Archive for April 14th, 2009

Life of Klinsmann


14 Apr

Ist es wirklich „die schlimmste Entgleisung, die es in den deutschen Medien jemals gegeben hat“, wie der Pressesprecher des FC Bayern München, Markus Hörwick, behauptete? Die links-alternative tageszeitung hatte auf dem Titelblatt ihrer Samstagsausgabe Jürgen Klinsmann ans Kreuz genagelt, begleitet von einem Songvers aus dem Monty Python-Klassiker „Life of Brian“: „Always look on the bright side of life“. Nach den blamablen Niederlagen von Klinsmanns hochbezahlter Fußballmannschaft gegen Wolfsburg und gegen Barcelona mag der Trainer allerdings eher Kopf-, als Kreuzschmerzen gehabt haben. Entgleisungen in den Medien sehen jedoch anders aus:

Es lässt sich wohl kaum als „Ausrutscher“ rechtfertigen, wenn zum Beispiel der Volksmusikmoderator Karl Moik Italiener im laufenden ARD-Programm als „Spaghettifresser“ bezeichnen darf. Wenn der Quizmoderator Frank Elstner zum dunkelhäutigen Schlagersänger Roberto Blanco sagen darf: „Sei jetzt ruhig, sonst kommst Du zurück in den Busch“. Wenn die Boulevard-Moderatorin Birgit Schrowange einen Beitrag über Behinderte mit den Worten ansagt: „Es gibt Menschen, die sind so hässlich, dass sie froh sein können, sich selber nie auf der Straße zu begegnen. Wie ein 50-jähriger, der wohl zu den beeindruckendsten Naturkatastrophen unter den Schönheitsidealen gehört“. (aus: Abschalten. Das Anti-Medien-Buch)

Das sind schon eher veritable Entgleisungen. Dagegen ist ein taz-Titelblatt, das satirisch mit den messianischen Erwartungen spielt, die mit der Ankunft Jürgen Klinsmanns beim FC Bayern verbunden waren, doch eher harmlos. Und passend zum Osterfest sollten die Kontrahenten sich, bittschön, die Hände reichen zum Friedensgruß. Naja, wenn sie nicht vernagelt sind …

Staatsanwalt besucht RTL 2


14 Apr

Nicht jeder Flirt ist ein echter Flirt. Wer z.B. auf die offenbar betrügerische SMS-Werbung des Fernsehsenders hereingefallen ist, der hatte es nicht mit echten Flirtkontakten, sondern mit Operatoren in einem Callcenter zu tun. Allein in den Jahren 2005 und 2006 versendeten gutgläubige Fernsehzuschauer insgesamt 500.000 SMS-Nachrichten zum Preis von je 1,99 Euro. Die Fernsehwerbung hatte ihnen vorgekaulelt, dass sie auf diese Weise mit realen Personen Bekanntschaft schließen könnten. „Einen telefonischen oder persönlichen Kontakt hat es nicht gegeben“, erklärte der verantwortliche Oberstaatsanwalt Anton Winkler. Die Staatsanwaltschaft wirft den Betreibern „gewerbsmäßigen Betrug“ vor. Darauf steht Gefängnis bis zu 10 Jahren.

Das Wunder der Handynutzung


14 Apr

Wenn die Presse aus etwas Sensation machen kann, dann, garantiert, tut sie es auch. Sensationelles aus dem Bereich des menschlichen Telefonie-Verhaltens etwa weiß das Handelsblatt zu berichten:

Zwischen 1999 und 2008 hat sich die Nutzung von Mobiltelefonen damit beinahe verfünffacht und seit 2005 fast verdoppelt.

Wieder einmal ein Beleg für die Mathematikschwäche des durchschnittlichen Zeitungsredakteurs. Denn im Lichte betrachtet ist an diesen Zahlen ja nicht viel dran. Wenn man sich überlegt, dass die Mobilfunktechnik in den 90er Jahren überhaupt erst etabliert wurde, ist es kein sonderliches Kunststück, die Nutzungszahlen innerhalb von 10 Jahren zu verfünffachen. Ähnlicher Schmu wäre es, wenn man schreiben würde: „Von 1981 bis 1991 hat sich die Zahl der PC-Benutzer verzehnfacht“. Denn 1981 wurde überhaupt erst der PC auf den Markt gebracht, es gab also vorher schlichtweg keine Nutzer. Ebenso können wir davon ausgehen, dass die Benutzung des Faustkeils sich in den ersten hunderttausend Jahren nach seiner Erfindung verzigfacht haben wird. Vielleicht sollte darüber das Handelsblatt einmal schreiben.

 

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter