Bitte mehr Zeitungssterben

30 Jul

Schwarzwaelder_Bauernhaus_um_1900  Das Gespenst des Zeitungssterbens geht um in Europa. Gerade die Lokal- und Regionalzeitungen in Deutschland werden immer wieder als Argument für das Pressewesen herangezogen, um eine allem Anschein nach bewahrenswerte Zeitungskultur am Leben zu erhalten.  334 Lokal- und Regionalzeitungen werden zum Teil im Abonnement vertrieben, mit einer Gesamtauflage von 14,85 Millionen. Global denken, lokal schreiben: Das sei das rettenswerte Motto dieser Medien. Aber in welcher Sprache schreiben die Lokaljournalisten eigentlich?

Die Urlaubszeit verschaffte mir das zwiespältige Vergnügen, den Schwarzwälder Boten eine Zeitlang verfolgen zu dürfen. Da liest man dann Überschriften wie:

Der Pott Klinik gerät allzu leicht in schwere See

Bedeutet “leicht ins Schwere” zu kommen das Gleiche wie “schwerfällig ins Seichte”? Oder kommt man nur schwer in leichte See, wenn man es leichthin schwer hat? Schon diese Fragen machen einen irgendwie schwermütig. Schwer wird es auch, wenn die Redakteure des Schwarzwälder Boten sich bemühen, ganz leicht und salopp zu formulieren. Dann nämlich geschehen Sprachunfälle wie dieser:

Ein vorläufiger Stopp des umstrittenen Milliarden-Projekts Stuttgart 21 kommt für die breite Mehrheit des (…) Landtags nicht in die Tüte.

Der Stopp in der Tüte kommt so ein bisschen daher wie der Fänger im Roggen oder der Quatsch mit Soße. Vielleicht haben die Landtagsabgeordneten in Stuttgart auch nur in die Tüte gesprochen, aber dann tun sie’s immer noch auf schwäbisch und dann heißt’s “Tütle”.

Richtig spekulativ wird es sprachlich wie inhaltlich in einem Artikel über die bevorstehende Hochzeitsfeierlichkeit der Ex-Präsidententochter Chelsea Clinton. Denn da wird über die Festivitäten spekuliert, was das Zeug hält, und das sogar von leibhaftigen Spekulanten:

Spekulanten sehen bis zu 500 geladene Gäste auf der Liste.

Da steht wohl die erste börsennotierte Trauung bevor. Der Schwarzwälder Bote traut sich eben was. Im ONline-Angebot des Boten wurde diese schmissige Spekulation übrigens zwischenzeitlich getilgt: Wohl Angst vor der eigenen Traute? Bitte mehr Zeitungssterben!

Chelsea heiratet: Die Geheimakte Clinton – Schwarzwälder Bote

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Italien: Wenn Journalisten zu sehr schweigen

09 Jul

Es gibt ja verschiedene gute Gründe für Journalisten, einfach mal den Mund zu halten. Nicht der schlechteste ist der, weswegen Journalisten überall in Italien heute in den Streik getreten sind. Die Zeitung, die leider nie schweigt, nämlich der Kölner Stadtanzeiger, weiß zu berichten:

Der Protest richtet sich gegen das "Maulkorbgesetz" der Mitte-Rechts-Regierung, das unter anderem drastische Strafen für Medien und Journalisten vorsieht, die "unrechtmäßig" Ermittlungsakten oder mitgeschnittene Gespräche veröffentlichen.

Nota bene, der Initiator des Gesetzes, der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi, ist als Medientycoon selbst einer der größten Zeitungsherausgeber Italiens. Auch Berlusconi schweigt leider nie. Stattdessen formuliert er ein Gesetz nach dem anderen, das, für Außenstehende offensichtlich, nur den einzigen Zweck hat, ihn selbst, seine mutmaßlich nicht immer sauberen Gesetze und seine ebenfalls mutmaßlich kriminellen Verbindungen beispielsweise zur organisierten Kriminalität zu decken.

Der Widerstand der Journalisten reicht von rechtsliberal bis links. So wollen sich Zeitungen wie "Corriere della Sera", "la Stampa" und "La Repubblica" an dem Protest beteiligen. Ihrer Ansicht nach ist der Gesetzentwurf, der den Senat schon passiert hat und Ende Juli von der Abgeordnetenkammer behandelt werden soll, nicht hinnehmbar. Vor einer Woche hatten in Rom bereits Tausende von Journalisten, Kulturschaffenden und Oppositionellen gegen das Gesetz demonstriert. Dazu hatte der Journalistenverband FNSI aufgerufen, der auch den "Informations-Blackout" organisiert.

Das Maulkorb-Gesetz verneint das Bürgerrecht auf Information An Berlusconi verzweifeln heißt an Italien verzweifeln. Denn des Cavaliere Regierungsgebahren erinnert doch zu sehr an das Geschäftsgebahren jener ehrenwerten Männer, in deren Würgegriff Italien in weiten Landesteilen zu einer heruntergekommenen, unregierbaren und korrupten Weltgegend verkommen ist. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Berlusconi demokratisch gewählter Ministerpräsident jenes Landes ist, das mit der Seele zu suchen wir Deutschen immer noch nicht lassen können. “Demokratisch” versteht sich in jenen engen Grenzen, die das Amalgam aus Wirtschaftspower und Medienmacht zieht, die sich Berlusconi auf mutmaßlich nicht völlig saubere Weise verschafft hat. Diese Mutmaßungen jedenfalls legt nicht zuletzt er selbst mit seinen immer bizarreren Gesetzesinitiativen sehr nahe. Ein Mann mit sauberer Weste hätte solche Gesetze nicht nötig. Und was den Journalistenstreik angeht: Ein Tag ohne Tageszeitung muss kein schlechter Tag sein.

Il senso del silenzio – Repubblica.it

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König Fußball schlägt Aufklärung

08 Jul

Ein sehr interessanter Artikel über die Programmpolitik der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten während der Fußball-Weltmeisterschaft findet sich aktuell bei Telepolis:

Wenn die Griechen einst zum Kampf der Wagen und Gesänge nach Olympia riefen, konnten sie sicher sein, in Frieden anreisen zu können. Denn das „olympische Händehalten“ war ein Waffenstillstand, der schon 10 Monate vor den Spielen begann und allen Athleten, Künstlern und Zuschauern eine sichere Anreise und einen ungestörten Verlauf der Spiele garantierte.
Heutige sportliche Großereignisse sind kein Garant mehr für friedliche Zeiten, jedenfalls was den sozialen Frieden angeht: Steigende Sozialbeiträge, Kürzungen im Sozialbereich, insolvente Krankenkassen sind die heutigen Kriegserklärungen, die geschickt in Phasen sportlicher Euphorie lanciert werden. Das Stillhalteabkkommen, das heute herrscht, ist ein anderes, nämlich das zwischen Politik und Medien.
Im deutschen Fernsehen, dem öffentlich-rechtlichen zumal, herrscht während der Fußballweltmeisterschaft in gesellschaftspolitischer Hinsicht Funkstille. Polit-Talks, Wirtschaftsmagazine und andere kritische Sendungen, von den Rundfunkanstalten gerne als die Flaggschiffe öffentlich-rechtlichen Journalismus‘ hochgejazzt, gehen auf Tauchstation.

Wer den kompletten Artikel eines uns nicht gänzlich unbekannten Autors lesen möchte, findet ihn hier:

TP: König Fußball schlägt Aufklärung

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Medienwächter rügen ProSieben-Nachrichten

07 Jul

Rügen ist nicht nur eine Insel, sondern auch die Waffe der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK). Das ist zwar ein harmloses, aber doch peinliches Mittel, um die schlimmsten Verfehlungen der Medienwelt wenigstens dingfest zu machen. Der Vorwurf der Medienwächter lässt auch tiefe Einblicke in die Arbeitsweise der Medienmenschen zu:

Beanstandet wurde ein Nachrichtenbericht in der ProSieben-Sendung Newstime über den Freitod des Fußballspielers Robert Enke. In dem Beitrag war aus der Entfernung gefilmt zu sehen, wie Enkes Witwe am Unglücksort eintraf. Ihre Fragen an die Polizei hatte die Redaktion untertitelt, weil sie akustisch auf dem Filmmaterial schwer verständlich waren.

Damit hat die Redaktion nach Auffassung der ZAK „die Persönlichkeitsrechte von Frau Enke nicht gewahrt und damit gegen journalistische Grundsätze verstoßen“. Wie mitgeteilt wurde, hat sich der Sender inzwischen bei den Medienwächtern entschuldigt.

Meedia: Medienwächter rügen ProSieben-Nachrichten

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taz: Die Machtergreifung der Medien

05 Jul

Eine schöne Fundstelle bei der taz online brachte diese Glosse über die Machtergreifung der Leitmedien von Tom Schimmeck:

BERLIN, 3. Juli 2010 taz | Zwei Wochen nach dem spektakulären „Presseputsch“ mühen sich Deutschlands neue Machthaber um eine Beruhigung der Lage. Kai Diekmann (vormals Bild), am vergangenen Mittwoch nach einer stürmischen Nachtsitzung im ehemaligen Kanzleramt zum Vorsitzenden des „Rates der Pressegeneräle“ gewählt, sprach von einer „notwendigen Konsolidierung“. Stolz präsentierte er ein persönliches Glückwunschtelegramm von Papst Benedikt.

„Die Machtübernahme durch die Leitmedien“, erläuterte Diekmanns Vorgänger Dirk Kurbjuweit (ex Spiegel) vor ausgewählten Schreibsoldaten im Café Einstein Unter den Linden, habe man „eben hier“ bei einem zufälligen Treffen führender Alpha-Journalisten „spontan beschlossen“. Allen Anwesenden sei ein Putsch plötzlich „als einzig logische Folge“ ihrer Kommentare und insbesondere des Spiegel-Titels vom 14. Juni („Aufhören!“) erschienen.

Der ganze Beitrag findet sich hier:

Die Machtergreifung der Medien: „Ein Akt nationaler Notwehr“ – taz.de

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Noch ein sterbendes Medium: Microsoft Kin

02 Jul

Vor drei Monaten erst hatte die Softwarefirma Microsoft ein komplett selbstentwickeltes Handy mit einem eigenen Betriebssystem, dem Windows 7 Phone, angekündigt. Jetzt hat der „Computergigant“ die Entwicklung vollständig eingestellt, sogar die entsprechende Abteilung des Hauses aufgelöst und damit, wie der Internetdienst neuerdings.com witzelt, das Kin mit dem Bade ausgeschüttet:

Das Kin hatte es auch nicht leicht. Zum einen war das Design nicht gerade herausragend, zum anderen stand die Ausstattung dem schlechten Aussehen in nichts nach. Eine geschlossene Plattform, keine Applikationen nur die sozialen Netzwerke wurden berücksichtigt. Man zielte auf die Jugend, doch die hat sich längst bei Samsung, HTC und Apple eingelebt.

Microsoft und BurgerKing: „Whopper 7“

Burger_King_7 Auf anderem Gebiete dagegen hat Microsoft durchaus erfrischende Neuerungen aufzubieten. In Japan ist die Firma eine Kooperation mit der Hamburgerkette BurgerKing eingegangen und hat den „Whopper 7“ herausgebracht. Eine völlig neue Möglichkeit, den Kunden sein neues Betriebssystem „schmackhaft“ zu machen, scheine der US-Softwareriese Microsoft gefunden zu haben, wie die österreichische Kronenzeitung räsonniert. Die Besonderheit: 7 Lagen Fleisch.

Der Windows-7-Whopper hat 2.500 Kalorien, ist 13 Zentimeter hoch und kostet 777 Yen, umgerechnet rund 5,60 Euro. Allerdings gilt dieser Preis nur für die ersten 30 Kunden am Tag, danach müssen hungrige Mäuler das Doppelte zahlen.

Angesichts der sperrigen Abmessungen dürfte sich der Ansturm auf den Windows-Whopper allerdings in Grenzen halten. „Es ist unmöglich, ihn zu essen“, sagte eine Käuferin des Mega-Burgers gegenüber der „Daily Mail“. Und ergänzte: „Ich muss unbedingt duschen, nachdem ich das Ding gegessen habe. Das ganze Fett läuft mir den Arm hinab.“

Microsoft-Witze

Einige Entwicklungen der Firma aus Redmond kommen ja wie ein Witz daher. Da erstaunt es nicht, dass auch spezifische Microsoft-Witze im Internet kursieren. Zum Beispiel dieser hier: Wie viele Windows-Benutzer braucht man, um eine Glühbirne auszutauschen? Gar keinen, denn Microsoft definiert DUNKEL einfach als neuen Industrie-Standard.

Microsoft Kin: Das Kin mit dem Bade ausgeschüttet » neuerdings.com

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Public Viewing als Bestattungsritual

01 Jul

Die Hörer des WDR-Jugendablegers 1live hatten ja erwogen, das Ereignis „Rudelgucken“ zu nennen. Durchgesetzt hat sich aber doch der Begriff „public viewing“ für eine neue Form massenhypnotischen Medienkonsums, insonderheit bei Fußballgroßereignissen wie einer Weltmeisterschaft. Sprachlich übrigens ein „false friend“, also einer jener Termini, die nur englisch klingen, aber in Wahrheit in der Originalsprache gar nicht oder ganz anders verwendet werden. So weist ein kluger Kopf bei Spiegel Online darauf hin, dass „public viewing“ vor allem in den USA ein Bestattungsritual bezeichnet:

Public viewing heißt eigentlich Aufbahrung des Leichnams, öffentliches Totenbegängnis. Ist manchmal ja auch was Wahres dran. Siehe England.

So findet sich im Netz zum Beispiel ein kleiner Bericht bei BBC online, in dem es um die öffentliche Aufbahrung des verstorbenen Papstes Johannes XXIII. geht:

Public viewing for former Pontiff

The casket containing the embalmed body of the former Head of the Roman Catholic Church, Pope John the twenty third, is being put on display in Saint Peter’s basilica in Rome later today Sunday.

Vom Sporterfolg zur Beerdigung: In den Medien nur ein kurzer Weg. Amen.

Public Viewing – Wikipedia

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Wieder mal stirbt ein Medium: Der Videotext ist tot

30 Jun

Videotext Wenn es nach den Experten beim derzeit in Köln tagenden Medienforum NRW geht, ist der Videotext 30 Jahre nach seiner Einführung Geschichte: Der Videotext ist tot, es lebe HbbTV. Letzteres Abkürzungsungetüm steht für Hybrid broadcast broadband TV und bietet eine Möglichkeit, von denen vor allem private Medienanbieter bisher nur träumen können: Man kann unter Umständen damit Geld verdienen.

Hinter dem komplizierten Begriff mit den zwei Broad-Worten verbirgt sich eine Verbindung des klassischen Fernsehprogramms mit den Möglichkeiten des Internets – Hybrid-TV. Mittlerweile hat die Technologie Marktreife erlangt. Derzeit stehen in deutschen Haushalten laut einer Erhebung der GfK 1,5 Millionen HbbTV-fähige Endgeräte. Bis Ende kommenden Jahres sollen es Schätzungen zufolge bereits mehr als 6 Millionen sein.

Was allerdings passieren könnte, ist, dass die Erwartungen, die nun an den neuen Standard HbbTV geknüpft werden, ähnlich vermessen sind wie einst beim Videotext. So schrieb Jakob Schrenk in seinem Beitrag „Höflich im Hintergrund“, den die ARD zitiert:

Die religiösen Hoffnung, die sich heute mit dem weltweiten Netz verbinden, wurden lange Zeit auch dem Videotext entgegen gebracht. Einige fantasierten von Fernüberweisungen und Weltnetz und davon, dass der Videotext die Zeitungen ablösen werde. Andere prophezeiten hingegen das baldige Ende des Dienstes. Es spricht für das Zwittermedium Teletext, dass weder das eine noch das andere eingetreten ist. Stattdessen wartet der Videotext immer noch höflich im Hintergrund, wie ein etwas in die Jahre gekommener Diener. Per Fernbedienung klingeln wir ihn herbei. Und mit einer einzigen Fingerbewegung schicken wir ihn wieder weg.

DAs Medium ist tot, es lebe das Medium.

DWDL.de – Innovation: Der Videotext ist tot, es lebe HbbTV

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Innenminister: Recht auf Dummheit für Internetnutzer

23 Jun

Bei einer Rede im Deutschen Technikmuseum in Berlin hat der Bundesinnenminister de Maizière 14 Thesen zur Netzpolitik aufgestellt. Darin fordert er einen digitalen Verbraucherschutz, der auch eine Art Verfallsdatum für private Daten im Internet vorsieht. „Digitaler Radiergummi“ nennt das die Tageszeitung Die Welt:

Eine deutsche „Netzpolitik“ muss sich de Maizière zufolge an Werten wie Freiheit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung orientieren. „Dazu gehört auch die Freiheit, Dummheiten zu begehen“, sagte der CDU-Politiker. Gewährleistet werden müsse aber, dass andere durch Aktivitäten im Internet nicht zu Schaden kämen.

Der ganze Bereich der neuen Technologien sträflich lange Zeit von der Politik schlicht ignoriert wurden. Unser Datenschutzrecht stammt in den Grundzügen aus den 70er Jahren: Für die heutigen datenschutzrechtlichen Probleme existierten zum größten Teil damals noch nicht einmal die Begriffe. Der politische und vor allem gesetzgeberische Anspruch liegt offen zu Tage.

Digitaler Radiergummi

Das Recht auch auf Löschung der Daten hat nun Minister de Maizière klar formuliert. Wie das aussehen könnte, dafür hat der Minister offenbar schon recht klare Vorstellungen:

Um die Selbstbestimmung zu stärken, brauchen die Nutzer laut de Maizière mehr Verfügungsgewalt über die eigenen Daten. Beispielsweise möchte er das Auskunfts- und des Widerspruchsrecht im Internet stärken. Damit Klatsch und Tratsch im Netz nicht ewig erhalten bleiben, kann er sich einen „digitalen Radiergummi“ vorstellen und ein Verfallsdatum, das man an seine Daten anfügen könne. Denkbar ist für den Minister ein „Recht auf Vergessen“ oder ein Verbot, bestimmte Inhalte durch Suchmaschinen indexieren zu lassen. „Hilfreich wäre in vielen Fällen schon ein sogenanntes Indexierungsverbot, bei dem Suchmaschinenbetreiber verpflichtet werden, bestimmte markierte Einträge bei den Suchergebnissen nicht anzuzeigen“, schlug de Maizière vor.

Was ist eigentlich, wenn nachweislich etwas Falsches über mich im Internet behauptet wird? Auch das möchte der Politiker gerne künftig geregelt wissen:

Er regte zudem an, für das Internet etwas Ähnliches wie den presserechtlichen Anspruch auf Gegendarstellung zu schaffen. Dies könnte mit einem Anspruch des Betroffenen gegenüber Betreibern von Suchmaschinen verbunden werden, „die eigene Darstellung auf Platz eins der Trefferliste zu setzen.“

Gut, wenn der Berg jetzt begonnen hat zu kreisen. Steht zu hoffen, dass er nicht nur eine Maus gebiert.

Digitaler Radiergummi für jeden Bürger – Nachrichten welt_print – Politik – WELT ONLINE

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Ipad im Bundestag verboten

22 Jun

Das Ipad, ein Tablett-PC der Firma Apple, hat, speziell in der Presselandschaft, sogar schon vor seinem Verkaufsstart solchen Wirbel erzeugt, dass es einen wünschen ließ, es würde verboten, bevor es so richtig Verbreitung fände. Nun sind zwar die Zeiten vorbei, da das Wünschen noch geholfen hat, aber manchmal gibt es eben doch Beistand, sogar von alleroberster Stelle:

Das iPad sorgt selbst im Bundestag für Aufsehen. Der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz brachte bei einer Wortmeldung kein gedrucktes Manuskript, sondern ein iPad ans Rednerpult. Einer der Bundestagspräsidenten wies ihn später darauf hin, dass dies gegen die Vorschriften verstößt.

Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags ist in medienkritischer Hinsicht vorbildlich:

Im gesamten Plenarsaal sind laut Geschäftsordnung Notebooks (außer für Journalisten auf der Tribüne) verboten.

Schließlich ist der Bundestag ein Parlament. Das Wort kommt von „parlare“ und bedeutet „miteinander sprechen“. Bundestagsabgeordnete, die wie Monaden hinter ihren Bildschirmen lauern, sind der direkten Kommunikation in dem demokratischen Gremium vermutlich eher abträglich. Leider sehen das nicht alle europäischen Parlamente so:

Vorbildlich zeigt man sich in dieser Frage im Ausland schon länger, etwa in  Estland. Alle Sitze im Parlament sind  dort mit Laptops ausgestattet, abgestimmt wird per Mausklick. Nach jeder Parlamentsdebatte kann der aktuelle Stand von Gesetzesentwürfen den Rechnern angesehen werden.
Vorreiter in der Computer-Frage gibt es aber auch in Deutschland: Abgeordnete des Bayerischen Landtages können seit Dezember 2005 an ihren Plätzen mit Notebooks arbeiten. „Rund drei Viertel  der Parlamentarier nutzen das auch eifrig“, so eine Sprecherin.

 Der Nerd-Abgeordnete möchte die Geschäftsordnung des Bundestags jetzt ändern lassen:

Schulz setzt sich für eine Änderung ein. „Die Zeiten von Telefax und Telex sind vorbei: Auch der Bundestag sollte sich für neue Medien öffnen“, so der 41-Jährige. „Wir als FDP plädieren dafür, dass die Nutzung digitaler Aktenmappen im Plenum möglich wird. Es kann doch nicht sein, dass wir weiterhin Berge von Akten mit uns herumschleppen.“

Die Zeiten, in denen im Parlament parliert wird, sind dann wohl vorbei. Künftig wird gesurft, gedaddelt und gechattet. Das nennt man dann wohl Post-Demokratie.

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Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter