Archive for September 16th, 2009

Wie Zeitungen die Konjunktur hochschreiben


16 Sep

Hipp hipp hurra: Alles ist wieder gut! Waren die deutschen Zeitungen das komplette vergangene Jahr im Hauptsacheverfahren damit beschäftigt, eine Wirtschaftskrise herbeizuzitieren, zu verstärken und mit „Krisen-Tickern“ und Horrorszenarien nach Möglichkeit zu verschärfen, so hat nun irgendein Schriftleiter das Kommando zum Zurückrudern gegeben. Vielleicht war es ja der Schriftleiter des Kölner Stadtanzeigers, denn dort ist heute unter der Überschrift „Konjunktur zieht wieder an“ zu lesen:

Die Essener Wirtschaftsforschungsinstitut RWI hat seine Konjunkturprognose für das laufende Jahr angehoben. Statt mit einem Minus von 6,4 Prozent rechnen die Forscher nur noch mit einem Minus von 5 Prozent.

Allerdings: Von einer „Besserung“ kann hier wohl nicht die Rede sein.Dass ein Minus von 5 % „besser“ ist als ein solches von 6 %, ist eine Rechnung, die selbst Milchbuben und -mädchen zur Ehre gereichen würde, allein ein Minus bleibt ein Minus und die wirtschaftliche Kennziffer wird darob im laufenden Jahr nach wie vor „schlechter“, und zwar drastisch. Alles andere sind Mätzchen. Das hat auch der kluge Analytiker von Telepolis konstatiert, wo er schrieb:

Man nehme: Statistische Tricks, eine fantasievolle Bilanzführung, schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme und Billionen zur Generierung einer erneuten Spekulationsblase – und schon ist die Weltwirtschaftskrise scheinbar überwunden.

Medien wollen die „Rettung“ oder die „Krise“, nur eines wollen sie nicht: ein ausgewogenes und differenziertes Bild. Mag sein, dass die Konjunktur irgendwann wieder anzieht. Vorerst möge sie sich warm anziehen.

Telepolis: Hurra, der Pseudo-Aufschwung ist da

Konjunktur zieht wieder an – Kölner Stadt-Anzeiger

Videokrieg im Wahlkampf


16 Sep

Die Jagd ist eröffnet, die Hörner schallen: Die nordrhein-westfälische CDU macht mit professionellen Fernsehteams Jagd auf die SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft.  Erst kürzlich hatte ein Juso den NRW-Ministerpräsidenten Rüttgers während einer Wahlkampfrede bei ausländerfeindlichen Parolen ertappt. Nun will die CDU offenbar zurückschlagen. Doch was als Erklärung von der CDU zu dem Videokrieg verlautbart wird, macht die Sache nicht besser, sondern schlimmer:

„Natürlich ist uns der Videobeweis wichtig“, sagte NRW-CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst den WAZ-Titeln. „Deshalb machen wir das seit Jahren.“ Auf diese Weise habe die CDU bereits das „Geeiere“ der SPD-Chefin „im Umgang mit der Linkspartei entlarvt“. Weiter heiße es, sämtliche Videos würden nach geeigneten Passagen für Anti-Kraft-Kampagnen ausgewertet.

Dass die CDU auf diese Weise zur „Anti-Kraft“ wird, steht außer Frage.

Konter gegen Rüttgers-Film: NRW-CDU setzt Videoprofis auf SPD-Landeschefin an – SPIEGEL ONLINE

Kfknttlwytzg.com


16 Sep

Zu den Absurditäten der neuen Medienwelt zählt zweifelsohne der “Spam”. Dass diese Form der Gewalttätigkeit durch massenhaft und unverlangt zugesandte Mails und Kommentare nach einem Frühstücksfleisch in Dosen benannt ist, erscheint nicht gerade höflich gegenüber dem Dosenfleisch, das jedenfalls dem Vf. bei dem ein oder anderen Zeltlageraufenthalt einst das Leben rettete. Mittlerweile sind es Roboterprogramme, die gezielt und massenhaft das Netz scannen, um beispielsweise die Kommentarzeilen von harmlosen Bloggern wie dem Vf. zuzumüllen und dabei so sinnfreie Spuren zu hinterlassen wie:

http://kfknttlwytzg.com/
http://nnibzwicvcxh.com/

Dass Medien selbst zur Message werden können, ist einer jener auf Marshall McLuhan zurückgehenden Allgemeinplätze. Hier aber macht sich das Medium zum Sender und greift aktiv in die Kommunikation ein. Jedoch: Handelt es sich überhaupt noch um Kommunikation? Können wir mit Rechnern “reden”? Darüber hat übrigens, und das sei die letzte Bemerkung zum Thema für heute, der Vf. einst in einem Abschnitt eines voluminösen Buches sich wissenschaftlich Gedanken gemacht.

Verlag Königshause & Neumann: Nicht-endende Enden

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter