Nicht zutreffende Treffer

18 Okt

Einem Revolverblatt wie dem Kölner Stadtanzeiger möchte man wenigstens eine gewisse Treffsicherhet zugestehen. Allein, die Verhältnisse, sie sind nicht so. Unter der Überschrift „Die Mutlosigkeit der TV-Macher“ steht in der Freitagsausgabe vom 17. Oktober 2008:

„Marcel Reich-Ranickis Kritik triff zwar die Richtigen, ist aber dennoch nicht ganz zutreffend“.

Wie nun? Trifft er oder trifft er nicht? Wenn sie nicht zutreffend ist, trifft sie gar keinen, weder den Richtigen noch den Falschen. Wenn sie zutreffend wäre, würde sie irgendwen treffen, ob richtig oder falsch sei dahingestellt. Doch soviel Treffsicherheit ist von den Revolverblatthelden der Kölner Tageszeitung nicht zu erwarten. Was lehrt uns das? Wer schießwütig ist, ist deswegen noch lange nicht zielsicher. Da kann der Kölner Stadtanzeiger von MRR noch einiges lernen.

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Die F.A.Z. auf der Buchmesse

16 Okt

Wenn die F.A.Z., Deutschlands Tageszeitung für den konservativen Intellektuellen (Werbeslogan: „Dahinter steckt immer ein kluger Klopf“) auf die Frankfurter Buchmesse trifft, ja dann, so möchte man meinen, treffen zwei Giganten der Medienwelt aufeinander. Und dann, meint man weiter, ja dann hauen die klugen Köpfe in die Tasten ihrer Schreibmaschinen und es wird, wenn schon nicht Literatur, dann doch Prosa zum Fingerschlecken. In einer Zeit, die von Absagen nur so von sich reden macht (Fernsehpreise, Wirtschaftskrise), hat allerdings auch die F.A.Z. eine Absage für uns parat. Was dem intellektuellen Leitblatt nicht in den Kram passt, sind allerdings nicht Druckwerke, nicht überbewertete Neuerscheinungen oder tendenziöse Schriften, nein, es ist das Essen auf der Frankfurter Buchmesse:

„Wir boykottieren die Buchmesse. Nein, nicht die Bücher, sondern die Barbareien, die dort unwidersprochen und ungestraft als Essen verkauft werden. Es ist eine Schande, eine Beleidigung, kulinarischer Sadomasochismus, es ist zu arg: all diese Bratwürste in Altöl, Wiener-Schnitzel-Imitate unter Panadepanzern, brikettharten Brötchen mit dem immerselben Käse-Salami-Schinken-Trübsinn, diese schrecklichen Frittenbuden wie an Fernfahrerparkplätzen, diese Käsebrezeln, die aussehen, als hätten sie die Krätze, diese süßlichen Stände mit Nutella-Crêpes und Nutella-Mandeln, die viel zu früh die Luft mit Weihnachtsmarkt-Odeur verpesten“.

Dass auch die Liebe zum Buche durch den Magen geht, haben wir Literaturfreunde und Bücherwürmer uns allerdings anders vorgestellt. Und überraschend wie diese Absage ist auch ihre Quintessenz:

„Und überall lange Schlangen, freudlose Gesichter, halb aufgegessene Teller, jetzt wissen wir endlich, warum es während der Buchmesse immer regnet“.

Die F.A.Z.: Dahinter steckt immer ein kluger Kopf. Man würde ihr nur wünschen, wenn der ein oder andere auch im Blatt selbst stecken würde.

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Der Wirtschaftsweise vom Spiegel

13 Okt

Schon als ich vor ein paar Wochen den Satz im Spiegel las, wurde ich stutzig. Damals zögert ich aber noch, ihn direkt hier im Anti-Medien-Blog anzuführen. Jetzt aber, wo mit der Wirtschafts- und Immobilienblase auch so manche journalistische Blase geplatzt ist, zog ich die alte Ausgabe (Heft 38/2008) noch einmal heraus. Dort eierte Autor Christian Reiermann unter der Überschrift „Oskars wundersame Welt“ über die wirtschaftspolitischen Ansichten des Linke-Chefs Osakr Lafontaine herum.

„Mit einer Mischung aus ökonomischen Halbwahrheiten, Trugschlüssen und Irreführungen treibt Linken-Chef Lafontaine die Konkurrenz vor sich her. Seine Thesen sind höchst angreifbar“.

Nun, die von Christian Reiermann und dem Spiegel sind es nicht minder. Und die Trugschlüsse, die hier dem Politiker vorgeworfen werden, führt der Kritiker unfreiwillig selber vor. Da heißt es:

„In Lafontaines Welt ist Wirtschaft ein Nullsummenspiel. Was einer gewinnt, verliert der andere. So aber funktioniert Wirtschaft nicht“.

So? Wie denn dann? Schon damals schmunzelte ich über den Satz, drückt die hier kritisierte ökonomische Weisheit doch beinahe ein synthetisches Urteil a priori aus, um mal mit Immanuel Kant zu sprechen. Was einer gewinnt, verliert der andere. Schon die Wörter Gewinnen und Verlieren drücken diesen Umstand aus, das ist die apriorische Wahrheit. Die Erfahrung der letzten Tage und Wochen mit dem Niedergang der Börsen und der Werte bestätigt es auch synthetisch. Da hätte Kant seine Freude. Und die Trugschlüsse und Irreführungen, die bleiben doch auf Seiten des Spiegel.

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Wenn die Schwindler vom Kölner Stadtanzeiger schwindeln, bis einem schwindelig wird

13 Okt

Entgegen dem landläufigen Vorurteil lassen Äpfel und Birnen sehr wohl sich vergleichen. Auch Kreti und Pleti kann man vergleichen. Oder Hinz und Kunz. Alles, was vonnöten ist, das ist ein tertium comparationis. Rote Äpfel können zum Beispiel schöner sein als grüne Birnen. Kreti kann intelligenter sein als Pleti. Hinz kann besser Deutsch können als Kunz. Wenn allerdings Kreti und Pleti oder Hinz und Kunz beschließen, eine deutsche Tageszeitung zu machen, wiewohl sie doch mit der deutschen Sprache schon so arg auf dem Kriegsfuß sind, dann kommt vermutlich so etwas wie der Kölner Stadtanzeiger dabei heraus. Da wird verglichen und kompariert, was das Zeug hält und der Sprachrevolver hergibt, und der Sinn und der Verstand bleiben auf der Strecke:

„Die Kurse stürzen noch schwindelerregender in die Tiefe als die Absatzzahlen“. (KStA vom 11./12. Oktober 2008)

Ich möchte es hier nochmals ins grammatische Stammbuch schreiben, auch wenn ich davon ausgehen muss, dass, wer so schlecht schreibt, auch im Lesen nicht recht bewandert sein wird: Adjektive lassen sich zwar grundsätzlich komparieren, also steigern. Aber das heißt nicht, dass alle Adjektive komparierbar sind. Im Gegenteil solche, die etwa Zustände, Gefühle, Stimmungen beschreiben, sind regelmäßig nicht oder nur unter sprachlicher und intellektueller Verrenkung komparierbar. Maria kann nicht schwangerer sein als Magdalena, sondern sie ist es eben oder nicht. Mit dem Schwindel verhält es sich doch ähnlich: Entweder ist etwas schwindelerregend oder eben nicht. „Noch schwindelerregender“: Das drückt zwar den ganzen Krampf deutscher Tageszeitungs-Redakteure aus, in ihrem wirren Sensationalismus immer noch eine Steigerung und noch eine Erregung hinzuzufügen. Aber was dabei nur größer und größer wird, ist allein der Schwindel, der da mit der deutschen Sprache getrieben wird. Und das ganz ungeachtet der Frage, wer da eigentlich wem Schwindel erregen soll, ob den Kursen schwindelig wird oder der Tiefe oder den Absatzzahlen oder ob der ganze Satz vielleicht, Komparativ hin oder her, schwindelerregender Blödsinn ist. Noch eines kann man den schreibenden Kretis und Pletis vom Kölner Stadtanzeiger da ins Stammbuch schreiben: Wer in die Tiefe stürzt, ist in der Regel auf den Kopf gefallen. Na denn gute Besserung.

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Der Kölner Stadtanzeiger – Ein Revolverblatt

13 Okt

Wie unter dem Deckmäntelchen einer regionalen Tageszeitung ein veritables Revolverblatt sich herausgeben lässt, dafür ist der Kölner Stadtanzeiger ein gutes Beispiel: Wenn kleine Räuberpistolen als seriöse Nachrichten daherkommen und Sex-and-Crime-Geschichten das journalistische Zentrum der Lokalberichterstattung ausmachen, ist die Revolverblättrigkeit wohl kaum noch von der Hand zu weisen. Die heutige erste Seite des Lokalteils dieser Zeitung enthält gar überhaupt nichts anderes als solche kleinen kriminellen Häppchen für zwischendurch:

„Zeuge stellt Autoknacker“
„Tankstelle überfallen“
„Mit Messer bedoht“
„Feuer in Vingst“
„Raubüberfall auf Juwelier“

Gipfel dieser journalistischen Demütigkeit, die als seriös nicht mehr kenntlich, als humorig aber zu unfreiwillig daherkommt:

„Polizeihund schnappt Wurstdiebe“

Eine Redaktion, die wirklich der Meinung ist, aus einer Stadt wie Köln, immerhin eine Millionenstadt, sei anderes nicht berichtenswert, sollte ernsthaft überlegen, ob die Herausgabe eines Lokalteils noch ins Kerngeschäft der Herausgeberschaft gehört. Für den Bettel, an den eine Journaille ökonomisch gerät, wo sie ihn journalistisch längst erreicht hat, gibt es ja vielleicht den einen oder anderen Wurstzipfel. Man ist da mit den entsprechenden Polizeihunden im Gespräch.

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Express ist auf zack!

26 Sep

Der Name des Kölner Express, ein weiteres Qualitätsprodukt aus dem Hause Neven-Dumont, soll vermeintlich auf eine gewisse Schnelligkeit der Berichterstattung hinweisen. Sollte dem so sein, dann hätte der Express den Geschwindigkeitsrekord mit der heutigen Ausgabe deutlich nach unten korrigiert. Unter der Überschrift:

„Knöllchen-Horst: Rettungsflieger angezeigt“

ist von einem Mann aus der Stadt Osterode die Rede, der einen Rettungshubschrauber wegen Falschparkens angezeigt hat. Der Rettungshubschrauber war vermutlich sehr schnell am Einsatzort. Der Express dagegen war es nicht: Die Geschichte stand nämlich erst Anfang der Woche im Spiegel (39/2008, S.50). Und in dem Nachrichtenmagazin wurde die Geschichte auch nicht als aktuell verkauft, sondern unter der Rubrik „Eine Meldung und ihre Geschichte“. Der Spiegel-Autor hatte die Meldung nämlich dem Hamburger Abendblatt entnommen. Und anders als der Express hat der Spiegel , wie es den bodentief niedrig angesetzten Mindeststandards journalistischen Anstands entspricht, nicht nur die Quelle genannt, sondern auch das Datum des Ereignisses. Das Vorkommnis ereignete sich nämlich bereits am 17. August 2008. Da war der Express also mal richtig auf zack! „Echt penibel“ steht schwarz unterlegt im Express neben dieser Story. „Echt peinlich“ wäre angebrachter.

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Komparieren, was das Zeug hält

26 Sep

Auch die Süddeutsche Zeitung kann es nicht lassen: Komparieren, was das Zeug hält. So heißt es in ihrer Ausgabe vom 19. September 2008:

„Javier Clemente, 58, ist einer der namhaftesten Fußballtrainer Spaniens“.

Was nicht nur jene wundert, die den Namen des „namhaftesten“ Fußballtrainers nie gehört haben, sondern auch jene, die ansatzweise der deutschen Sprache mächtig sind. Ohne Superlative geht es eben nicht im deutschen Journalismus, und da werden auch solche Wörter kompariert, die auch nicht am ansatzweisesten dazu am geeignetsten sind.

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Medien in der Wüste

25 Sep

Wie verhalten sich eigentlich Medien, wenn sie in die Wüste geschickt werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich heute in der taz deren Nahost-Korrespondent Karim El-Gawhary. In dem Artikel „Entführte Medien“ greift er die Berichterstattung über die elf entführten Touristen in der ägyptischen Wüste an. Insbesondere beleuchtet er, wie Information durch Spekulation ersetzt wird und wie dies die Entführten selbst gefährdet.

„Direkt in die Verhandlungen greifen die Medien dann durch ihre Spekulationen über die Höhe des geforderten Lösegeldes ein. Für die Unterhändler ein wahrer Alptraum. Denn die in den deutschen Medien kolportierten Summen, finden sich am nächsten Tag auch in der arabischen Presse wieder und können ganz schnell für die Entführer zur Verhandlungsbasis werden. Nach dem Motto: die deutschen Medien schreiben fünf Millionen, also verlangen wir sieben.“

Was schreiben, wenn es nichts zu berichten gibt? Das ist das Grunddilemma der Medien. Auf der Suche nach „gefühlter Nähe“ zum Objekt der Begierde und der Berichterstattung treiben die Medien mitten im Wüstensand die seltsamsten Blüten. Die aktuelle Berichterstattung fand Gilf-El-Kebir statt. Dies ist aber einer der entlegenen Wüstensandstriche, buchstäblich: das Ende der Welt. Was also tun die westlichen Fernsehstationen?

„Aus unerfindlichen Gründen haben sich die Fernsehstationen in der südägyptischen Stadt Assuan aufgebaut. Sozusagen beim nächsten Wasserhahn des Geschehens. Mehr Informationen als in Kairo werden sie dort nicht bekommen. Die Stadt Assuan hat nichts mit der Geschichte der Entführung zu tun. Die Reisenden waren ganz woanders, in der Oase Dakhla zu ihrer Wüstentour aufgebrochen und selbst die verantwortliche Provinzverwaltung findet sich ganz woanders. Und die meisten Informationen zur Entführung gibt der Tourismusminister und der sitzt in Kairo. Aber es sieht einfach zu gut aus, wenn der Reporter mit dem Nil im Rücken für die Zuschauer im arabischen Kaffeesatz liest.“

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Wenn der Kölner Stadtanzeiger glaubt zu wissen

12 Sep

Glauben und Wissen sind gemeinhin Sphären, die sich auszuschließen pflegen. Nicht so beim Kölner Stadtanzeiger. Der dichtet in seiner Ausgabe vom 11. September:

„Der Erzbischof kritisierte das mangelnde Glaubenswissen von TV-Moderatorin Sandra Maischberger“.

Wo Glauben zu Wissen wird, da wird Journalismus zu dem, was der Kölner Stadtanzeiger daraus gemacht hat. Wer’s glaubt, wird selig.

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Wie der Kölner Stadtanzeiger die Stimmung anheizt

10 Sep

Wenn eine religiöse Gruppierung beschließt, sich ein Gotteshaus zu bauen, interessiert das in der Regel keinen Menschen (außer die Mitglieder dieser Gruppierung vielleicht). Nicht so in Köln. Da ist der Bau einer Moschee im Stadtteil Ehrenfeld Dauerthema. Nun hat der Stadtrat nach langen Diskussionen dem Bau zugestimmt, und man könnte meinen, dass es nun endlich ruhig werden könnte. Aber da hat man die Rechnung ohne die Rechnungsstelle des M. Dumont Schauberg-Verlags und seines Zentralorgans, des Kölner Stadtanzeigers, gemacht, der mit der künstlichen Beatmung des überbeanspruchten Themas weiter Kasse machen möchte:

„Moscheebau – die Debatte geht weiter“

Schon der Anfang der Debatte war von diesem Lokalblatt initiiert: Im hauseigenen Internet-TV-Channel ließ man den offenbar von Altersverwirrtheit gekennzeichneten Ralf Giordano sich öffentlich bloßstellen und über den Moscheebau herziehen. Seither hyperventilieren die verantwortlichen Redakteure des Blattes mit Blick auf die Auflage, die sich offenkundig steigern lässt, wenn man die Kirche nicht im Dorf lässt und dafür dem ausländerfeindlichen Pöbel ein Podium bietet. In der verlegerischen Verwertungskette darf die Buchauskopplung natürlich nicht fehlen, und so lässt man im Kölner Kiepenheuer & Witsch-Verlag „Der Moscheestreit – Eine exemplarische Debatte über Einwanderung und Integration“ erscheinen, herausgegeben vom Chefredakteur des Kölner Stadtanzeigers, einem Ex-Kommunisten. Und am 16. September will man im hauseigenen „studio dumont“ eine Podiumsdiskussion veranstalten, zu der man der erwartbaren gelehrten Betroffenheits-Quadriga auch noch einen „Barino B., Ex-Islamist“ hinzugesellt, um den Gruselfaktor zu erhöhen. Exemplarisch ist an der Debatte allerdings vor allem eins, nämlich das Verhalten einer Lokalpresse, die dabei ist, den letzten Rest eines guten Rufes, den sie nicht besitzt, auch noch zu verspielen.

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Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter