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Wie kommen Verräter vor Gericht?


09 Sep

Interessant in den Medien sind ja oft nicht die Antworten, die man findet, sondern die Fragen, die gestellt wurden. Und noch viel interessanter sind jene Fragen, die nicht gestellt wurden. Das zeigt gerade wieder die Berichterstattung über die skandalös späte Rehabilitierung der sogenannten Kriegsverräter während des 2. Weltkriegs.

Denn rehabilitiert wurden jene Opfer der NS-Justiz deswegen nicht, weil es verhindert wurde, und zwar von einer großen Koalition aus CDU und SPD. Gerade die Christlich-demokratische Union tat sich dabei mit Argumenten hervor, die den Tatbestand der Vertuschung von Straftaten darstellen und eigentlich selbst vor Gericht gehören. Dafür bietet etwa die Frankfurter Rundschau ein Beispiel:

Nur der Union ging eine pauschale Rehabilitierung zu weit. Sie fordert eine Prüfung jedes Einzelfalles. Dazu hätten aber alle Urteile der Feldgerichte untersucht werden müssen – etwa 180 000 Akten. Neben vielen Fehlurteilen habe es auch berechtigte Schuldsprüche gegeben, argumentierten CDU/CSU. „Es gab immer wieder Fälle, in denen jemand davon gelaufen ist und dem damaligen Feind gesagt hat, wo die Stellungen der eigenen Kameraden sind“, behauptete etwa Norbert Geis, Mitglied der CSU im Rechtsausschuss.

Was Norbert Geis von der CSU und andere Mitinhaber seiner Geisteshaltung offensichtlich nicht ganz eingesehen haben, ist, dass der 2. Weltkrieg ein von Deutschland schuldhaft angefangener verbotener Eroberungs- und Vernichtungskrieg war. Die Geisteshaltung der Christlich-demokratischen Union ist auch in der weiteren Auseinandersetzung eindeutig – eindeutig daneben nämlich. Zurecht wendet ein Abgeordneter der Linken ein, jeder Geheimnisverrat sei dienlich gewesen, um einen verbrecherischen und verbotenen Angriffskrieg abzukürzen. Doch die Christlich-demokratische Union sieht das offenbar anders:

„Was kann denn überhaupt hochverratsfähig gewesen sei bei einem Vernichtungs- und Angriffskrieg?“, wandte Linkspolitiker Korte ein. „Das ist ein Akt der Selbstverteidigung gewesen, um Menschenleben letztlich zu retten, um Krieg zu verkürzen.“ Schon allein deshalb müssten alle Kriegsverräter rehabilitiert werden. Zudem müsse es zu dem Thema eine Abschlussdebatte im Bundestag geben. Doch die Union blockierte weitere Diskussionen.

Der Militärhistoriker Manfred Messerschmidt führt noch ein anderes Beispiel vor. Nach der Argumentation der Christlich-demokratischen Union wären beispielsweise die Hitler-Attentäter um Claus Schenk Graf von Stauffenberg bis heute nicht rehabilitiert:

„Wenn zum Beispiel Stauffenberg nicht standgerichtlich umgebracht worden wäre, dann hätte er eigentlich vor das Reichskriegsgericht gehört. Diese Urteile sind aber nicht aufgehoben, der würde also heute noch als zum Tode verurteilter Hoch- und Landesverräter gelten, und die feinen Richter, die das veranstaltet haben, denen ist gar nichts passiert.“

Die Deutsche Welle Online verweist noch auf einen ganz anderen Aspekt: Dass nämlich ehemalige Wehrmachtsrichter in der Bundesrepublik Deutschland wieder Karriere machen und so dafür sorgen konnten, ihre eigenen Verbrechen zu vertuschen:

Zypries erinnert in diesem Zusammenhang an die ihrer Meinung nach mangelhafte Aufarbeitung der Justiz im Umgang mit der Rechtssprechung während der NS-Diktatur: „Kein einziger Wehrmachtsrichter wurde für seine Taten zur Rechenschaft gezogen. Stattdessen saßen sie in Justiz, Universitäten und Ministerien und arbeiteten erst an der Vertuschung und dann an der Rechtfertigung ihrer Taten“, sagte die Ministerin anlässlich einer Ausstellung über Deserteure und NS-Wehrmachtsgerichte vor zwei Jahren. Auch das Bundesjustizministerium habe viel zu lange gebraucht, „um sich seiner braunen Vorgeschichte zu stellen“.

Warum fragt in den Medien eigentlich niemand nach der Schuld jener christlich-demokratischen Leugner von NS-Unrecht? Warum stehen eigentlich die Leugner, Vertuscher und Verhinderer der Rehabilitierung nicht vor Gericht? Es muss ja kein Standgericht sein, ein Tribunal standhafter moralischer Anschauungen würde schon reichen.

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