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Ein Desaster namens PR-Desaster


28 Mai

Castle_Romeo/WikimediaUngern gibt man Journalisten vorbehaltlos recht, aber in diesem Fall ist das Desaster, das Tom Hillenbrand auf Spiegel Online beschreibt, ein echtes: Das Desaster namens “PR-Desaster”:

Wenn im Golf von Mexiko eine BP-Ölplattform absäuft, ist das nicht nur eine Umweltsauerei, schlampige Ingenieursarbeit oder Managementversagen. Es ist vor allem, da sind sich „Süddeutsche“, „Welt“ und SPIEGEL ONLINE einig, ein „PR-Desaster“. Auch der Playstation-Datenklau bei Sony „entwickelt sich“, schreibt etwa „Zeit Online“ zu einem, na klar, „PR-Desaster“. Selbst bei epochalen Katastrophen wie Fukushima wird ausführlichst diskutiert, ob die Presseabteilung des Energiekonzerns Tepco nach der multiplen Kernschmelze und dem wochenlangen Verschwinden von Konzernchef Masataka Shimizu eigentlich einen ordentlichen Job gemacht hat. Als ob das irgendjemanden interessieren würde.

Jedoch, ein PR-Desaster im eigentlichen Sinne des Wortes wäre es ja nur dann, wenn die Pressestellen versagt oder die PR-Beauftragten Mist gebaut hätten. Das ist in den zitierten wie den vielen anderen Fällen aber zumeist nicht der Fall:

Das PR-Desaster ist neuerdings überall, obwohl die meisten Katastrophen weder durch Öffentlichkeitsarbeit ausgelöst noch gelöst werden. Der amerikanische Krisenberater Eric Dezenhall bringt es am Beispiel BP auf den Punkt: „Alle taten so, als ob das eine PR-Krise wäre. Aber die war nie der Kern.“ Kern des Problems war vielmehr ein sprudelndes Leck, 1500 Meter unter dem Meer.

Noch eine andere irrige Annahme steht hinter der Redeweise vom “PR-Desaster”: Nämlich, dass eine “gute” PR alles heilen könne. Deswegen gibt es heute eine erkleckliche Anzahl von PR-Agenturen, die sich auf “Krisen-PR” spezialisiert haben: Wenn die Krise erst mal da ist, wird ein Kommunikationprofi gerufen, der das Schlimmste verhüten soll – dabei ist das Schlimmste längst eingetreten. Die überwiegende Anzahl von Desastern, die sich ereignen, bedürfen keiner PR, sondern der Abhilfe. Oder gar der Prävention, damit es zum Desaster gar nicht mehr kommt.

Nur wenn PR-Agenturen den Dienst versagen;  wenn sie Botschaften noch schlimmer machen, als sie eh schon sind; wenn sie zur schlechten Tat noch den schlechten Sound beifügen; dann darf mit Fug’ und Recht von einem PR-Desaster gesprochen werden. Spiegel Online führt hier die völlig mißlungene PR-Aktion von Facebook gegen Konkurrenten Google an:

Die von dem Social Network beauftragte PR-Agentur Burson-Marsteller brachte das Kunststück fertig, ihren Kunden ausnehmend schlecht zu beraten und ihm eine verdeckte Schmutzkampagne gegen den Konkurrenten Google aufzuschwatzen. Als die Sache dann aufgrund stümperhafter Durchführung aufflog und alle Beteiligten ihr Gesicht verloren, patzte Burson auch noch beim Krisenmanagement und zensierte seine eigene Facebook-Seite. Das ist endlich mal ein PR-Desaster, das den Namen auch verdient.

Fukushima dagegen (oder Brent Spar, oder der Niedergang der FDP, oder das Ozonloch, oder oder oder) sind keine PR-Desaster, sondern wirkliche. Sie brauchen keine PR, und klammheimlich träumen wir von einer Welt ohne all diese PR-Lümmel, die meinen, jede Katastrophe durch ein bisschen Lug’ und Trug, durch Manipulation und im Zweifel ein bisschen Bestechung heilen zu können. Die PR ist das Desaster, helfen kann sie dabei nicht.

Unwort „PR-Desaster“: Eine Katastrophe, diese Kommunikation – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft

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