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Nicht-Meldung: Fox-Moderator flüchtet aus Studio


14 Aug
Foto: The Heart Truth/Wikicommons

Foto: The Heart Truth/Wikicommons

„Das ist doch eine Nicht-Meldung!“ Mit diesen Worten verließ Fox-News-Moderator John Brown die eigene TV-Sendung, nachdem er einen Beitrag über Haustierzuwachs im Hause Kardashian ansagen sollte. Den Inhalt der „Nicht-Meldung“ könnte man ungefähr so wiedergeben:

Kylie Jenner, die Schwester von  Kim und Chloe Kardashian, hat ihr neues Haustier, einen Hasen, „Bruce“ genannt — wie ihren Vater Bruce Jenner, einen ehemaligen Zehnkämpfer, der sich vor einer Weile als transsexuell outete und nun den Vornamen Caitlyn trägt.

„Jeden verdammten Tag berichten wir über diese dumme Familie. Ich will das nicht mehr!“ Mit diesen Worten ließ Brown seine Kollegin Amy Kaufeldt alleine im Studio sitzen. Aus dem Hintergrund hörte man den fassungslosen Nachrichtenmann rufen:

„Es ist mir egal. Diese Familie. Diese Familie geht mit so auf den Sack! Ich halte das nicht mehr aus. Das ist doch eine Nicht-Meldung! Jeden verdammten Tag sprechen wir in unserer Show über diese verdammte Familie. Niemand interessiert sich mehr dafür.“

Während Brown sich auf seiner Facebook-Seite anschließend für den Auftritt entschuldigte, wird er von vielen Internet-Usern als Held der Medienkritik gefeiert. Denn in der Tat werden weite Teile des TV- und Online-Journalismus mittlerweile mit „junk news“ bestritten. Der Begriff leitet sich vom „junk food“, also minderwertigen Nahrungsmitteln, ab und wurde erstmals von Carl Jensen, dem Begründer des „Project Censored“, benutzt. Jensen meinte damit sensationalistische, personalisierte und gleichgeschaltete Trivialitäten, die wie echte Nachrichten daherkämen und seriös recherchierten Journalismus verdrängen würden.

https://www.youtube.com/watch?t=16&v=xdH_RNSXn8k

Unterdrückte Nachrichten 2013


16 Jul
Wichtige Nachrichten landen oft im Papierkorb (Foto: Birgit H./Pixelio.de)

Wichtige Nachrichten landen oft im Papierkorb (Foto: Birgit H./Pixelio.de)

Die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) hat auch in diesem Jahr wieder die 10 am meisten in deutschen Medien unterrepräsentierten Nachrichten gekürt. Hier die Auswahl:

  • 1: Wie Richter ohne Kontrolle Geld aus Prozessen verteilen
  • 2: Das Geschäft mit der Abschiebepraxis
  • 3: UN-Welternährungsprogramm ist intransparent
  • 4: Fehlende Kontrolle von Au-Pair-Agenturen in Deutschland
  • 5: Die gehörlose Generation
  • 6: E-Discovery: deutsche Unternehmensdaten für die USA
  • 7: Bonuszahlungen für Ärzte – auch bei nicht zugelassener Medikation
  • 8: Voluntourismus: Geschäfte mit  der guten Tat im Ausland
  • 9: Waffenexporte werden unzureichend kontrolliert
  • 10: Polizeiliche Demonstrationsverbote für rechtswidrig erklärt

Es kann verschiedene Gründe geben, warum ein Thema von Medien nicht aufgegriffen wird. Jury-Mitglied Christian Schicha erklärte im WDR:

So seien viele Themen zu kompliziert und erforderten zu viel Hintergrundwissen, um sie so zu veranschaulichen, dass sie vom Publikum verstanden werden. Gleichzeitig stünden Medien unter finanziellem Druck und seien deshalb gezwungen, ihr Angebot nach dem Interesse der Konsumenten zu richten. Laut Schicha hätten Redakteure auch immer weniger Zeit um kritisch zu recherchieren.

Die Süddeutsche spricht denn auch etwas poetisch von „vergessenen Nachrichten“. Der Gründer der Initiative, der Bremer Professor Peter Ludes, sieht die INA dagegen eher in der Nähe des amerikanischen „Project Censored„. Dieses Projekt verortet sich deutlich politischer und spricht unverhohlen von „Zensur“, wenn es um die Vernachlässigung von Themen in und durch die Medien geht.

Einige der von der INA ausgewählten Nachrichten haben durchaus Aufreger-Potential: Deutsche Richter haben jährlich um die 100 Mio. Euro aus Geldauflagen zu vergeben, ohne dass dies öffentlich kontrolliert würde; Lebensmittelaufkäufe des UN-Welternährungsprogramms erfolgen womöglich nicht politisch und ökologisch korrekt bei lokalen Kleinbauern, sondern bei riesigen Lebensmittelkonzernen; und amerikanische Firmen haben durch das US-amerikanische Prozessrecht mittels „e-disvovery“ die Möglichkeit, recht einfach an sensible Daten deutscher Firmen zu gelangen.

Themenvorschläge können von jedem auf der Website der Initiative eingereicht werden. Studentische Rechercheteams an sechs Hochschulstandorten recherchieren das Jahr über die Themen und überprüfen sowohl deren Relevanz als auch die Frage, ob sie tatsächlich in deutschen Medien unterprepräsentiert sind. Aus über 200 Themen werden dann ca. 30 der Jury vorgelegt.

Der Verfasser dieser Zeilen ist auch Mitglied der Jury der Initiative Nachrichtenaufklärung.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter