„Es gilt das gesprochene Wort“: Der Hinweis, gerne fällig, wenn Redner frei von ihrem Manuskript abweichen, hat im Ersten Deutschen Fernsehen zwar auch seine Berechtigung, aber es ist eine wichtige Einschränkung zu machen. Das gesprochene Wort herrscht künftig in der ARD, aber mit Gültigkeit hat das nichts zu tun. Das Wort, wie es in den flutartig über uns hereinstürzenden Talkshows der ARD herrscht, ist das moderne Äquivalent zum Palaver. Gültiges wird hier gerade vermieden, Hauptsache, die Sendezeit wird gefüllt, und das heißt: verschwendet.
Jauch am Sonntag, Plasberg Montag, Maischberger Dienstag, Will Mittwoch, Beckmann Donnerstag: So stellt sich ARD-Programmdirektor Volker Herres nach Informationen des Tagesspiegel die Talk-Zukunft im „Ersten“ vor. Die Intendanten beraten noch, ein Opfer scheint sicher: Dokumentationen werden keinen prominenten Platz mehr haben.
Was wir hier künftig vorfinden, ist nichts anderes als die Austreibung des Sehens aus dem Fernsehen. Eine Kamera ist für solcherlei Programm eigentlich gar nicht nötig. Es handelt sich um Hörfunk mit Mattscheibenpflege, und was da gepflegt wird, sind die immergleichen Gesichter mit den, meist, immergleichen Phrasen. Haben solche Programmentscheidungen womöglich damit zu tun, dass in den Redaktionen und Hierarchieebenen der ARD immer mehr Fernsehmenschen das Sagen haben, die selbst vom Fernsehmachen schon weit sich entfernt haben? Dass die eigentlichen Programmmacher, all die Freien Mitarbeiter, Freien Regisseure und Freien Kameramänner, zwar ihr Handwerk verstehen, aber von der Programmgestaltung und damit so weitreichenden Programmentscheidungen weit entfernt sind? Da wünscht man sich doch ein Autorenfernsehen, so wie es Autorenverlage und Musikerlabel gibt: Mit Programmen für Liebhaber, die was fürs Auge bieten wollen und nicht nur den Zuschauern auf die Ohren geben.