Bild wieder mal auf Penis-Niveau

26 Sep

Dass die Bildzeitung ein penibles Blatt sei, lässt sich vor allem mit der Bevorzugung Penis-naher Themen begründen. Und dass nicht erst, seit die alternative (?) tageszeitung (taz) den Penis von Chefredakteur Kai Diekmann zum Thema und damit auch gerichtskundig gemacht hat. Jeder Vorwand, und sei er noch so nichtig oder niedrig, wird genutzt, um Geschlechtsteile jedweder Couleur zum Thema zu machen. Selbst als “Verriss” oder moralinsaure Gardinenpredigt getarnt, schafft es das Blatt, den Penis fröhliche Urständ’ feiern zu lassen. Die Rede ist hier von der heutigen Ausgabe der “Bild am Sonntag” (BamS), deren sonntäglicher Tiefsinn so tief geht, dass er bis in die Unterhosenregion reicht. Man nimmt die samstägliche Ausgabe der RTL-Fernsehsendung “Supertalent” zum Anlass, sich betroffenheitstriefend und schamtrunken über “Penis-Malerei und Busen-Karate” zu echauffieren und fragt so scheinheilig, wie die meisten Heiligen eben einmal sind:

“- wie tief geht’s noch, RTL? (…) Willkommen im tiefen Tal des Trash-Fernsehens!”

Was sich da zum Sittenrichter aufspielt, ist das Trash-Medium par excellence, und gerade die “Bild am Sonntag”, nota bene, jenes Blatt, das seinen Relaunch vor vier Jahren mit dem Slogan “mehr Bums in BamS” garnierte.

Die Bildzeitung als “moralische Instanz”?

Ist die Bildzeitung eine moralische Instanz? Selbstverständlich ist sie das, ebenso wie das pornographische Werk des Marquis de Sade oder der Autor von Mein Kampf moralische Instanzen sind. Sie alle sind in ihrer moralischen Aussage ungeheuerlich, nämlich ungeheuerlich banal. Das meint der französische Soziologe Pierre Bordieu, wenn er vom „Moralingehalt“ schreibt und Journalisten zu „Verkündern einer typisch kleinbürgerlichen Moral“ ernennt. Und der Mainzer Publizistikprofessor Hans Mathias Kepplinger stellt fest: „Die Bildzeitung ist eine der wichtigsten Quellen für moralische Urteile in der Bevölkerung“. Die Moral, die hier vertreten wird, ist die des schlecht informierten hinterwäldlerischen spießbürgerlichen Zeitgenossen, sprich: des ganz gewöhnlichen Deutschen im 21. Jahrhundert. Geschätzte 12 Millionen Menschen lesen täglich in der Bildzeitung. Man kann sie nicht alle exkulpieren und mit dem angeblich guten Sportteil herausreden. Sie haben die Bildzeitung zu dem gemacht, was sie ist, nämlich dem mächtigsten und einflussreichsten Blatt der Republik, das sich unwidersprochen „Meinungsführerschaft“ auf die Brüste schreiben darf. Bundeskanzler des rechten wie des linken Lagers haben ihre Regierungssprecher aus den Reihen der Bild-Redaktion bestellt. Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte, ohne rot zu werden, er benötige zum Regieren nur „Bild, Bams und Glotze“. Hier wird Politik vom eigenen Spitzenpersonal zwischen Schlagzeilen wie „Kniete sie vor ihm nieder und befriedigte ihn?“ und Anzeigentexten wie „Bin ich eine Schlampe weil ich immer heiß bin?“ in die Gosse gezogen. Dankenswert offen gesteht der abgewählte Bundeskanzler ein, dass dieses Land mit Sexualneid, Erpressung, Mordlust und anderen niederen Instinkten regiert wird.

Einer solchen “moralischen Instanz” ist jeder Penis recht, um das große Untenrum der gerühmten Mitte der Gesellschaft anzusprechen. Und was dem Fernsehsender RTL hier moralsüffig angekreidet wird, tut man doch andererseits gerne selbst im eigenen Web TV, nämlich mit dem Schwanz wedeln:

Bild-Video: „Supertalent“-Kandidat Tim Patch kann mit seinem Penis pinseln – Unterhaltung – Bild.de

Es gibt vielleicht kein Blatt auf der Welt, in dem der Penis so sehr der verlängerte Arm der eigenen Chefredaktion ist, wie die Bildzeitungbild_penis. Keine Behauptung ist zu bescheuert, keine Schlagzeile zu hirnverbrannt, um nicht penibel auf seine Penistauglichkeit hin gemustert zu werden. Man muss schon tief im Genitalen beheimatet sein, um etwa auf eine Überschrift zu kommen wie: “Erstes Tor mit Penis geschossen”.

Besserung oder doch wenigstens Linderung ist hier nicht in Sicht: Wer einmal moralisch so verrottet ist wie dieses Leidmedium der vielzitierten “Mitte”, der ist auch mit brachialen Kunstgriffen nicht mehr auf ein Niveau zu heben, dass er einer eventuell moralisch etwas weniger korrumpierten Bevölkerungsminderheit erträglich erschiene. Es bleibt nur jene Aufforderung, die man gerade der Sonntags-Ausgabe dieses Blattes, also der Bums-BamS, zurufen möchte: Schwanz ab zum Gebet!

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3 Responses

  1. lenahh sagt:

    Sehr schön geschrieben, danke. Das gleiche, wenn BILD irgendwo den Ansatz einer Titte sieht. BILD ist in allem unterste Schublade. Weswegen jetzt hier? Weil die Tage reale, nah rangezoomte MORDVideos und NAHBilder des ermordeten und blutüberströmten gaddafi gezeigt werden. Gaddafi ist der Höhepunkt. So asozial.
    Es geht nur noch um Drama, Sex (viel unterschwellig, scheinheilig) und Hetzerei.
    (Teile fallen auf Erde, Teile werden zu Bombe (Satalit o.ä.)- um dann im letzten satz zu erwähnen, dass wohl nix weiter passiert und alles harmlos ist.) Ich möchte mal erwähnen dass meine kleine halbschwester vor Angst geweint hat, weil da was auf die Erde fällt.. und jetzt wieder son Scheiss.
    Was auch schlimm ist: BILD spürt Menschen auf zbsp. Obdachlose, Langezeitparker. Fotografiert diese und mischt sich scheinheilig und etwas hetzend in fremde Angelegenheiten von Privatpersonen ein. Soweit so gut. Die BILD ist wohl die meistgelesene Zeitung. Es wundert mich wie das kranke Blatt dazu kommt- dann auch noch ADRESSEN (Ort, Strassenname) zu den Privat-Personen zu benennen? Das ist mir sehr sauer aufgestoßen. BILD ist Peinlich.

    • Pierre sagt:

      Ja merkt ihr das nicht? Die Bild ist das meistverkaufe Tagesblatt in D., und zwar weil die meisten die Bild kaufen, wenn die Bild nun unterste Schublade, ganz tiefes Niveau ist, was sagt uns das dann? Das hat dabei weniger mit den schreiberlingen der Bild zu tun, als mit dem was die Leute lesen wollen, die Bild hat sehr gute Redakteure und die schreiben was die Menschen lesen wollen, es ist so wie bei allen anderen Sachen auf der Welt auch, der Mensch im allgemeinen ist das Problem.

      • hektor sagt:

        Lieber Pierre: Das Argument, die Bildzeitung habe „sehr gute Redakteure“, hört man ja immer wieder. Man müsse schon sehr gut schreiben können, um sich so knapp auszudrücken — das ist auch so eine häufig gehörte Behauptung. Ich streite das ab: Bild-Redakteure arbeiten oft schlampig, Ihre Schreibe beleidigt immer wieder die deutsche Sprache und die ethischen und andere professionelle Berufsstandards werden regelmäßig ignoriert. „Sehr gute Redakteure“ arbeiten anders!

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