Lena Meyer-Landrut: Erste Todesopfer

31 Mai

Statistik1 Der Grandpix-Sieg der 19-jährigen Abiturientin Lena Meyer-Landrut hat erste Todesopfer gefordert. So etwa vermeldet der Kölner Stadtanzeiger:

14,69 Millionen Fernsehzuschauer in Deutschland schauten sich am Samstagabend den Sieg der 19-Jährigen beim Eurovision Song Contest in Oslo live im Fernsehen an, wie die ARD am Sonntag mitteilte. Dies entsprach einem Marktanteil von 49,1 Prozent

14 Millionen Zuschauer sind also praktisch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Das bedeutet nach Adam Riese, dass in Deutschland summa summarum knappe 30 Mio. Menschen leben. Kolportiert wurden uns aber doch stets über 80 Mio. Einwohner? Wo sind die anderen 50 Millionen hin? Herzinfarkt vor dem Fernsehgerät? Totgesungen? Ins Grab gegrölt? Oder von den Medienredakteuren des Kölner Stadtanzeigers hingemeuchelt?

Oder soll den Medienzahlen des Stadtanzeigers eine andere Berechnungsgrundlage zugrunde liegen? Welche könnte das sein? Die Zahl der Haushalte in Deutschland kann es nicht sein, denn die beträgt 39,6 Millionen —  also weit mehr als die knapp 30 Millionen, die von der Quotenstatistik genannt werden. Die Zahl der Fernsehgeräte kann es auch nicht sein, die liegt laut statistischem Bundesamt bei rund 55 Millionen Geräten. Wahrscheinlich ist es vielmehr so, wie auch der EPD Mediendienst heute in einer Glosse mutmaßt, dass bei Fernsehquoten den Medienjournalisten alle mathematischen Sicherungen durchbrennen und sie zu „Quotenidioten“ werden:

Immer mehr gleichen sich die täglichen Quotenmeldungen der Sportberichterstattung an. Dass gleich mehrere Filme an einem Tag „Tagessieger“ werden oder gar „Gold“ holen können, liegt daran, dass es auch bei den Marktanteilen unterschiedliche Disziplinen gibt: Die Aufführung der „Fantastic Four – Rise of the Silver Surfer“ hatte am Sonntagabend die meisten Zuschauer in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Der „Tatort“ wiederum war beim Gesamtpublikum ab drei Jahren am erfolgreichsten.

Die Quotenberichte sind die Meldungen von der täglichen Medienfront. Sie künden davon, wer am Vorabend die Schlacht um das Publikum gewonnen hat. Und die Quotenberichterstatter in den Onlinemedien überbieten sich in der Blumigkeit der Metaphern, wenn es gilt, einen Erfolg oder Misserfolg zu beschreiben. So sind erfolgreiche Sendungen mindestens „ein großer Hit“, oder sie „räumen so richtig ab“. War die Quote dagegen schlecht, war der Film ein „Reinfall“.

Zahlen suggerieren Objektivität. Auch deswegen sürzen sich Journalisten so gern auf sie. Doch ihre Einschätzung ist wie immer eine Frage der Perspektive: Ein Marktanteil von zehn Prozent kann für den einen Quotenmelder enttäuschend sein, während der andere von „sagenhaften 9,8 Prozent“ schreibt.

Auch andere Sicherungen sind nach dem Schlager-Sieg nicht mehr sicher, zum Beispiel sprachliche. Jedenfalls beim Kölner Stadtanzeiger, der schreibt:

EWelcher Ort ist der geeignetste für die größte TV-Unterhaltungsshow der Welt?

Und welcher Ort ist der am meisten geeignetste für katastrophale Sprachpannen? Da ist sicherlich der Kölner Stadtanzeiger am meisten geeignetst.

Lena beschert der ARD eine Rekord-Quote – Kölner Stadt-Anzeiger

Weiterflüstern ...Share on Facebook0Tweet about this on TwitterShare on Google+0Share on Tumblr0Email this to someonePrint this page

Leave a Reply

Loading Facebook Comments ...

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter