Sissi: Schicksalsjahre einer Filmfigur

18 Nov

Sissi_article In der hohen Kunst der Ranschmeisserei und Hinterherhechelei, in der es das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) ohnehin immer schon weit gebracht, um nicht zu sagen, die ihr in die Wiege gelegt worden ist, hat das ZDF nun eine weitere Bestmarke hingelegt: ein 11 Millionen Euro teures Remake der Sissi-Filme. Dieses Remake soll als Zweiteiler im Weihnachtsprogramm des Senders ausgestrahlt werden.

„Wir beabsichtigen, unserem Event-Zweiteiler von den Wertvorstellungen der 50er-Jahre zu befreien und mit heutigen filmischen Mitteln umzusetzen“, erklärt Heike Hempel, Leiterin der Hauptredaktion „Unterhaltung-Wort“ beim ZDF, die Idee zu „Sisi“ (Vorsicht! Nur mit einem „S“ geschrieben!).

Natürlich will man sich absetzen von der Vorlage, den Sissi-Filmen der 50er Jahre mit Romy Schneider — es bleibt einem ja auch nichts anderes übrig, denn sonst könnte man ja einfach die Originale zeigen (wie SAT1 es an den Weihnachtstagen tun wird!). Aber auch die Abgrenzung zu den Romy-Schneider-Kultfilmen ist bigott, denn nichts ist allfälliger als sich von einer Kunstfigur abzusetzen, die im wie handkolorierten Heimatfilmidyll  mit ihrer realen Vorlage ohnehin nichts zu tun hat. Und man will schließlich dem Erfolg der 50er Jahre-Sissi-Filme hinterherhecheln, man will am Mythos partizipieren, man will eine Erfolgsgeschichte des Films weiterschreiben. Wie groß gleichzeitig die Angst der Programmverantwortlichen ist, dieses Klassenziel zu verfehlen, zeigt der Umstand, dass der Sendetermin vorverlegt wurde, nachdem SAT1 angekündigt hat, die alten Sissi-Filme ins Weihnachtsprogramm zu hieven. Mit denen hatte der Privatsender nämlich schon im vergangenen Jahr erheblichen Quotenerfolg gerade bei den jüngeren Zuschauern, wie auch der Branchendienst DWDL quittiert.

Und was soll man sich auch lange mit der historischen Wahrheit aufhalten: Die Ehefrau eines Despoten und ungeheuerlichen Kriegstreibers, der den ersten Weltkrieg begonnen hat und für den Tod von Millionen Menschen verantwortlich ist, und deren eigenes hervorstechendes Merkmal zeitlebens war, nie zu lächeln, weil sie so schlechte Zähne hatte, dass sie nicht wagte, den Mund aufzumachen — nein, eine solche Figur will auch das ZDF nicht zeigen. Nein, zeigen will man, was die Zuschauer sehen wollen, und das ist Romy Schneider. Das bekennen auch ganz ehrlich die Leser von Bild.de, die im Forum freimütig bekennen:

Also ich finde die neue „Sissi“ kommt nicht annähernd an Romy Schneider heran. Ich finde auch das Yvonne Catterfeld super in die Rolle gepasst hätte und starke Ähnlichkeit hat.

Wenn man solche Sorgen hat wer „Sissi“ toppen soll da frage ich mich ob wir nicht andere Sorgen haben. „SISSI“ mir RomySchneider war damals einfach „SISSI“, danach kpmmt nichts mehr.

Man hätte Yvonne Catterfeld als Sisi nehmen sollen, hätte
mir viel besser gefallen, denn die Ähnlichkeit ist schon verblüffend.

Genau, die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend, die mit Romy nämlich.

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