Todesurteil für den Tatort

26 Mai

Tatort001  Bei aller Kritik: Man muss ja auch mal loben. Zum Beispiel dieses Kleinod von Medienjournalismus, das völlig unerwartet in der Fernsehprogrammbeilage Prisma zu finden war. Darin macht sich der Autor mit dem Kürzel „dh“ Gedanken über den Niedergang der ARD-Krimireihe „Tatort“.

Denn was sehen wir? Kleinkrimis mit der einlullenden Wohligkeit eines Absackers! Das Wochenende geht, der Tatort trägt die rote Laterne der Müdigkeit. Man sieht vertraute Gesichter bei bedeutungsvoll unsinnigen Handlungen und der Andeutung eines Scherzes, dann und wann.

Verblüffung ruft auch hervor, dass die ARD-Programmmacher es unerklärlicherweise immer noch schaffen, die erste Riege bundesdeutscher Schauspieler für die Sendereihe zu verpflichten. Denn die Untersuchungen der Fernsehmorde führen, wie ebenfalls der Prisma-Rezensent sehr richtig vermerkt, zum Tod jeder Schauspielkunst:

Eva Mattes ist eine der besten deutschen Schauspielerinnen, aber als Bodensee-Kommissarin muss sie jene Fernsehregel beherzigen, die der gute Horst Tappert für seinen Derrick vorgab: nur nicht schauspielern!

Maria Furtwängler als Kommissarin Lindholm schafft das; sie kann nicht anders. Aber um die Matthes ist es schade.

Warum es diese Krimireihe im Deutschen Fernsehen überhaupt noch gibt, erklärt sich vermutlich nur mit einer der ältesten Krimiregeln, nämlich dass die Täter regelmäßig zum Tatort zurückkehren.

prisma.de: Mitten im Schwarm

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One Response

  1. FF sagt:

    Unfaßbar, das. Der „Tatort“ in seiner herkömmlichen Form ist so was von auserzählt. Wer will denn noch grimmig dreinblickende „Kommissare“ sehen, die mit melodramatisch vorgereckter Pistole nachts in leere Lagerhallen stolzieren? Wer erträgt noch die nervende Tür-auf-Tür-zu-losfahren-ankommen-Tür-auf-Tür-zu-Choreographie, powered by BMW oder Volkswagen?
    Ferner: wer erträgt noch diese fürchterlichen Dialoge, die jeder, so älter als vierzig, mühelos mitsprechen kann? „Wo waren Sie am vorletzten Dienstag, zwischen 22 und 24 Uhr?“ Wer hält diesen lieb- und einfallslosen Drehbüchern stand, in denen ständig die unwahrscheinlichsten Zufälle die dicksten Handlungslöcher stopfen müssen? Wenn etwa der Vater (!) des Kommissars beim nächtlichen Angeln einen Fuß findet und zehn Minuten später – rein zufällig wieder beim nächtlichen Angeln – die restliche Leiche erspäht? (Tatort Münster)

    Das sind für mich Wegzapp-Signale ersten Ranges. Ebenso (im Grunde seit George/Feik) ausgelutscht ist die ganze Buddy-Chose. Alt-jung, männlich-weiblich, Ossi-Wessi, lesbisch-hetero, Prolet-Snob, Hamburg-München, einsamer Wolf-sensible Kollegin mit Sex-Appeal etc. pp.: alles wahnsinnig originell und höllisch kreativ. Bullshit-Bingo für ratlose Drehbuchschreiber.

    Fazit: ich kann’s nicht mehr sehen.

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