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Radio-Reporter gesteht Mord an 23-Jähriger–oder doch nicht?


25 Okt
SymbolbildWas für eine Räuber-, um nicht zu sagen: Mörderpistole! Der Branchendienst Meedia tischt uns heute eine Geschichte auf, wie geschaffen für Medien-Seiten und Medien-Hasser. Ein Journalist begeht einen abgefeimten Mord und berichtet anschließend selbst als Reporter darüber! So gruselig können Medien-Geschichten sein. O-Ton Meedia:

Ein Reporter von Radio Zwickau hat gestanden, nach einem Disco-Besuch eine 23-Jährige erwürgt und missbraucht zu haben. Auf die Spur des 27-Jährigen waren die Ermittler laut Bild durch einen DNA-Test gekommen. Besonders bizarr: Nach der Tat fuhr Patrick R. selbst zum Tatort, „recherchierte“ und interviewte die Polizei für seinen Sender.

Schade nur, dass der Meedia-Autor des namentlich nicht gekennzeichneten Beitrags nicht selbst recherchiert hat. In der Fußzeile des Artikels unter der Rubrik “Das schreiben die Anderen” ist als einzige Stimme Bild.de aufgeführt, und von dieser Quelle scheint Meedia auch abgeschrieben zu haben. Bei Bild.de heißt es unter der Überschrift “Radioreporter verbrennt Disco-Mädchen”:

Ermittler suchten nach Spuren, Reporter kamen. Auch Radio-Mann Patrick R. (27) fuhr zum Leichenfundort, recherchierte, interviewte für seinen Sender die Polizei. Dabei wusste er selbst viel mehr über den Fall als die Mordkommission.
Er selbst hatte die Frau getötet, geschändet und angezündet!

Und Bild.de weiß auch noch mehr über den Tathergang zu berichten:

Mit seinem Schlüsselband würgt Patrick R. sein Opfer, zieht immer fester zu. Schließlich erstickt Susann P. an ihrem Blut.

Vielleicht hätte Meedia gut daran getan, sich nicht nur auf Bild.de als Quelle zu verlassen. Denn beide Medien erzählen offensichtlich ein sehr eigenwilliges Interpretament der Ereignisse. Die Freie Presse jedenfalls (“Sachsens größte Zeitung”) schildert in einem recht ausführlichen Beitrag, der ziemlich mühelos im Internet recherchiert werden kann, den Prozessauftakt gegen den “mutmaßlichen” Täter Patrick R. und seine Tat, die im übrigen acht Monate zurückliegt. Aus dieser einfach zugänglichen Quelle kann man entnehmen, dass es sich mitnichten um einen “Reporter von Radio Zwickau” gehandelt hat, sondern um einen gelernten Gebäudereiniger. Was den Mann mit Radio Zwickau verband, war einzig der Umstand, dass er dort zur Zeit “ein viermonatiges Praktikum absolvierte”. Ausdrücklich notiert allerdings die Freie Presse:

Offen blieb daher auch, in welchem Umfang der Praktikant für Radio Zwickau mit Recherchen zu seinem eigenen Verbrechen betraut war.

Ein Reporter mordet und berichtet anschließend selbst darüber? Das klänge wohl anders. Auch der Tathergang, wie Bild.de ihn darstellt (“… Mit seinem Schlüsselband … erstickt … an ihrem Blut”), findet sich durch die Darstellung vor Gericht laut Freier Presse nicht im mindesten gedeckt:

Er soll die Frau mit den Händen gewürgt haben, bis sie an Erbrochenem erstickt sei. Richter Klaus Hartmann hält es für wahrscheinlich, dass der Angeklagte sein Schlüsselband um den Hals des Opfers knotete. „Wir haben auf 27 Zentimeter Länge DNA-Spuren und Haare der Frau.“

Wie kommt Bild.de dann auf ihre Darstellung? Ganz einfach, sie wurde frei erfunden. Wie kommt der Branchendienst Meedia.de auf seine Darstellung?  Ganz einfach, sie wurde bei Bild.de abgeschrieben und dabei so stark gekürzt, dass gar nichts mehr stimmte. Man hätte auch einfach recherchieren können. Man hätte auch einfach selbst einen Reporter (!) zum Zwickauer Landgericht schicken können. Man hätte wenigstens ein paar Verfahrensbeteiligte anrufen oder, wenn das zu viel verlangt ist, mal im Internet nachgucken können. Aber das wäre womöglich nicht nur zu viel verlangt gewesen, es hätte vermutlich auch die schöne Gruselgeschichte vom frauenmordenden Journalisten, der über seine eigenen Untaten berichtet, kaputt gemacht. Und so eine Geschichte lässt man sich natürlich nicht entgehen. Recherche kann echt störend sein.

Meedia: Radio-Reporter gesteht Mord an 23-Jähriger

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