Archive for August, 2009

TAZ stellt berichterstattung ein


07 Aug

 taz logo_klein Man kann natürlich als Medium seine medienkritische Haltung auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass man die Berichterstattung einfach einstellt. So geschieht es gerade bei der TAZ, die mit viel Tamtam (wiewohl sie doch eigentlich das Revier von TomTom ist …) der Berichterstattung über die Leichtathletik-WM in Berlin eine Absage erteilt hat.

Hintergrund sind die Akkreditierungsmodalitäten für Sportjournalisten:

Um über die WM vom 15. bis 23. August 2009 im Berliner Olympiastadion berichten zu dürfen, müssen sich Journalisten umfassend von den Sicherheitsbehörden durchleuchten lassen. Unterschreiben sie die „Einverständniserklärung zur Zuverlässigkeitsprüfung“, dann werden sie von Polizei, Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst überprüft. Die Behörden benutzen dafür die bundesweite Staatsschutzdatei Inpol, die Datei „Gewalttäter Sport“ und andere Datensammlungen. „Das ist ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit“, schrieb taz-Chefredakteurin Ines Pohl in der Donnerstagsausgabe der taz. Die Sportredakteure unterschrieben diese Einverständniserklärung nicht oder strichen Passagen darin durch. Daraufhin wurde ihnen die Akkreditierung für das Sportereignis verweigert.

Leichtathletik-WM und die Journalisten: Unterschrift mit Unbehagen – taz.de

Ernährungs-Bolschewismus


04 Aug

Ach, wenn man doch Wörter essen könnte: ich nähme dann ein halbes Hänchen, und zwar von jenem Han, der hinter jedem hanebüchenen Unsinn steckt. Einen solchen hat in der aktuellen Ausgabe die Wochenzeitung Die Zeit verzapft. Es gibt, nach dem Fall der Mauer, dem Tod von Jacques Derrida und dem Ende von Dallas ja praktisch keine Ideologien mehr, deren Verfechtung oder Bestreitung der Rede wert wären. Einzig der Ernährungs-Bolschewismus ist übrig geblieben, der in einer vorgeblich „gesunden Ernährung“ die letztliche Befreiung der Arbeiter- und Verbraucherschaft wähnt, mit starkem Geschütz auf die natürlichen Feinde als da wären gesättigte Fettsäuren, rechtsdrehende Joghurts und Weißmehl jeden Typs feuert und mit Kritik und Selbstkritik auf jeden Rückfall in alte Ernährungsgewohnheiten wie etwa Sattwerden und Genießen reagiert. Was nicht schmeckt, ist gesund, und diese Apothekerweisheit muss auch in der Vollwertküche der Ernährungsbolschewisten gelten. So auch in der Zeit, deren Beitrag zum Ernährungskampf bezeichnenderweise mit „Süße Bomben“ überschrieben ist und die sich mit dem Zuckeranteil in verschiedenen Lebensmitteln auseinandersetzt. Siehe da, Cola hat also einen hohen Zuckeranteil, Kakao, Gummibärchen und Waffelschnitten desgleichen. Wen diese Erkenntnisse überraschen, der darf wenigstens sich glücklich schätzen, das Zeitalter der Ideologien hinter sich gelassen zu haben. Denn Ideologien zeichnet es aus, das stets Altbekannte, die eigenen Glaubensgewissheiten immer wieder herzubeten. Und passt etwas nicht ins Bild, wird es hineingestutzt. Diesesmal das „Milchbrötchen“.

Zeitgrafik

Es enthält nämlich, oh Schreck, praktisch keinen Zucker, jedenfalls viel weniger als z.B. ein Apfel. Da das nicht ins Bild passt, schiebt man den Satz hinterher:

Kein Brotersatz, meist relativ nährstoffarmes Weißmehl

Nährstoffarmes Weißmehl? Man kann von Weißmehl allerhand behaupten, u.a. dass es das gar nicht gibt, weil es ein nur von Ernährungsbolschewiken benutzter Kampfbegriff als Gegensatz zu „Vollkornmehl“ ist (Mehl wird in Deutschland in verschiedenen Typenklassen definiert, und weiß ist im übrigen auch Vollkornweizenmehl, außer es wird Farbstoff oder karamelisierter Zucker hinzugefügt, was in Vollkornbäckereien gerne geschieht) — jedenfalls eines kann man sicher nicht behaupten: Es sei nährstoffarm. Im Gegenteil ist Mehl geradezu die Definition von Nährstoff. 30 Prozent des gesamten Protein-Bedarfs und sogar 64 Prozent des Kohlehydratbedarfs der Bevölkerung wird damit gedeckt. Es enthält übrigens auch deutlich mehr Ballaststoffe als etwa ein Apfel. Anders wären auch die 134 kcal, die auch die Zeit dem Milchbrötchen konzediert, gar nicht zu erreichen. So kommt es auch, dass Kuchen eines der besten Lebensmittel ist, die wir überhaupt herstellen können. Denn in Kuchen kommen nicht nur nach einem alten Kinderlied Eier, Zucker, Butter und Mehl und damit die Hauptbestandteile von dem, was wir überhaupt Ernährung und damit Nährwert nennen: Proteine, Kohlehydrate und Fett. Wie sagte der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer, Autor des „Lexikons der populären Ernährungsirrtümer“: „Essen soll satt machen und nicht gesund“. Mögen andere also weiterhin ihrem Klassenmampf fröhnen, ich beiße herzhaft in mein Milchbrötchen. Ach ja, und dazu ein halbes Hänchen.

Wissen in Bildern | Wissen | ZEIT ONLINE

Chefkoch.de: Weißmehl ungesund?

"Sportschau" bekommt neue Studiodekoration


03 Aug

Erst kürzlich mokierte sich einer der obersten ARD-Journalisten über die neue Studiotechnik der ZDF-Nachrichten. Jetzt schlägt das Imperium zurück:

Die Sendung biete damit das „erste kinetische Studio der Fernsehgeschichte“, sagte Redaktionsleiter und WDR-Sportchef Steffen Simon. Normalerweise entstehe Bewegung im Fernsehen, wenn sich Moderator oder Kamera bewegten. „Bei uns bewegt sich die Studiodekoration“, so Simon.

Dieser Effekt ist auch mit einer Sprengladung zu haben: Dann fliegt einem alles um die Ohren.

„Sportschau“ bekommt neue Studiodekoration

Wochenendschicht beim Stadtanzeiger


03 Aug

Wer am Wochenende arbeiten muss, ist schlecht gelaunt, unwillig oder bei den Kollegen so unbeliebt, dass man ihn während der Woche einfach nicht ertragen kann. So sieht dann auch die Montagsausgabe des Kölner Stadtanzeigers aus. Dabei antwortete schon Karl Kraus auf den Einwand, es handle sich doch bloß um Tippfehler, sinngemäß, wer schludrig im Schreiben sei, der sei auch schludrig im Denken. So ist beispielsweise zu lesen:

Zusatzeinkünften können aber auch Durchschnittsrentner steuerpflichtig werden.

Man sollte Rentner besser behandeln. Dann könnte man auch die richtigen Leute in Rente schicken.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter