WDR: Stumpf in der Flugverbotzone

10 Okt

Liebe LeserInnen, liebe MitdiskutiererInnen, liebe Mitleidende!

Ich habe mich nach langem Nachdenken, vielen Gesprächen und einer für meine Verhältnisse unfassbar großen Zahl an Emails, die ich zu diesem Thema erhalten habe, entschlossen, den Blogeintrag zur Auseinandersetzung um eine ARD-„Story“ von Tim van Beveren und zu seinem Streit mit dem veranstaltenden Sender WDR und einiger seiner festangestellten Redakteure hier herunterzunehmen. Wer die Hintergründe dieser Auseinandersetzung nachlesen will, wird in diesem taz-Artikel und dieser Darstellung des Mediendienstes dwdl.de fündig. Es liegt dazu auch eine Darstellung des WDR vor. Die neueren Entwicklungen lassen sich auch in diesem dwdl-Artikel nachlesen.

Meine Entscheidung hat zwei Hintergründe: Der eine ist eine Abmahnung und die Aufforderung zu einer Unterlassungserklärung durch die Anwaltskanzlei von Dr. Roman Stumpf, einem der in die Geschichte verwickelten WDR-Redakteure. Ich kann dem Folge leisten, weil es mir nicht darum ging, eine einzelne Person womöglich zu „pathologisieren“ (was mir fachlich nicht zusteht, wie ich auch explizit geschrieben habe), sondern darum aufzuzeigen, dass der WDR sich zu einem System entwickelt hat, dass in seiner Grundanlage „krank“ ist. In einem solchen System sind alle, die sich darin befinden, „Opfer“, auch wenn sie womöglich auf der anderen Seite als festangestellte Redakteure „Täter“ sind, die eine Mitverantwortung dafür tragen, wie das System konkret ausgestaltet ist. Das nennt man dann wohl Dialektik. Die „freien“ MitarbeiterInnen des WDR, die mehr als 90 % des Programms herstellen, sind in diesem System immer das schwächste Glied, obwohl sie die größte Last des Programmauftrags tragen müssen. Dass der WDR als öffentliche Anstalt, die mit öffentlichem  Geld finanziert wird (und das sind jährlich Milliardenbeträge), einer besonderen öffentlichen Kontrolle und Kritik unterzogen werden darf und muss, scheint mir auf der Hand zu liegen.

Der andere Grund ist, dass dies hier nicht meine Geschichte ist, sondern die des Kollegen Tim van Beveren. Hier ein neues Fass aufzumachen, scheint mir durchaus unangebracht und auch kontraproduktiv. Zumal die Geschichte jetzt ohnehin die juristische Dimension erreicht hat und keinen Nebenkriegsschauplatz mehr braucht. Tim van Beveren gehört dabei meine volle Solidarität, weil ich nur zu gut nachfühlen kann, was ihm widerfahren ist. Mir ist Ähnliches in mehr als einem Fall im WDR und mit seinen festangestellten RedakteurInnen geschehen. Und ich werde auch in Zukunft allen, die davon nichts hören wollen, weiter erzählen.

Der WDR hat, wie alle öffentlich-rechtlichen Sender, einen gesetzlichen Programmauftrag. Wer mit seinen eigenen Programmmachern so umspringt, entzieht sich selbst die Existenzberechtigung. Das wäre schade: nicht um Stumpf und seinen Sender, aber um all die exzellenten AutorInnen und JournalistInnen, die einfach nur ihre Arbeit machen wollen. Ein öffentliches Programm in der Hand der Programmmacher, das wäre eine ganz große Sache. Der WDR ist davon weit entfernt.

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5 Responses

  1. Lieber Exkollege,

    volle Zustimmung! Deckt sich absolut mit meiner Wahrnehmung.

    Ich persönlich verlasse seit sechs Jahren den WDR weniger spektakulär, eher „auf Raten“, verdiene meinen Lebensunterhalt in anderen Bereichen und betreibe TV-Journalismus gewissermaßen nur noch als Hobby. Tom Buhrow „habe Liebe mitgebracht“, dabei ist es lediglich Selbstliebe im Sinne eines Sichumsichselbstkreisens eines Clubs von semiverbeamteten Semiprofis, die auf ihrer irren Suche nach Quote und Zuschauern zwischen 25 und 55 Jahren (aktualisiertes Altersintervall) gute Manieren und Loyalität gegenüber den FM und deren professionellem Anspruch sowie Lebenssituation vergessen. Ohne Not werden hier immer häufiger Chancen in programmlicher und journalistischer Hinsicht vertan. In Gewissens- und/oder Finanznot entziehen immer häufiger verdiente FM dem WDR ihre Loyalität und wandern ab.

    Viele Grüße

    Klaus Bergner

  2. Ex-Volo sagt:

    Ich finde es ja gut, dass die Geschichte hier in allen Facetten aufgerollt wird, habe aber Zweifel, ob das nicht doch eine sehr einseitige Darstellung ist. Ich hatte während meines Volontariats auch mal mit einem der Protagonisten zu tun, nämlich mit TvB. Im Verkaufen meiner Recherchen an den Sender war er auch ein ganz großer, wäre halt nett gewesen, wenn er mich dabei auch mal erwähnt hätte… Aber es ist wahrscheinlich, wie beschrieben: „Ein Medium wie das Fernsehen zieht vermutlich Menschen mit narzistischer Persönlichkeitsstörung an.“ – Das ist jetzt schon einige Jahre her und heute kann ich ihm es auch gar nicht mehr Krumm nehmen, denn ich habe ja auch was gelernt: Ich mache heute immer noch Fernsehen, aber arbeite grundsätzlich nicht mit den alten Herren zusammen, die mit ihrem Handwerk begonnen haben, als Fernsehen noch „das ganz große Ding“ war…

    • Ulli Schauen sagt:

      Lieber anonymer Kollege Ex-Volo,
      Bitte: Keine Verallgemeinerungen. Und bitte schlechte Erfahrungen mit demjenigen besprechen, mit dem Du sie gemacht hast. Hast Du das schon getan?
      Als alter Herr habe ich immer noch keine Probleme, mit jungen Kollegen zusammenzuarbeiten. Seien Sie frei oder fest. Im Gegenteil. Es bringt oft beiderseitig Gewinn. Solange einfach professionell für die gemeinsame Sache gearbeitet wird, eine gute Berichterstattung.
      Wenn Du demnächst mal angestellt wirst, könnte Deine Haltung in Altersdiskriminierung münden. Das wäre schade undnicht gerechtfertigt. Die über 50jährigen werden gerne mal kaltgestellt, weil man angeblich nicht mit ihnen zusammenarbeiten kann / bzw. will. Auch und insbesondere beim WDR.
      Und, ja, es stimmt: Sie lassen nicht so leicht alles mit sich machen. Wenn, dann wollen sie wissen, wozu. Aber ist das nicht auch ein Vorteil?
      Kooperative Grüße
      Ulli Schauen

  3. Lieber Hektor,

    Dr. Stumpf hat Dich abmahnen lassen? Was war denn der Grund der Abmahnung? Was haben sie inkriminiert? Und wer war die Kanzlei, privat oder der WDR? Das fände ich doch mal interessant. Und sag jetzt nicht, dass Du aus dieser Rechtskorrespondenz nichts veröffentlich darfst, darfst Du schon. Ansonsten: Deine klaren Worte waren in der Angelegenheit sehr, sehr wichtig, und sie fehlen hier. Kannst Du mir den Text nochmal schicken? Danke und LG! Johanna

  4. […] Rechtsschutz beschritten hat. Ich werde weiter berichten. Siehe auch diesen Blogartikel zum Themahttp://www.antimedien.de/wdr-stumpf-in-der-flugverbotzone/, sowie den Bericht des Verdi-Magazins […]

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