Archive for November 23rd, 2008

Schuld und Sühne á la SPIEGEL


23 Nov

Es ist ja schon alles „irgendwie“ schwer zu verstehen, da unten in Kongo-Zaire-Ruanda-Schwarzafrika. Wer darum im Spiegel (47/2008) im Artikel „Füllt die Gräber ganz auf!“ nach Orientierung sucht, der kann im dschungelhaften Gestrüpp schon mal die ein oder andere Liane übersehen. Der Stamm der Hutu hat vor mehr als 10 Jahren in Ruanda einen Völkermord am Volk der Tutsi begangen – Auslöser auch der schweren Konflikte im Nachbarland Demokratische Republik Kongo. Ein französischer Richter sei aber, so der Spiegel, zu dem Ergebnis gekommen, Tutsi-Rebellen hätten zuvor ein Präsidentenflugzeug abgeschossen. Ergo:

„… der Rebellenführer Kagame und seine Truppe hätten paradoxerweise den Völkermord an ihresgleichen selbst ausgelöst“.

Und etwas weiter unten ist nochmals von der

„Mitschuld der Tutsi am Völkermord“

die Rede. Die Spiegel-Autoren drücken sich freilich im Konjunktiv aus, und vielleicht müssen sie auch nicht jede abenteuerliche These hinterfragen. Aber ist selbst das Zitat dieser ungeheuerlichen Unterstellung statthaft und journalistisch sauber? Nein, ist es nicht. Ein anderes Beispiel aus der Geschichte macht das vielleicht augenfällig: Am 7. November 1938 verübt der polnische Jude Herschel Grünspan ein Attentat auf einen deutschen Diplomaten in Paris. Zwei Tage später kommt es in Deutschland zur Reichspogromnacht. Kann man sagen, „die Juden“ hätten eine „Mitschuld“ an diesem Pogrom gehabt? Selbstredend kann man nicht, und es wäre eine Ungeheuerlichkeit, es zu tun. Eben.

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Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter