Archive for the ‘Sterbende Medien’ Category

Der übelste Job: Zeitungsreporter!


26 Apr
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Foto: Birgit H./pixelio.de

Der amerikanische Dienst CareerCast bietet seit 1988 eine Rangliste der besten und der übelsten Jobs. Beim aktuellen Ranking hat es einen Berufsstand getroffen, der sich selbst für ziemlich unübertroffen hält: die Zeitungsreporter.

Beim ersten Jobs Rated Report im Jahr 1988 landeten Zeitungsjournalisten immerhin noch auf Platz 126 von 200 getesteten Jobs. Im Jahr 2013 ist es mit der Herrlichkeit endgültig vorbei: Zeitungsleute landen im CareerCast-Ranking der “worst jobs” ununterbietbar auf dem letzten Platz, und wie der KressReport ungläubig anmerkt …

… noch hinter Holzfäller (199), Soldaten ohne Offiziersrang (198), Schauspieler (197) und Bohrinselarbeiter (196).

CareerCast bietet auch Gründe für die Unbeliebtheit des Reporterberufs:

Ever-shrinking newsrooms, dwindling budgets and competition from Internet businesses have created very difficult conditions for newspaper reporters, which has been ranked as this year’s worst job …

Während Onlinemedien den klassischen Journalismus bedrängen, werden die Anforderungen an den Journalistenberuf laut CareerCast immer größer. Die zeitlichen Anforderungen seien immens und für Menschen mit Kindern kaum noch zu erfüllen. Anders sehe es in alternativen Kommunikationsberufen wie der PR aus, wo die “work/life-balance” deutlich ausgewogener sei.

Medienexperte Paul Gillin gründete im Jahr 2007 die Website newspaperdeathwatch.com, die ausschließlich über Schließungen oder einschneidende Veränderungen bei Tageszeitungen berichtet. “Zeitungen reagieren einfach überhaupt nicht auf die Veränderung von Konsumgewohnheiten”, meint Gillin. “ Wenn es mit den Zeitungen einmal abwärts geht, dann kann es sehr schnell gehen und ziemlich heftig werden”.

Das US-Branchenmagazin Editor&Publisher weiß zu berichten, dass die Anzahl der täglich erscheinenden Zeitungen in den USA von 1.730 Blättern im Jahr 1985 auf 1.382 zurückgegangen ist. Einige bekannte amerikanische Tageszeitungen wie The Ann Arbor (Mich.) News, The New Orleans Times-Picayune oder The Seattle Post-Intelligencer sind Richtung online migriert oder lassen ihre Printausgaben nur noch zusätzlich zwei- bis dreimal die Woche erscheinen.

Auch in Deutschland wird schon geunkt, wann denn die gedruckten Tageszeitungen endgültig aussterben. Der Eichstätter Journalistik-Professor Klaus Meier hat dazu eine, statistisch nicht ganz zulässige, Trendfortschreibung aus den Auflagezahlen deutscher Blätter unternommen und ist zum Schluss gekommen, dass im 2034 die letzte Zeitung in Deutschland erscheinen wird:

Für Vorträge in diesen Tagen habe ich die Auflagenzahlen der gedruckten Tageszeitungen in Deutschland der vergangenen 20 Jahre in eine einfache Trendberechnung geschickt. Das Ergebnis ist frappierend: Fast alle Werte liegen tatsächlich sehr genau auf einer Kurve, die sich langsam, aber immer stärker senkt. Im Jahr 1992 waren es noch 26 Millionen verkaufte Tageszeitungen, 2002 23,2 Millionen (minus 11%) und 2011 nur noch 18,8 Millionen (minus 19%). Die Statistik sagt uns voraus: 2022 werden noch ca. 11 Millionen Exemplare verkauft – und 2034 ist dann Schluss.

Dass bei solchen Unkenrufen der (Zeitungs-)Journalistenberuf an Reputation verliert, ist verständlich. Auf der Allensbacher Berufsprestigeskala rangieren Journalisten in der unteren Hälfte der Skala, Fernsehmoderatoren belegen gar den letzten Platz.

Allerdings sei an dieser Stelle der nicht tot zu kriegende Satz zitiert, dass bekanntlich Totgesagte häufig länger leben. Trotz der sinkenden Reputation ist der run auf die Medien- und Journalistik-Studiengänge an deutschen Hochschulen nach wie vor fast ungebremst hoch. Und wem einmal beim Schmökern das Ipad in die Badewanne gefallen ist, der wird vielleicht auch nach dem Jahr 2034 noch an der auf Papier gedruckten Tageszeitung festhalten.

CareerCast’s 2013 Jobs Rated Report: Zeitungsreporter ist der übelste Job: kress.de

PC-Markt bricht ein


11 Apr

PC’s scheinen ein Fall für den Sperrmüll (Foto: Haarkötter)

Die Zahlen der PC-Verkäufe im ersten Quartal 2013 sind offenbar sehr stark zurückgegangen. Branchenkenner nennen die Situation schon „dramatisch“.

Den Zahlen von IDC zufolge fielen die weltweiten Verkäufe von Rechnern auf 76,3 Millionen – ein Verlust von 13,9 Prozent. Damit seien die ersten Monate des Jahres die schlechtesten seit den ersten Messungen im Jahr 1994, schreiben die Marktbeobachter.

Zugleich soll Gartner-Analyst Mikako Kitagawa eine düstere Prognose für die PC-Branche abgegeben haben. Verbraucher verlagerten demnach ihre Computer-Nutzung auf andere Geräte wie Smartphones und Tablets. Nicht einmal in den Entwicklungsländern soll noch ein starkes Wachstum beim Absatz klassischer Notebooks und Desktops zu erwarten sein.

Schuld an der Misere soll laut Branchenkennern auch das neue PC-Betriebsystem Windows8 sein.

„Es scheint klar, dass die Veröffentlichung von Windows 8 nicht nur dahingehend gescheitert ist, den PC-Markt anzukurbeln“, sagte IDC-Analyst Bob O’Donnell. „Es scheint sogar, dass der Markt abgebremst wurde.“

Die User könnten sich einfach nicht an die radikal andere Bedienung der Software gewöhnen.

WAZ-Chef: Lieber lokal als Qualitätsjournalismus


02 Apr

Bemerkenswerte Ansichten hat der WAZ-Chef Manfred Braun kürzlich in der Fachzeitschrift “Medienwirtschaft” geäußert. Die WAZ-Mediengruppe (heute: Funke-Mediengruppe) hatte im vergangenen Jahr die “Westfälische Rundschau” dicht gemacht, jetzt Ende März kam heraus, dass weitere 200 Stellen in Nordrhein-Westfalen wegfallen sollen. Braun zog eine interessante Trennlinie und erklärte nun, ihm gehe Lesernähe vor journalistischer Qualität. Viele Zeitungsredakteure würden "immer noch Zeitungen für sich und die Journalistenkollegen" produzieren, dabei aber die Leser vollkommen vergessen, zitiert die "MedienWirtschaft" Braun. Das von allen Journalisten gelebte Denken in Geschichten würde von den Lesern nicht in der Wertigkeit wahrgenommen, wie der KressReport aus dem Interview zitiert, das der Dortmunder Journalistikprofessor Frank Lobigs geführt hatte.

Funke-Chef Braun zum Stellenabbau in NRW: Lesernah und lokal statt journalistisch hochwertig: kress.de

Kölner Stadtanzeiger rottet deutsche Männer aus


04 Dez

männliche Anatomie (Grafik: Wiki Commons)

Zeitungssterben ist das eine, Sterben in der Zeitung ist das andere: Wenn beides zusammen kommt, dürfte der Untergang des Abendlandes nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der Kölner Stadtanzeiger jedenfalls hat eine regelrechte Sterblichkeitsepedemie ausgemacht und schickt sich an, Deutschlands Männer auszurotten. Und das ausgerechnet in der heutigen Ausgabe des „Magazins“, zwischen Themen wie „Kratzen im Hals bei Kerzenschein, „Anleitung zum Mitsingen“ und dem Horoskop. Dort geht es, weil mit der Weihnachtszeit ja auch das Jahr zu Ende geht, um die Sterblichkeit bei Prostatakrebs. Konkret, so der Stadtanzeiger:

„…drei von hundert Männern bundesweit sterben jährlich an Prostata-Krebs, so die Statistik.“

Wirklich? Kurz nachgerechnet: Drei Prozent der männlichen Bundesbürger, das wären bei ca. 40 Mio. Männern in Deutschland gute 1,2 Millionen Sterbefälle nur mit der Diagnose Prostatakrebs. Jährlich! Diese Zahl ist schon dann absurd, wenn man sich ansieht, wieviele Menschen überhaupt jährlich in Deutschland sterben:

Im Jahr 2008 starben 446.788 Frauen und 397.651 Männer das waren rund 1% der Bevölkerung.

Der Kölner Stadtanzeiger will also buchstäblich ein Massaker an der männlichen deutschen Bevölkerung veranstalten. Aber auch wenn man solche statistischen Nickeligkeiten außen vorlässt, und sich nur die Statistiken zu Prostataerkrankungen ansieht, ist die Rechnung im Magazin der Kölner Tageszeitung nicht nachvollziehbar:

Unter den bei Männern zum Tode führenden Krebserkrankungen lag das Prostatakarzinom 2008 mit 10,4% (etwa 11.900 Fälle) nur an dritter Stelle, nach Lungenkrebs (25,4%, ca. 29.000 Fälle) und Dickdarmkrebs (12,5%, ca. 14.200 Fälle). Die Sterberate (Mortalität, standardisiert) betrug etwa 20 je 100.000 Männer.

Wie kann die Journalistin dann nur auf diese sehr unsinnige Prozentangabe gekommen sein? Vielleicht durch statistische Aussagen wie diese:

Das Sterberisiko im Laufe des Lebens beträgt insgesamt nur 3,3%.

Dies ist aber nur die Angabe einer Wahrscheinlichkeit und nicht der tatsächlichen Sterbefälle, und sie bezieht sich auch nur auf diejenigen Männer, die schon an Prostatakrebs erkrankt sind. Andernfalls würde sich die Nachfrage an einen Kölner Chefarzt auch erübrigen, die da lautete:

Steigt die Zahl der Prostata-Krebsfälle?

Legt man die Rechenkünste des Kölner Stadtanzeigers zugrunde, muss logischerweise die Krebsrate sinken: Denn alle potentiellen Patienten würden über kurz oder lang ausgerottet sein. Damit sterben allerdings auch die Leser des Kölner Stadtanzeigers aus: Sterben in der Zeitung = Zeitungssterben. Was zu beweisen war.

Presse: Davon geht die Welt nicht unter. Oder doch?


28 Nov

Foto: Gerd Altmann/Pixelio

Untergänge scheinen die Spezialität von Medienunternehmen zu sein, wenn man die Medienseiten der großen Zeitungen dieser Tage verfolgt. Das Internetportal Yahoo hat aus der Not eine Tugend gemacht und den Weltuntergang geradewegs ins Portfolio genommen. Unter der Rubrik „Yahoo! Services“ ist zu finden:

Weltuntergang als neuer Internetdienst? Sintflut als Netz-Gadget? World Wide Crash? Nichts von alledem: Folgt man der Verzweigung, dann findet man eine Linkliste zum Thema des angeblich vom Volk der Maya für das Jahr 2012 prognostizierten „Weltuntergangs“. Dieser Liste sind noch weitere interessante mediale Krisenphänomene zu entnehmen. Zum Beispiel, dass das ZDF für den 21.Dezember eine „Live-Sendung“ zum Weltuntergang plant:

Mit einem „einen augenzwinkernden Blick in alle Welt“ (es müsste wohl heißen: in alle Welt-Untergänge) will das Zweite Deutsche Fernsehen dem Krisenphänomen journalistisch begegnen.

Wenn von Krise und Journalismus die Rede ist, dann kommt man dieser Tage ja schnell auf die Einstellung der Frankfurter Rundschau und der Financial Times Deutschland. Einen guten Überblick über die aktuelle medienjournalistische Debatte gibt onlinejournalismus.de mit Links auf Beiträge von Gutjahr, Lobo, taz, Vocer und vielen anderen berufenen Stimmen.

 

 

Sterbende Medien: PC-Erfinder sieht Ende der PC-Ära


13 Aug

IBM_PCVor 30 Jahren ist der PC erfunden worden. Am 12.August 1981 kam der IBM 5150 auf den Markt, der erste kommerziell vertriebene Personal Computer (PC), eine digitale Allzweckwaffe, die sich in kurzer Zeit zum “Industriestandard” entwickelte.  Nun erklärt Mark Dean, Chief Technology Officer bei IBM und damals Mitglied im Entwicklerteam des IBM 5150, die Ära dieses Standards für beendet:

I, personally, have moved beyond the PC as well. My primary computer now is a tablet. When I helped design the PC, I didn’t think I’d live long enough to witness its decline. But, while PCs will continue to be much-used devices, they’re no longer at the leading edge of computing. They’re going the way of the vacuum tube, typewriter, vinyl records, CRT and incandescent light bulbs.

Die IBM-Maschine war schon bei ihrem Erscheinen Anfang der 1980er Jahre kein Meisterwerk der Technik: „Er war rückständig. Von der Hardware her kein Meilenstein, von der Software her kein Meilenstein. Aber er kam zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Andreas Stiller, leitender Redakteur bei der Computerzeitschrift „c´t“, gegenüber Focus Online. Gedacht war damals nicht an ein epochemachendes Stück Technologie, sondern an ein Me-to-Produkt, um Konkurrenz abzuwehren und Marktanteile zu sichern, wie beim Focus weiter zu lesen ist:

Der PC war die Antwort von IBM auf einen wachsenden Markt von preisgünstigen Kompaktrechnern, die neu gegründete Computerfirmen wie Commodore oder Apple auf den Markt brachten. Der Elektronikkonzern, eher bekannt für seine Großrechner, wollte daher ein eigenes Modell für den Hausgebrauch entwickeln. Die Manager waren nicht darauf aus, ein neues Kapitel der Computergeschichte zu schreiben. Es war ein defensives Manöver, das Start-Up-Konkurrenz vom Markt fegen sollte.

Mit dem IBM-PC begann auch der Aufstieg der Softwarefirma Microsoft. Da IBM nicht einmal ein eigenes Betriebssystem für das neue Gerät hatte, kaufte man es günstig von den beiden jungen Computertüftlern Paul Allen und Bill Gates. Auch dieses Betriebssystem, MS-DOS, war damals schon nicht mehr aktueller Stand der Technik und erntete selbst in internen Dokumenten des Chip-Herstellers Intel vernichtende Kritik. Dass der IBM-PC sich überhaupt für lange Jahre zum Standard entwickeln konnte, lag wohl eher am Konservativismus in Wirtschaftskreisen: Statt auf die avantgardistischen Hersteller zukunftsweisender Computer wie Atari zu bauen, verließ man sich lieber auf den biederen Büromaschinenhersteller IBM.

Und genau diese Ära scheint nach Meinung von Mark Dean zu Ende zu sein. Der PC werde aber, so Dean, nicht etwa durch ein anderes Gerät ersetzt. Vielmehr habe ein Umdenken eingesetzt, dass nämlich Innovationen nicht mittels technischer Geräte, sondern in dem sozialen Raum, der sich Anwendern und Anwendungen entwickelt, blühen und gedeihen:

PCs are being replaced at the center of computing not by another type of device—though there’s plenty of excitement about smart phones and tablets—but by new ideas about the role that computing can play in progress. These days, it’s becoming clear that innovation flourishes best not on devices but in the social spaces between them, where people and ideas meet and interact. It is there that computing can have the most powerful impact on economy, society and people’s lives.

http://asmarterplanet.com/blog/2011/08/ibm-leads-the-way-in-the-post-pc-era.html#more-10321

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter