Sie erfinden schlichtweg Geschichten. Wir schauen uns das mal genauer an.

Auch der Blog Klatschkritik setzt sich mit dem Treiben des Boulevardjournalismus auseinander. Der Topf voll Gold ist ein Projekt zweier Dortmunder Journalistikstudierender, die das Thema auch für ihre Bachelorarbeiten nutzen wollen. Das Deutschlandradio Wissen hat einen interessanten Hörfunkbeitrag zum Thema ins Netz gestellt.

Wenn Titelblätter Trauer tragen


15 Mai

Das britische Satireportal The Poke hat eine äußerst kuriose Sammlung von Zeitungsseiten zusammengestellt, die demonstrieren, was alles schief gehen kann, wenn man beim Texten und Layouten nicht sehr vorsichtig ist. Eine Schlagzeile „Priester gibt Kindersex zu“ neben eine Werbeanzeige „Junge, ist das heiß“ zu stellen, ist buchstäblich daneben:

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Auch die Anzeige „Traumurlaub zu gewinnen“ über dem Foto des gesunkenen Kreuzfahrtschiffes ist eher der Untergang der Layoutabteilung:

poke03Das Geständnis in der Überschrift auf der linken Blattseite („Ich sagte nein, sagt er, aber sie vergewaltigte mich“) wird doch konterkariert durch die Balkenwerbung „Wir sagen Ja“:

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Und die russische Zeitung Metro hat scheinbar alle Fotos im Layout vergessen, auch wenn sie selbst behauptet, dies sei Absicht gewesen, weil man auf einen Fotowettbewerb habe hinweisen wollen:

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Noch mehr kuriose Zeitungsseiten gibt es hier.

News is bad for you: Nachrichten machen krank


10 Mai
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Foto: A. Altmann/pixelio.de

Auf Spiegel Online zieht Autor Georg Diez in seiner regelmäßigen Kolumne über die Fernsehnachrichten her, insbesondere “Tagesschau” und ARD.

Drohnen, Merkel, Krise: Die deutschen TV-Nachrichten tun so, als würden sie uns Zuschauer informieren. Tatsächlich stampfen sie uns in die Passivität, sie machen uns dümmer und letztlich uninformierter. (…) Die Sklerose unserer Tage hat ein ideales Medium gefunden, und wir zahlen auch noch dafür. Abend für Abend sitzen wir da, in dieser zeittypischen Mischung aus Selbsthass und Apathie, und lassen uns die Welt glatt bügeln, auf ARD-Art. (…) All das sind Scheinnachrichten, weil so getan wird, als sei das nun der amtliche Ausschnitt der Welt – dabei ist es doch nur staatsnahes Parteien-TV, die üblichen Vertreter der Macht, der Reichstag im Abendlicht plus das eine oder andere Erdbeben: Das eben, was Journalisten für wichtig halten, die selbst nicht wissen, warum das so ist.

Spiegel-Autor Diez kennt aber auch das Gegenmittel. Es ist der „engagierte Journalismus” (wenn er ihn auch nicht beim Namen nennt). Vorbildhaft ist da für ihn die BBC.

BBC macht das immer mal wieder vor, wie intelligenter, diskursiver Fernsehjournalismus geht: mal emotional und nah, wenn etwa ein Reporter in das Zimmer führt, wo sich ein altes italienisches Ehepaar erhängt hat, weil es seine Schulden nicht mehr bezahlen konnte, und man sich als Zuschauer mehr mit der Euro-Krise beschäftigt als nach hundert Rolf-Dieter-Krause-Kommentaren aus Brüssel (…).

Diez’ Kritik ist zwar naheliegend, aber doch sehr verkürzt. Am speziellen Format von Nachrichten und insbesondere Fernsehnachrichten wurde in der Vergangenheit schon häufiger verheerende Kritik geübt. Diez selbst zitiert in seiner Spiegelkolumne den Schweizer Autor Rolf Dobelli. Der Schweizer hat an verschiedenen Publikationsorten bereits seine Thesen zum Thema “News is bad for you” zum besten gegeben.

Wozu brauchen wir dann überhaupt Nachrichten? Und was sind Nachrichten? Der kluge Schweizer Rolf Dobelli hat vor Kurzem das Konzept von Nachrichten ganz grundsätzlich kritisiert, in seinem Manifest „News is bad for you“ erklärt er unter anderem, warum diese Art von Nachrichten uns früher sterben lassen, warum diese Art von Nachrichten uns zu falschen Entscheidungen verleiten, warum diese Art von Nachrichten uns dümmer und letztlich uninformierter machen – all das hat mit der Frage zu tun, was eine Nachricht ist.

Naja, “vor kurzem” erschien nur die Zusammenfassung im englischen Guardian. Der Essay selbst ist schon seit 2011 auf Dobellis Website zu lesen. Dobellis Kritik ist denn auch drastischer. Er will nicht anderen Nachrichtenjournalismus, sondern keinen:

Leben Sie ohne News. Klinken Sie sich aus. Radikal. Erschweren Sie sich selbst den Zugang zu News, so gut es geht. Löschen Sie die News-Apps auf Ihrem iPhone. Verkaufen Sie Ihren Fernseher. Greifen Sie nicht nach Zeitungen und Zeitschriften, die in Flughäfen und Zügen herumliegen. Lenken Sie Ihren Blick von den Schlagzeilen ab.

Und der sehr geschätzte Walter van Rossum berichtete schon vor einigen Jahren, wie die Tagesschau “in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht”.

News is bad for you – and giving up reading it will make you happier | Media | The Guardian

„Cicero“ und die Pressefreiheit


06 Mai

Cicero TitelblattFangen wir ausnahmsweise mal von hinten an, bei den Leserkommentaren: “Cicero – Magazin für politische Kultur” hat anlässlich des Welttags der Pressefreiheit am 3. Mai den Beitrag eines Autors namens Wolfgang Bok unter dem Titel “Die Generation ‘G’ unterhöhlt die Innere Pressefreiheit” veröffentlicht. Das sagen die Leser dazu:

“Sehr richtiger und wichtiger Zwischenruf von Herrn Bok. Das mußte mal gesagt werden!” (Fritz Illing)
”Vor allem ist es wunderbar, daß solche Meinungen nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand, sondern in aller Öffentlichkeit zu hören sind.” (Henning Komarow)
”Wenn Unbildung oder Halbbildung auf rot-grüne Einstellung treffen, was will man da von dieser »Schurnallje«noch erwarten?” (Raimund Moenig)
”Wir bekommen doch nur noch zu hören oder Lesen,was bestimmte Kreise möchten. Meiner meinung nach haben wir doch im stillen schon eine Diktatur.” (Wilfried Stein)

Was kann in einem Artikel gestanden haben, der solche Reaktionen hervorruft? Was hat einer in der Hand und im Griffel, das die “Das musste mal gesagt werden”-Fraktion zu derartigen Elogen ermutigt und einige gar schon die Meinungsdiktatur hinterm beschränkten Horizont auftauchen sehen lässt? Was wird da hinter “vorgehaltener Hand” gemunkelt, was ein Autor namens Wolfgang Bok nun endlich “in aller Öffentlichkeit” vernehmen lässt? (mehr …)

Der übelste Job: Zeitungsreporter!


26 Apr
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Foto: Birgit H./pixelio.de

Der amerikanische Dienst CareerCast bietet seit 1988 eine Rangliste der besten und der übelsten Jobs. Beim aktuellen Ranking hat es einen Berufsstand getroffen, der sich selbst für ziemlich unübertroffen hält: die Zeitungsreporter.

Beim ersten Jobs Rated Report im Jahr 1988 landeten Zeitungsjournalisten immerhin noch auf Platz 126 von 200 getesteten Jobs. Im Jahr 2013 ist es mit der Herrlichkeit endgültig vorbei: Zeitungsleute landen im CareerCast-Ranking der “worst jobs” ununterbietbar auf dem letzten Platz, und wie der KressReport ungläubig anmerkt …

… noch hinter Holzfäller (199), Soldaten ohne Offiziersrang (198), Schauspieler (197) und Bohrinselarbeiter (196).

CareerCast bietet auch Gründe für die Unbeliebtheit des Reporterberufs:

Ever-shrinking newsrooms, dwindling budgets and competition from Internet businesses have created very difficult conditions for newspaper reporters, which has been ranked as this year’s worst job …

Während Onlinemedien den klassischen Journalismus bedrängen, werden die Anforderungen an den Journalistenberuf laut CareerCast immer größer. Die zeitlichen Anforderungen seien immens und für Menschen mit Kindern kaum noch zu erfüllen. Anders sehe es in alternativen Kommunikationsberufen wie der PR aus, wo die “work/life-balance” deutlich ausgewogener sei.

Medienexperte Paul Gillin gründete im Jahr 2007 die Website newspaperdeathwatch.com, die ausschließlich über Schließungen oder einschneidende Veränderungen bei Tageszeitungen berichtet. “Zeitungen reagieren einfach überhaupt nicht auf die Veränderung von Konsumgewohnheiten”, meint Gillin. “ Wenn es mit den Zeitungen einmal abwärts geht, dann kann es sehr schnell gehen und ziemlich heftig werden”.

Das US-Branchenmagazin Editor&Publisher weiß zu berichten, dass die Anzahl der täglich erscheinenden Zeitungen in den USA von 1.730 Blättern im Jahr 1985 auf 1.382 zurückgegangen ist. Einige bekannte amerikanische Tageszeitungen wie The Ann Arbor (Mich.) News, The New Orleans Times-Picayune oder The Seattle Post-Intelligencer sind Richtung online migriert oder lassen ihre Printausgaben nur noch zusätzlich zwei- bis dreimal die Woche erscheinen.

Auch in Deutschland wird schon geunkt, wann denn die gedruckten Tageszeitungen endgültig aussterben. Der Eichstätter Journalistik-Professor Klaus Meier hat dazu eine, statistisch nicht ganz zulässige, Trendfortschreibung aus den Auflagezahlen deutscher Blätter unternommen und ist zum Schluss gekommen, dass im 2034 die letzte Zeitung in Deutschland erscheinen wird:

Für Vorträge in diesen Tagen habe ich die Auflagenzahlen der gedruckten Tageszeitungen in Deutschland der vergangenen 20 Jahre in eine einfache Trendberechnung geschickt. Das Ergebnis ist frappierend: Fast alle Werte liegen tatsächlich sehr genau auf einer Kurve, die sich langsam, aber immer stärker senkt. Im Jahr 1992 waren es noch 26 Millionen verkaufte Tageszeitungen, 2002 23,2 Millionen (minus 11%) und 2011 nur noch 18,8 Millionen (minus 19%). Die Statistik sagt uns voraus: 2022 werden noch ca. 11 Millionen Exemplare verkauft – und 2034 ist dann Schluss.

Dass bei solchen Unkenrufen der (Zeitungs-)Journalistenberuf an Reputation verliert, ist verständlich. Auf der Allensbacher Berufsprestigeskala rangieren Journalisten in der unteren Hälfte der Skala, Fernsehmoderatoren belegen gar den letzten Platz.

Allerdings sei an dieser Stelle der nicht tot zu kriegende Satz zitiert, dass bekanntlich Totgesagte häufig länger leben. Trotz der sinkenden Reputation ist der run auf die Medien- und Journalistik-Studiengänge an deutschen Hochschulen nach wie vor fast ungebremst hoch. Und wem einmal beim Schmökern das Ipad in die Badewanne gefallen ist, der wird vielleicht auch nach dem Jahr 2034 noch an der auf Papier gedruckten Tageszeitung festhalten.

CareerCast’s 2013 Jobs Rated Report: Zeitungsreporter ist der übelste Job: kress.de

Motorjournalismus: Champagner bis zum Abwinken?


23 Apr
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Foto: Monika Wallner/pixelio.de

Der ehemalige Pressechef des Autoherstellers Mazda in Europa, Franz Danner, hat tiefe Einblicke in den Auto- und Motorjournalismus gegeben. Danner steht zur Zeit in Köln vor Gericht, weil er den Konzern zusammen mit Komplizen um mehr als 40 Millionen Euro erleichtert haben soll. In dem Prozess hat er freimütig bekundet, wie der Umgang eines Autobauers mit Journalisten aussieht. “Medienlandschaftspflege” wird das genannt, nicht von ungefähr in Anlehnung an die “politische Landschaftspflege”, die ein Herr v. Brauchitsch einst im Flick-Bestechungs-Skandal zugegeben hat.

Wie diese Medienbeeinflussung ausgesehen hat, davon berichtet nun die Berliner Zeitung. “Mein Job war es”, erklärt Danner, “dafür zu sorgen, dass möglichst positive Berichte über die Autos geschrieben und gesendet wurden”. Und das bedeutete im einzelnen:

Um die Autojournalisten „angenehm einzustimmen“, gebe es laut Danner eine relativ einfache Formel: „Super Destination, super Hotel, super Service, super Geschenke“, zählt der PR-Experte auf. Ein deutscher Autokonzern etwa habe einmal zur Präsentation eines neuen Autos nach Sardinien eingeladen. Da habe dann ein Privatjet für 40 Leute am Flughafen bereit gestanden, die Journalisten seien in einem teuren Hotel an der Costa Smeralda untergebracht worden. Andere Firmen würden nach Kapstadt gehen, die Vorstellung eines neuen Modells verbinden mit der Fahrt durch die Wüste nach Namibia. „Je attraktiver der Vorstellungsort, desto besser die Presse“, sagt Danner.

Etwa zehn solcher Events soll Mazda, Danner zufolge, für Autojournalisten veranstaltet haben. Wie dort gehaust wurde, weiß der Ex-PR-Mann drastisch zu schildern:

„Jeder Autojournalist konnte in den Fünf-Sterne-Hotels die Minibar leer trinken, an der Bar Champagner bis zum Abwinken bestellen, alle Dienstleistungen, die solch ein Hotel anbietet, auf unsere Kosten in Anspruch nehmen.“

Das Jahresbudget für die PR-Abteilung der Mazda-Europazentrale in Leverkusen habe bei 15 bis 16 Millionen Euro gelegen. Die Ausgaben für die gezielte Beeinflussung der Journalisten unterlag einer einfachen Kalkulation:

„Wir hatten eine ganz einfache Rechnung: Der durchschnittliche Journalist kostet bei unseren Events drei- bis fünftausend Euro. Bringen musste er einen Gegenwert von mindestens 15.000 Euro. Das haben wir immer geschafft.“

Ob dieses Geschäftsziel erreicht wurde, haben Danners Leute in der Mazda-PR-Abteilung sogar nachgemessen: Wie viel Zentimeter nahm ein Autoartikel in einer Zeitung ein, wie viel Sekunden wurde ein Fahrzeug im Fernsehen gezeigt, wie groß wurde im Internet berichtet?

„Wenn Sie überlegen, was eine Anzeige in Zeitungen oder gar Spots im Fernsehen kosten, war der journalistische Bericht über ein Auto trotz der durchschnittlichen Eventkosten von rund zwei Millionen Euro geradezu billig”.

Zusätzlicher Positiveffekt solcherart beeinflusster Berichterstattung war, dass journalistische Beiträge deutlich glaubwürdiger erscheinen als reine bezahlte Werbung – obwohl es sich in Wahrheit um nichts anderes handelt.

Der Mazda-Konzern wollte sich laut Berliner Zeitung zu Einzelheiten nicht äußern und ging nach eigenem Bekunden davon aus, dass Danner alle Maßnahmen „unter Beachtung unseres Verhaltenskodexes durchgeführt“ habe.

Auffällig ist auch, wie wenig über den Danner-Prozess und die damit verbundene Aufdeckung journalistischer Praktiken berichtet wird. Der News-Aggregator Google News findet zum heutigen Datum gerade einmal neun Berichte: davon speisen sich allein fünf (Kölner Stadtanzeiger, Frankfurter Rundschau und Express) aus der selben Quelle, da sie wie die Berliner Zeitung zum Dumont-Schauberg-Verlag zählen.

Beeinflussung der Presse: Champagner bis zum Abwinken | Medien – Berliner Zeitung

Journalismus-Studie: Armut und Reichtum werden falsch dargestellt


22 Apr
Obdachlos

Obdachlos (Foto: Matthias Balzer/pixelio.de)

Laut einer Studie, die Hans Jürgen Arlt und Wolfgang Storz im Auftrag der Rosa Luxemburg-Stiftung durchgeführt haben, werden Reichtum und Armut in deutschen Medien falsch dargestellt. Untersucht wurden die Tages- und Wochenzeitungen Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Der Spiegel und Die Zeit. Als Beobachtungszeitraum wählten die Autoren die Phase zwischen dem dritten und dem vierten Lebenslagenbericht der Bundesregierung. Insbesondere die Darstellung des gesellschaftlichen Reichtums führt nach Meinung der beiden Forscher in die Irre:

Der blinde Fleck des Journalismus ist die stumme Macht des Reichtums. Es gibt eine Blackbox Reichtum. Eine Auseinandersetzung mit der Macht privater Großvermögen, die ihre Interessen ohne Worte zur Geltung bringen können, findet nicht statt. Der riesige Reichtum in den Händen weniger wird entweder überhaupt nicht kommentiert oder selbst dann nicht genauer durchleuchtet, wenn er kritisch bewertet wird.

Die Autoren der Studie bemängeln auch, dass die Armutsproblematik in Deutschland gerne isoliert dargestellt würde:

Armut wird vorwiegend als isoliertes Problem der Armen dargestellt. Entweder führen sie ihre Armut selbst aktiv herbei oder es gelingt ihnen nicht, unverschuldete Schwierigkeiten zu überwinden. Inwieweit der Staat ihnen helfen soll, ist umstritten. Zu viel Unterstützung untergrabe die Eigeninitiative, argumentieren die einen, zu wenig widerspreche den Geboten der Gerechtigkeit, so die Ermahnung der anderen. Dass beide Auffassungen im selben Medium parallel vertreten werden – ohne dass sie sich diskursiv aufeinander beziehen –, ist fast die Regel.

Die Autoren nennen das auch die “Einfalt der Vielfalt”.  Das bloße Neben- und Gegeneinanderstellen von Positionen, die in den tagespolitischen Auseinandersetzungen ohnehin ständig wiederholt werden, mache noch keine Qualität aus. Auf Telepolis werden Mutmaßungen angestellt, wie es dahin kommen konnte, dass Armut als gesellschaftliches Phänomen in den Medien weitgehend ignoriert wird und was stattdessen die Nachrichtenfaktoren sind, an denen sich journalistische Themenfindung orientiert:

Dafür finden sich allwöchentlich besinnliche Betrachtungen eines in der Gesellschaft angekommenen Mittelstandes, der den Müll korrekt trennt und Wert auf gesundes Essen legt.

Armut und Reichtum in deutschen Medien | Telepolis

Transplantations-Journalismus: Fußballtrainer Klopp und seine Haare


15 Apr

 

Fußballtrainer Jürgen Klopp (Quelle: Wikimedia)

Fußballtrainer Jürgen Klopp (Quelle: Wikimedia)

Es gibt diese Themen, deren Häufigkeitsverteilung in der veröffentlichten Meinung des bundesdeutschen Journalismus einen in der schönen Sicherheit wiegen muss, dass es uns doch eigentlich ziemlich prima gehen müsse: Wenn Zeit und Raum ist, über die Haartransplantationen eines Bundesliga-Fußballtrainers zu berichten, dann scheinen wir ja ansonsten keine Probleme zu haben. Das lehrt ein Blick in diejenigen Gazetten, die neben Atomkriegswarnungen (Nordkorea), Bankenkrise (Zypern), Bürgerkriege (Syrien) oder sonstige Krisenherde (DSDS) auch auf das neugestaltete Oberstübchen des Dortmunder BvB-Trainers Jürgen Klopp hinzuweisen für nötig halten …

Der ganze Beitrag ist jetzt zu lesen im Onlinemagazin Telepolis

 

Presseagentur schafft „illegale Migranten“ ab


10 Apr

Der angeblichen Objektivität oder Wertneutralität der Medien und des Journalismus steht oft schon ein diskriminierender Sprachgebrauch entgegen. Auch scheinbar sachliche Beschreibungen können Wertungen enthalten, die einen vorgeblich objektiven Beitrag in Wahrheit höchst subjektiv und wertend machen können und bei den LeserInnen ihrerseits Wertungen insinuieren. Die weltgrößte Nachrichtenagentur Associated Press wil nun einen dieser diskriminierenden Termini aus dem Sprachgebrauch tilgen, nämlich den Ausdruck „illegale Migranten“, wie Telepolis berichtet:

Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hat letzte Woche angekündigt, den Terminus „Illegaler Migrant“ nicht mehr zu benutzen. Vorgeschlagen wird stattdessen, mit dem Wort „illegal“ nur noch konkrete Handlungen zu beschreiben, etwa einen Grenzübertritt ohne Papiere. Die handelnde Person wäre dann ein „undokumentierter Migrant“. Die Entscheidung der Agentur wird im regelmäßig überarbeiteten „Stylebook“ veröffentlicht, in dem AP seine journalistischen Richtlinien festlegt. Das Buch erscheint sowohl im Internet als auch gedruckt.

Die Liste diskriminierender Ausdrücke ließe sich mit Sicherheit verlängern. Aber der Schritt der Agentur geht mit Sicherheit in die richtige Richtung.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter