Archive for November 28th, 2012

Presse: Davon geht die Welt nicht unter. Oder doch?


28 Nov

Foto: Gerd Altmann/Pixelio

Untergänge scheinen die Spezialität von Medienunternehmen zu sein, wenn man die Medienseiten der großen Zeitungen dieser Tage verfolgt. Das Internetportal Yahoo hat aus der Not eine Tugend gemacht und den Weltuntergang geradewegs ins Portfolio genommen. Unter der Rubrik „Yahoo! Services“ ist zu finden:

Weltuntergang als neuer Internetdienst? Sintflut als Netz-Gadget? World Wide Crash? Nichts von alledem: Folgt man der Verzweigung, dann findet man eine Linkliste zum Thema des angeblich vom Volk der Maya für das Jahr 2012 prognostizierten „Weltuntergangs“. Dieser Liste sind noch weitere interessante mediale Krisenphänomene zu entnehmen. Zum Beispiel, dass das ZDF für den 21.Dezember eine „Live-Sendung“ zum Weltuntergang plant:

Mit einem „einen augenzwinkernden Blick in alle Welt“ (es müsste wohl heißen: in alle Welt-Untergänge) will das Zweite Deutsche Fernsehen dem Krisenphänomen journalistisch begegnen.

Wenn von Krise und Journalismus die Rede ist, dann kommt man dieser Tage ja schnell auf die Einstellung der Frankfurter Rundschau und der Financial Times Deutschland. Einen guten Überblick über die aktuelle medienjournalistische Debatte gibt onlinejournalismus.de mit Links auf Beiträge von Gutjahr, Lobo, taz, Vocer und vielen anderen berufenen Stimmen.

 

 

Yahoo: Wer wird Billionär?


28 Nov

Der Umgang von Journalisten mit Zahlen ist ja schon beinahe legendär schlecht. Wolf Schneider, ehemaliger Leiter der Hamburger Henri Nannen-Schule stellt fest, „drei von vier Zahlen (…) sind entweder falsch oder irreführend oder fragwürdig oder unzulässig oder läppisch“. Dabei ließen sich die gröbsten Schnitzer schon durch einfache Plausibilitätsprüfung vermeiden. Zum Beispiel der hanebüchene Blödsinn, den das Internet-Portal Yahoo verbreitet:

Screenshot: Yahoo.de

3,5 Billionen soll die US-Schauspielerin Natalie Portman also „in die Kinokassen gespielt“ haben? Gehen wir mal davon aus –wozu sich Yahoo allerdings ausschweigt –, dass es sich bei dieser Summe um Euro oder Dollar handelt, und nicht etwa um alte italienische Lire oder indische Rupien.  Nun geht es im Kinobusiness häufig um fantastische Summen, hier wurde aber wohl doch fantasiert. 3,5 Billionen US-Dollar, das ist das komplette Haushaltsbudget der Vereinigten Staaten von Amerika für das kommende Jahr, und die USA führen immerhin eine stattliche Anzahl von Kriegen und kriegerischen Konflikten, die finanziert werden wollen. Natalie Portman mag die Geheimwaffe Hollywoods sein, aber weder in puncto Grazilität noch in puncto Kosten muss sie sich mit einem Flugzeugträger oder einer Panzerkolonne vergleichen lassen. Auch in anderer Hinsicht ist die von Yahoo publizierte Zahl nicht plausibel: Der Film „Star Wars Episode I: Die dunkle Bedrohung“, mit dem Portman zum Star wurde, spielte an den Kinokassen gut 1 Milliarde Dollar ein und ist damit der elft-erfolgreichste Film der Kinogeschichte. Um auf die genannte Einspielsumme zu kommen, hätte Portman aber in 3.500 weiteren Star Wars-Episoden mitspielen müssen. Da hätte auch der größte Fan der Star Wars-Saga vermutlich keinen müden Cent mehr für eine Kinokarte ausgeben mögen.

Bleibt zu vermuten, dass hier ein altbekannter und darum umso peinlicherer Rechenfehler vorliegt: die amerikanischen „billions“ sind im Deutschen die „Milliarden“. Auch hierbei handelt es sich um große Summen, aber eben nicht um Fantastillionen. Die verdient nur Dagobert Duck in Entenhausen, aber keine Hollywoodschauspielerin.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter