Wenn Rechtschreibfehler töten können

12 Jan

Tatort Chatroom: Na, das klingt spannend, und darum spendiert der Kölner Stadtanzeiger auch seine Seite 3 einem Killer, der seine beiden weiblichen Opfer in Chatrooms im Internet kennengelernt hat. Jedoch entspricht der Mörder so gar nicht dem Helden, der sich mit Nickname Riddick-300 nennt, nach einem im Film von Van Diesel verkörpertern Science-Fiction-Helden. Es handelt sich vielmehr um einen „pummeligen 1,97-Meter-Mann“, der, horribile dictu, noch nicht mal richtig die deutsche Ortographie beherrscht. Genüsslich wird aus dem Chatroom-Geschreibsel zitiert, das der Hühne mit seinen, offensichtlich in Rechtschreibung ebenfalls nicht so bewanderten, Partnerinnen ausgetauscht hat.

„Ich kann nur sagen das man Frauen nicht vehrarschen soll“.
„Ich neme dich im arm und drücke dich doll“
„was machst du denn wenn ich bei dir bin und auf dein sofa bin“
„dich zertlich küssen mein göster Schatz“

Wäre allein der mißbräuchliche Gebrauch der deutschen Sprache ein Indiz für Mordlust, dann wäre freilich die gesamte Redaktion des Kölner Stadtanzeigers eine Bande von Mördern. Mit dem einen gewaltigen Unterschied, dass die Redakteure des Stadtanzeigers vorgeben, die deutsche Sprache per Profession zu traktieren, und dafür Geld nehmen. Das behauptet der Hühne namens Riddick nicht. Er will Leute umbringen, da ist Vorbildung eher hinderlich. Was aber sollte dann das Suhlen in den Fehlern eines anderen, offensichtlich minderbemittelten und straffällig gewordenen Zeitgenossen? Bei aller Verständnissinnigkeit, mit der der Redakteur die Vorgeschichte des in seiner Kindheit mißbrauchten Täters ausbreitet, bleibt doch das Geschmäckle, dass hier einer in Wahrheit eine ziemlich reaktionäre Meinung verbreitet. Die nämlich, dass die schlimmsten Verbrecher immer noch einer Unterschicht angehören, die noch nicht einmal richtig deutsch kann, und die Stadtanzeiger lesende und die Interpunktionsregeln bis auf das ein oder andere Komma beherrschende Mittelschicht exkulpiert werden kann. Und darum sollten wir den Kölner Stadtanzeiger auch in Zukunft auf Punkt und Komma genau lesen: Wegen der sich andeutenden Tötungsdelikte, die so manches reaktionäres Vorurteil widerlegen könnten.

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Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter