Dumont kauft Berliner Zeitung

13 Jan

Der Kölner Verlag Dumont-Schauberg, Eigentümer auch des Kölner Stadtanzeigers und neuerdings der Frankfurter Rundschau, kauft für 152 Mio. Euro den Berliner Verlag, zu dem neben der Berliner Zeitung auch die Hamburger Morgenpost und das Szeneblatt „Tipp“ gehören. Dass der vormalige Besitzer, der Brite David Montgomery, sich nicht gerade glücklich angestellt und mit angeblichen Renditeforderungen von über 20 % die Berliner Zeitung beinahe an den Rand gebracht hätte, ist die eine Sache. Die Eigentümer des Kölner Stadtanzeigers nun zu Rettern des hauptstädtischen Zeitungswesens zu stilisieren, ist dagegen nicht unproblematisch. Wenn beispielsweise im Internet Sätze zu lesen sind wie

„Die Heuschrecke ist weg“

muss doch andererseits gefragt werden, ob nicht die eine Heuschrecke durch die andere ersetzt wird. Da muss nämlich einerseits nachgefragt werden, ob Montgomery wirklich ein so übler Investor war, wie er, aus unter Umständen durchsichtigen Gründen, in der deutschen Öffentlichkeit verkauft wurde. Schließlich war er alles andere als eine reine „Heuschrecke“, die ausschließlich Finanzinteressen und Renditeüberlegungen leitete. Vielmehr war Mongomery gelernter Zeitungsmann, der noch im vergangenen Jahr vom britischen Observer als „Mr. Big“ und als „Prophet“ gefeiert wurde und über den sie schrieb:

„Eines nahes Tages werden selbst deine schärfsten Kritiker zugeben müssen, dass du etwas Außergewöhnliches geschafft hast“.

Die Süddeutsche hat kürzlich ein durchaus ausgewogenes Portrait über den Mann veröffentlicht. Zum anderen muss angemerkt werden, dass das, ebenfalls erstmal rein finanzielle, Engagement der Kölner in anderen Fällen nicht zu einer Steigerung der journalistischen Qualität geführt hat. Die Übernahme der Kölnischen Rundschau beispielsweise diente einzig der Monopolisierung des Kölner Zeitungsmarkts, was diesem alles andere als gut bekommen ist. Die Übernahme der Frankfurter Rundschau führte vorrangig zur Schrumpfung ins Tabloidformat, einem Steckenpferd von Konzern-Junior Konstantin Neven-Dumont. Für die Berliner Zeitung, die doch so gerne etwas wie eine überregionale Hauptstadtzeitung werden würde, verheißt das nichts Gutes. Aber zwei Dinge lassen sich jetzt schon schlussfolgern: Der Verlag Dumont-Schauberg rückt endgültig zu einem der großen Mitspieler in der deutschen Medienszene auf. Und es lässt sich offensichtlich auch mit Zeitungsprodukten, entgegen allem Wehgeschrei der Zeitungsverleger, so eminent viel Geld verdienen, dass Investionen im dreistelligen Millionenbereich möglich sind.

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Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter