Magazinbeilagen: Postjournalistische Ranschmeisse an die Werbe-Etats

23 Jan

Was bei mir, und zwar ungelesen, zuallererst ins Papiermüll-Endlager wandert, sind die Magazinbeilagen von Zeit und Süddeutscher Zeitung. Ich bin froh, dass ich nicht der einzige bin, der diese eitlen, zeitgeist-besoffenen Biederblätter für das hält, was sie sind: Postjournalistische Ranschmeisse an die Werbeetats jener Anzeigenkunden, die für ihre Vierfarb-Makulaturen ein „gepflegtes“ Umfeld inhaltlichen Nichts‘ und höheren Blödsinns verlangen. Zwei prominente Gegen-Sprecher haben sich jetzt eingereiht. Der Medienjournalist Oliver Gehrs in seinem eigenen Blog zieht übers Zeit-Magazin her, dass es eine Freude ist:

„Während die Zeit über die vergangenen Jahre besser geworden ist – auch diese Woche wichtige, lesenswerte Artikel zum Atomendlager Asse oder zum skrupellosen Pharmakonzern Roche bringt – ist aus dem Zeit-Magazin ein recht selbstzufriedenes Blatt geworden, das in dieser Zeit nichts weiter zu bieten hat als geschmäcklerische Statements zu Mode- und Lifestylefragen.“

Und Rudolf Stumberger bei Telepolis knöpft sich das jüngste Süddeutsche Magazin vor und sieht darin die Verwirklichung vom …

… Zeitalter des „Postjournalismus“. Dies ist gekennzeichnet durch Artikel, bei denen eine Art Organentnahme vorgenommen wurde. Wir sehen zwar noch die äußere Hülle eines journalistischen Textes vor uns, aber es fehlt quasi das schlagende Herz. Derartigen Artikeln mangelt es an einem wesentlichen Moment, es fehlt die Anbindung an das grundlegende Lebensprinzip des Journalismus, eine kritische Ernsthaftigkeit. Sie wurde in Deutschland vor ungefähr zehn Jahren eingetauscht gegen eine benommen machende Beliebigkeit.

Stumberger zieht seine Schlüsse auch weit hinein in gesellschaftliche Prozesse und konstatiert:

So steht einer postjournalistischen und im Grunde hohlen Publizistik eine postkontroverse Politik gegenüber, die jahrelang mit ihrer neoliberalen Formel „Es-gibt-keine Alternative“ die Demokratie im Grunde überflüssig machte. Denn wo es keine Alternative gibt, braucht es auch keine Wahl. Die Demokratie wird hohl.

Meedia: Blattkritiker Oliver Gehrs giftet wieder

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