Günther Jauch: Das große Missverständnis

27 Jun

Günther Jauch: Polit- oder Unterhaltungsjournalist?

Wann hat man es als Journalist eigentlich „geschafft“? Wenn man eine eigene Talkshow in der ARD angeboten bekommt? Oder wenn das als so relevant erscheint, dass das Nachrichtenmagazin Der Spiegel darüber ein vierseitiges Interview führt? Günther Jauch hat beides geschafft, er hat es also „geschafft“. Wirklich?

Ab dem 11.9.2011 soll der Fernsehjournalist die nach persönlich benannte Polittalkshow „Günther Jauch“ moderieren. Immer sonntags, nach dem „Tatort“. ARD-Spitzen haben ihn im Vorfeld, laut Spiegel, als „Großmeister der journalistischen Unterhaltung“ bezeichnet. Aber das genau ist sein größtes Problem.

Günther Jauch war nie politischer Journalist. Das von ihm moderierte TV-Magazin Stern TV war, bestenfalls, gehobener Boulevard: sensationsheischend, manchmal reißerisch, oft belanglos. Wenn Jauch sich in der Sendung mit Politik befasst hat, war dies ein Kollateralschaden anderer Angriffsziele, nämlich der möglichst großen Emotionalisierung, insbesondere durch Personalisierung aller Geschichten und Themen. Aber wenn Jauch schon kein Politjournalist ist, darf er denn wirklich als Unterhaltungskünstler gelten? Wie unterhaltsam ist Günther Jauch?

In den 80er Jahren fiel er erstmals auf: Als Sidekick in der Radiosendung von Thomas Gottschalk auf Bayern 3. Gottschalk war unterhaltsam, Jauch war der Streber. Im Fernsehen die gleiche Arbeitsteilung: Jauch durfte in „Wetten dass“ Außenwetten moderieren. Der Plauderer im Studio war er nicht. Und sein guter Ruf als Moderator von „Wer wird Millionär“ rührt wohl kaum von seinem Charisma her, das hat er nämlich nicht. Im Gegenteil verbindet er den Charme eines Studienrats (wenn auch eines guten) mit dem trockenen Humor eines Stammtischmitglieds, das aus gesundheitlichen Gründen auf den Genuss alkoholischer Getränke verzichtet.

Vielleicht ist es Ironie der Mediengeschichte, dass die Auftaktsendung ausgerechnet am Jahrestag der Anschläge aufs New Yorker World Trade Center (Nine-Eleven) stattfindet. Für Jauch wird sich der Ausflug in die ARD auf jeden Fall lohnen – immerhin ist er schon im Spiegel interviewt worden. Für die ARD könnte es aber ein Ground Zero werden.

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One Response

  1. FF sagt:

    Sehe ich genauso. Ein Problem von Jauch ist zudem, daß sein spezieller ¨Charme“, wie übrigens auch der von Gottschalk, letztlich pubertär, irgendwie pennälerhaft ist. Das heißt: Jugendlichkeit – tatsächliche oder mühsam zurechtgeschminkte – zwingend voraussetzt. Stichwort „Schwiegermutterliebling“.
    Weder Gottschalk noch Jauch haben es geschafft, diese ihre juvenile Schulhof-Attitüde über die Jahre zu retten, zu modifizieren, irgendwie durch Reife zu bereichern. Ihre Art Unterhaltung funktioniert normalerweise nur bis Mitte, Ende 30. Dann wird’s peinlich.
    Gottschalk wirkt inzwischen säftelnd und peinlich altherrenhumorig, Jauch altbacken, zahnlos, müde und seltsam entrückt. Beide sind aus der Zeit gefallen.

    PS.: Eine wichtige Rolle spielt bei beiden die Frisur. Weder Gottschalk noch Jauch etwa wären mit gelichtetem Haupthaar vorstellbar – das würde zu stark mit ihrem simulierten Alter von unter vierzig kollidieren.

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