Rassismus-Skandal bei österreichischer Gratiszeitung

10 Dez

Immer Ärger mit dem Halbmond (Foto: Wiki Commons)Das Croissant ist übrigens eine Wiener Erfindung. Die Feinbäcker der Stadt feierten damit den Sieg über das türkische Belagerungsheer und formten ein Gebäck in Halbmondform. Mit dem Halbmond kann es bis heute in der österreichischen Hauptstadt Ärger geben. Bei der in Wien erscheinenden Gratis-Zeitung „Heute“ hat es einen Rassismus-Skandal gegeben. In einer Nachricht über einen Kärntner Mordfall wird der Verdächtige als „Sorte Mann“ beschrieben,

„die zum Glück eher hinterm Halbmond lebt. In Ländern, wo das Gesäß beim Beten höher ist als der Kopf“.

Daraufhin erwäge das Blatt “alle Möglichkeiten” der Konsequenzen, wie vienna.at zu berichten weiß.  Chefredakteur Christian Nusser gab später bekannt, dass die betreffenden Redakteure nun beurlaubt würden:

“Der furchtbare Artikel ist erst nach 22.00 Uhr geschrieben beziehungsweise geändert worden, die beiden betreffenden Kollegen hatten Abenddienst und haben ihn in ihrer journalistischen Eigenverantwortung verfasst”.

Nur bei größeren Artikeln oder beim Ändern des Covers müsse bei dem Gratisblatt der Chefredakteur unterrichtet werden. Christian Nusser betont, “dass ‘Heute’ keine rassistischen Artikel duldet und unter meiner Verantwortung auch niemals tolerieren wird”. Die österreichische Menschenrechtsorganisation SOS Mensch begrüßt das entschlossene Eintreten der „Heute“-Chefredaktion für Antirassismus.

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Kölner Stadtanzeiger rottet deutsche Männer aus

04 Dez

männliche Anatomie (Grafik: Wiki Commons)

Zeitungssterben ist das eine, Sterben in der Zeitung ist das andere: Wenn beides zusammen kommt, dürfte der Untergang des Abendlandes nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der Kölner Stadtanzeiger jedenfalls hat eine regelrechte Sterblichkeitsepedemie ausgemacht und schickt sich an, Deutschlands Männer auszurotten. Und das ausgerechnet in der heutigen Ausgabe des „Magazins“, zwischen Themen wie „Kratzen im Hals bei Kerzenschein, „Anleitung zum Mitsingen“ und dem Horoskop. Dort geht es, weil mit der Weihnachtszeit ja auch das Jahr zu Ende geht, um die Sterblichkeit bei Prostatakrebs. Konkret, so der Stadtanzeiger:

„…drei von hundert Männern bundesweit sterben jährlich an Prostata-Krebs, so die Statistik.“

Wirklich? Kurz nachgerechnet: Drei Prozent der männlichen Bundesbürger, das wären bei ca. 40 Mio. Männern in Deutschland gute 1,2 Millionen Sterbefälle nur mit der Diagnose Prostatakrebs. Jährlich! Diese Zahl ist schon dann absurd, wenn man sich ansieht, wieviele Menschen überhaupt jährlich in Deutschland sterben:

Im Jahr 2008 starben 446.788 Frauen und 397.651 Männer das waren rund 1% der Bevölkerung.

Der Kölner Stadtanzeiger will also buchstäblich ein Massaker an der männlichen deutschen Bevölkerung veranstalten. Aber auch wenn man solche statistischen Nickeligkeiten außen vorlässt, und sich nur die Statistiken zu Prostataerkrankungen ansieht, ist die Rechnung im Magazin der Kölner Tageszeitung nicht nachvollziehbar:

Unter den bei Männern zum Tode führenden Krebserkrankungen lag das Prostatakarzinom 2008 mit 10,4% (etwa 11.900 Fälle) nur an dritter Stelle, nach Lungenkrebs (25,4%, ca. 29.000 Fälle) und Dickdarmkrebs (12,5%, ca. 14.200 Fälle). Die Sterberate (Mortalität, standardisiert) betrug etwa 20 je 100.000 Männer.

Wie kann die Journalistin dann nur auf diese sehr unsinnige Prozentangabe gekommen sein? Vielleicht durch statistische Aussagen wie diese:

Das Sterberisiko im Laufe des Lebens beträgt insgesamt nur 3,3%.

Dies ist aber nur die Angabe einer Wahrscheinlichkeit und nicht der tatsächlichen Sterbefälle, und sie bezieht sich auch nur auf diejenigen Männer, die schon an Prostatakrebs erkrankt sind. Andernfalls würde sich die Nachfrage an einen Kölner Chefarzt auch erübrigen, die da lautete:

Steigt die Zahl der Prostata-Krebsfälle?

Legt man die Rechenkünste des Kölner Stadtanzeigers zugrunde, muss logischerweise die Krebsrate sinken: Denn alle potentiellen Patienten würden über kurz oder lang ausgerottet sein. Damit sterben allerdings auch die Leser des Kölner Stadtanzeigers aus: Sterben in der Zeitung = Zeitungssterben. Was zu beweisen war.

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Süddeutsche: Kapitol oder Palatin?

03 Dez

Forum Romanum (Foto: Wiki Commons)

Zitronenfalter heißen bekanntlich nicht so, weil sie Zitronen falten. Und der Klugscheißer? Auch da könnte man allerhand spekulieren, warum der zu seinem legendären Namen kam. Klar aber ist, wer mit seiner Bildung hausieren gehen will,  der sollte schon aufpassen, dass er nicht in Fettnäpfchen tritt. Aber es passiert halt doch immer wieder. Zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung. Da gab es in der Wochenendbeilage einen historisch räsonnierenden Beitrag über die Geschichte der Mätresse von den Kaisern des alten Rom bis zum CIA-Chef der USA in unseren Tagen. Und darin heißt es:

Die Ehe gilt dort offiziell als Säule der Gesellschaft, und die Erwartungen an Führungspersönlichkeiten erinnern an jene Dichter Roms, die noch den tumbesten Lustmolch im Kapitol als Herold der Tugend besangen.

Wenn mit dem „Lustmolch im Kapitol“ der ein oder andere römische Kaiser gemeint sein sollte, ist allerdings etwas durcheinander gegangen. Denn die Kaiser im alten Rom saßen nicht auf dem Kapitolhügel, sondern gegenüber auf dem Palatin, von dem sich unser Wort für Palast herleitet. Der Kapitol war der Tempelberg und den Gottheiten Juppiter und Juno geweiht. Und jetzt darf man mich ruhig Klugsch… nennen.

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Presse: Davon geht die Welt nicht unter. Oder doch?

28 Nov

Foto: Gerd Altmann/Pixelio

Untergänge scheinen die Spezialität von Medienunternehmen zu sein, wenn man die Medienseiten der großen Zeitungen dieser Tage verfolgt. Das Internetportal Yahoo hat aus der Not eine Tugend gemacht und den Weltuntergang geradewegs ins Portfolio genommen. Unter der Rubrik „Yahoo! Services“ ist zu finden:

Weltuntergang als neuer Internetdienst? Sintflut als Netz-Gadget? World Wide Crash? Nichts von alledem: Folgt man der Verzweigung, dann findet man eine Linkliste zum Thema des angeblich vom Volk der Maya für das Jahr 2012 prognostizierten „Weltuntergangs“. Dieser Liste sind noch weitere interessante mediale Krisenphänomene zu entnehmen. Zum Beispiel, dass das ZDF für den 21.Dezember eine „Live-Sendung“ zum Weltuntergang plant:

Mit einem „einen augenzwinkernden Blick in alle Welt“ (es müsste wohl heißen: in alle Welt-Untergänge) will das Zweite Deutsche Fernsehen dem Krisenphänomen journalistisch begegnen.

Wenn von Krise und Journalismus die Rede ist, dann kommt man dieser Tage ja schnell auf die Einstellung der Frankfurter Rundschau und der Financial Times Deutschland. Einen guten Überblick über die aktuelle medienjournalistische Debatte gibt onlinejournalismus.de mit Links auf Beiträge von Gutjahr, Lobo, taz, Vocer und vielen anderen berufenen Stimmen.

 

 

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Yahoo: Wer wird Billionär?

28 Nov

Der Umgang von Journalisten mit Zahlen ist ja schon beinahe legendär schlecht. Wolf Schneider, ehemaliger Leiter der Hamburger Henri Nannen-Schule stellt fest, „drei von vier Zahlen (…) sind entweder falsch oder irreführend oder fragwürdig oder unzulässig oder läppisch“. Dabei ließen sich die gröbsten Schnitzer schon durch einfache Plausibilitätsprüfung vermeiden. Zum Beispiel der hanebüchene Blödsinn, den das Internet-Portal Yahoo verbreitet:

Screenshot: Yahoo.de

3,5 Billionen soll die US-Schauspielerin Natalie Portman also „in die Kinokassen gespielt“ haben? Gehen wir mal davon aus –wozu sich Yahoo allerdings ausschweigt –, dass es sich bei dieser Summe um Euro oder Dollar handelt, und nicht etwa um alte italienische Lire oder indische Rupien.  Nun geht es im Kinobusiness häufig um fantastische Summen, hier wurde aber wohl doch fantasiert. 3,5 Billionen US-Dollar, das ist das komplette Haushaltsbudget der Vereinigten Staaten von Amerika für das kommende Jahr, und die USA führen immerhin eine stattliche Anzahl von Kriegen und kriegerischen Konflikten, die finanziert werden wollen. Natalie Portman mag die Geheimwaffe Hollywoods sein, aber weder in puncto Grazilität noch in puncto Kosten muss sie sich mit einem Flugzeugträger oder einer Panzerkolonne vergleichen lassen. Auch in anderer Hinsicht ist die von Yahoo publizierte Zahl nicht plausibel: Der Film „Star Wars Episode I: Die dunkle Bedrohung“, mit dem Portman zum Star wurde, spielte an den Kinokassen gut 1 Milliarde Dollar ein und ist damit der elft-erfolgreichste Film der Kinogeschichte. Um auf die genannte Einspielsumme zu kommen, hätte Portman aber in 3.500 weiteren Star Wars-Episoden mitspielen müssen. Da hätte auch der größte Fan der Star Wars-Saga vermutlich keinen müden Cent mehr für eine Kinokarte ausgeben mögen.

Bleibt zu vermuten, dass hier ein altbekannter und darum umso peinlicherer Rechenfehler vorliegt: die amerikanischen „billions“ sind im Deutschen die „Milliarden“. Auch hierbei handelt es sich um große Summen, aber eben nicht um Fantastillionen. Die verdient nur Dagobert Duck in Entenhausen, aber keine Hollywoodschauspielerin.

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Spiegel: Wie aus einer Info-Grafik eine Desinfo-Grafik wird

22 Nov

Nicht immer dient der Verweis auf eine Info-Grafik auch einem Mehr an Information.Das beweist das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner letzten Ausgabe in einem Artikel über gefälschte Druckerpatronen:

 

Ausschnitt: Spiegel 46/2012

Wer bei diesem Verweis damit rechnete, dass die nebenstehende Grafik dem Leser irgendeinen Mehrwert bescheren würde, sah sich getäuscht:

Ausschnitt: Spiegel 46/2012

Die Grafik wiederholt einfach nur den Text aus dem Artikel, angereichert um die Illustration einiger Geldscheine und einer Quellenangabe „GfK, eigene Recherche“. Und auch diese Quellenangabe ist eher verwirrend als erhellend. Denn eine simple Zahlenangabe wie „90% Gewinnmarge“ hat man doch entweder selbst ermittelt oder eben von einem Marktforschungsinstitut übernommen, aber doch wohl kaum beides gleichzeitig.So wird aus der Informationsgrafik schon fast eine Desinformationsgrafik.

 

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Deutsches Fernsehen und Hollywood-Stars

20 Nov

Sylvester Stallone, Foto: WikiCommons

Deutsches Fernsehen und Hollywood-Stars: Schon wenn man die beiden Ausdrücke nebeneinander schreibt oder liest, stutzt man. Irgendwie stoßen hier Pole aufeinander, die sich abstoßen. In letzter Zeit wird diese Abstoßung auch explizit. Hollywoodstars nutzen deutsche Fernsehsendungen zwar gerne zum Selbstmarketing für ihre neuesten popkulturellen Hervorbringungen, aber programmlich finden sie das deutsche Fernsehangebot offenbar eher zum Weglaufen. Wie sonst ist die Diskrepanz in den Äußerungen über den Auftritt des Hollywood-Schauspielers Sylvester Stallone in der Talkshow von Reinhold Beckmann zu verstehen?

„Sylvester ist ein großartiger Gast und wunderbarerweise ganz anders als in seinen ‚Rambo‘-Filmen. Als Gesprächspartner besitzt er nämlich ausgesprochen viel Sinn für Ironie,“ heißt es. „Er darf gerne wiederkommen.“

Stallone hat sich nämlich ganz anders geäußert:

„Es war Horror! Die schlimmste halbe Stunde meines Lebens“, zitiert die Hamburger Morgenpost Stallone. Und der geht noch weiter: „Schaut ihr Euch so was freiwillig an?“

Der Rocky-Darsteller ist nicht der erste, dem die Programmqualität des deutschen Fernsehens nicht behagt. Erst kürzlich hat hatte sich Hollywood-Schauspieler Tom Hanks über seinen Auftritt in der ZDF-Sendung „Wetten, dass“ despektierlich geäußert:

„I wanna tell you: In the United States if you are on a tv show that goes for four hours everybody responsible for the show is fired the next day.“
(Wenn Sie in den USA eine TV-Show veranstalten, die über vier Stunden dauert, würde der Verantwortliche am nächsten Tag gefeuert)

Auch wenn die Hanks-Äußerung nur halb so kritisch gemeint war, wie sie anschließend in der deutschen Presse nach dem Stille Post-Prinzip weiterverbreitet wurde, ist doch eine gewisse Irritation über deutsches TV-Gebahren bei US-Entertainment-Profis spürbar.

 

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Post-PC-Ära und Medienmüll

17 Nov

Steve Jobs hat vor ein paar Jahren von der anbrechenden Post-PC-Ära gesprochen. Wenn man sich die Sperrmüllstapel an Straßenrändern so ansieht, scheint er damit durchaus recht zu haben: Immer wieder findet man neuerdings ausrangierte PCs und Computerzubehör. Wohin nur mit all dem Medienschrott? Die Post-PC-Ära wird uns noch einige ökologische Probleme bescheren.

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Google: Krokodil im Computer

16 Nov

Foto: Dieter/Pixelio

Man kennt ja Würmer in Büchern, Fliegen in der Suppe, Läuse in Haaren, aber Suchmaschinenprimus Google setzt diesem Bestiarium die Krone auf: Man hat sich ein Krokodil in einem Server eingefangen, wie der Branchendienst Meedia berichtet:

Im US-Bundesstaat South Carolina hat sich ein waschechter Mississippi-Alligator in einem Google-Rechenzentrum häuslich eingerichtet. Genauer gesagt: im Kühlbecken des Serverzentrums. Hintergrund: Google experimentiert in dem besagten Serverzentrum in South Carolina mit der Kühlung durch ein Regenwasserbecken. Um dort den überbordenden Algenwuchs einzudämmen, wurden Fische ausgesetzt. Und die lockten wiederum den Alligator an.

Wie Joe Kava, Senior Director of Data Center Construction and Operations bei Google, der Zeitung The Post and Courier erzählt, ist der Alligator 1,22 Meter groß. Offiziell muss der Alligator aber erst ab einer Größe von 1,80 Meter entfernt werden. Mit dem Exemplar hat Google noch Glück gehabt. Die Alligatoren des Missisippi können nämlich bis zu sechs Meter lang werden. Die Kühlmethode mit Regenwasser gilt übrigens als besonders umweltschonend. Aber wie auch sonst häufiger kann Ökologie eben ganz eigene Nebenwirkungen entwickeln, zum Beispiel das Krokodil im Computer.Das nennt man dann wohl Medienökologie.

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Süddeutsche: Telefonsex per Email

14 Nov

Medienkonvergenz schön und gut. Aber wie kann man denn eigentlich „Telefonsex“ per Email haben? Das muss mir die sueddeutsche.de doch mal erklären:

Kelley soll Hunderte E-Mails mit General Allen gewechselt haben, deren Inhalt zwischen „Flirt“ und „Telefonsex“ liegt.

Was kommt denn dann als nächstes: Erotikfilme im Radio, Miteinanderschlafen im Wachkoma, anzügliches Nacktkuscheln …? Hierüber hält uns die Süddeutsche Zeitung hoffentlich auch auf dem Laufenden.

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Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter