Aufruf zu „slow media“

16 Sep
Salvador Dali: Uhren

Die drei Blogger Benedikt Köhler, Sabria David und Jörg Blumritt haben im Internet ein Manifest für „slow media“ veröffentlicht. Analog zur „slow food“-Bewegung wollen die „slow media“-Anhänger eine Entschleunigung des Medienbetriebs.

Im zweiten Jahrzehnt wird es weniger darum gehen, neue Technologien zu finden, die das Produzieren von Inhalten noch leichter, schneller und kostengünstiger gestalten. Stattdessen wird es darum gehen, angemessene Reaktionen auf diese Medienrevolution zu entwickeln – sie politisch, kulturell und gesellschaftlich zu integrieren und konstruktiv zu nutzen. Das Konzept “Slow” – Slow wie in Slow Food und nicht wie in Slow Down – ist ein wichtiger Schlüssel hierfür. Analog zu Slow Food geht es bei Slow Media nicht um schnelle Konsumierbarkeit, sondern um Aufmerksamkeit bei der Wahl der Zutaten und um Konzentration in der Zubereitung. Slow Media sind auch einladend und gastfreundlich.

Den Initiatoren geht es um Nachhaltigkeit im Medienbetrieb, sie fordern „Monotasking“ und „Prosumenten“ statt „Konsumenten“ von Medien. Schon zuvor hatte Elissa Altman in ihrem Blog auf Huffington Post einen Aufruf zu „slow media“ veröffentlicht. Sie malte sich aus, wie es wäre, mal wieder die alten Vinylplatten zu hören, einen Brief zu schreiben und per Post zu verschicken, ein Abendessen aus dem Nichts zu zaubern oder einfach ein Buch zu lesen, und zwar eines aus Papier:

 The only answer? Go Slow. Listen to your father’s albums. Write a letter and stick a stamp on it. Make dinner from scratch. Read a book. A paper one.

Auch David D. Perlmutter, Journalistik-Professor an der University of Kansas, macht sich Gedanken über die Beschleunigungs- und Entschleunigungsszenarien des Informationszeitalters. Seiner Meinung nach war die große mediale Herausforderung des 20. Jahrhunderts die Frage nach dem Zugang zu Informationen. Das 20. Jahrhundert hat darauf mit Lautsprechern und Rundfunk, Fernsehen und Internet geantwortet. Im 21. Jahrhundert ist dieses Szenario aber in die Krise geraten. Aus der Frage, wie wir an Informationen kommen, ist die Frage geworden, wie wir an gute Informationen kommen. Perlmutter verkündet darum das „Slow Blog Manifesto“ und rät explizit, die eigene Leserschaft zu reduzieren, vor dem Bloggen nachzudenken, die Privatsphäre zu schützen:

Send, forward, reply and above all reply all wisely. Reduce the number of messages in any form, from IM to email to Twitter tweets you send. Think: do I need to send this? Does anybody need to know it?

Das Nachdenken über Beschleunigungs- und Entschleunigungstendenzen im Medienbetrieb geht zurück auf den französischen Medientheoretiker Paul Virilio, der diese Fragen zu seinem Lebensthema gemacht hat. In Büchern wie Krieg und Kino oder Rasender Stillstand hat er gezeigt, wie Geschwindigkeit zum Agens der medialen Revolutionen des 20. Jahrhunderts wurde, wie die „laufenden Bilder“ kriegsentscheidend werden konnten, wie überhaupt Militarismus und Medienentwicklung zusammenlaufen. „Dromologie“ nannte Virilio diesen von ihm entworfenen Wissenschaftszweig.

Geschwindigkeit ist nicht nur ein Symptom der medialen Krise, sie kann auch Krisen auslösen. Am 6.Mai 2010 verlor der Dow Jones-Index an der New Yorker Stock Exchange innerhalb weniger als einer halben Stunde mehr als tausend Punkte. Es war der stärkste Kursrutsch in der Geschichte der Wallstreet. Experten gehen davon aus, dass der automatisierte Computerhandel eine Mitverantwortung für den Crash hat:

Denn wenn ein bestimmter Börsenwert innerhalb kurzer Zeit zu schnell abrutscht, müssen die Rechenmaschinen den Vorgang normalerweise stoppen. Doch dieser Automatismus muss dieses Mal versagt haben. „Das war wie eine Apokalypse für den computergesteuerten Handel“, sagt Stefan de Schutter vom Wertpapierhandelsunternehmen Alpha.

Das ist auch der Grund, warum Ex-US-Präsident Bill Clinton dazu aufgefordert hat, nicht nur die Medien, sondern das gesamte Wirtschaftsleben zu entschleunigen. Was nötig wäre, ist nicht „slow media“, sondern „slow economy“:

We just have to slow down our economy and cut back our greenhouse gas emissions ‘cause we have to save the planet for our grandchildren.

Allerdings zweifelte schon Elissa Altman, dass das Konzept „slow media“ sich im Alltag durchsetzen lässt. Sie stellte sich vor, wie sie im Ohrensessel sitzt, einen Cocktail trinkt und Vinylplatten hört, bis der Meditationsgong aus ihrem Blackberry ertönt und ihr mitteilt, dass sie neue Emails empfangen hat:

I only hope that I can make Slow Media work in my house; I look forward to sitting back in my Eames knock-off lounger, sipping a cocktail, and listening to vinyl, until the meditation gong goes off on my Blackberry and tells me that I’ve got mail.

„Slow food“ will ja, im Gegensatz zu „fast food“, den Genuss wieder fördern und damit das Leben ein bisschen glücklicher machen. Vielleicht könnte auch „slow media“ dazu beitragen, dass wir Medien wieder genussvoll konsumieren (oder, wie die Anhänger sagen, „prosumieren“) können und auch in unser mediales Leben wieder das Glück einzieht.

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Tagesschau.de: Korruptionsvorwürfe gegen die deutsche Sprache

13 Sep

Es gibt diese unausrottbaren Sprachschnitzer, wie nicht nur, aber hauptsächlich Journalisten sie begehen. Einer davon betrifft das Wort “programmieren”. Wörtlich übersetzt heißt es “vor-schreiben”. Eine Vorschrift ist ja z.B. auch ein Computer-Programm, denn es sagt dem Computer, was er zu tun hat.

Nun schreibt die Nachrichtenredaktion von Tagesschau.de über einen millionenschweren Bestechungsskandal in Frankreich. Die traurige und nackte Wahrheit klingt so:

Robert Bourgi, ehemaliger Afrika-Berater von Jacques Chirac, hat ausgepackt: Im Auftrag von Chirac und Ex-Premier De Villepin habe er jahrelang Millionensummen nach Paris geschafft. Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück. Doch ein Polit-Skandal ist vorprogrammiert.

“Vor-programmieren”, das ist so viel wie “vor-vor-schreiben”, und damit mindestens ein “vor” zu viel. Pleonasmus nennen das die Sprachwissenschaftler. Ob hier das Wort “programmieren” (auch ohne das lästige “vor’” zu viel) die richtige Wortwahl war, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Aber so schreiben nun mal Journalisten.

Korruptionsvorwürfe gegen Chirac: Geldkoffer aus Afrika? | tagesschau.de

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Noch nie online: In Deutschland jeder Sechste

05 Sep

Slimline_Keyboard_for_iPod_NanoOnlinehype? Jeder sechste Deutsche, nämlich 17 % der Bevölkerung, waren nach Angaben des Wiesbadener Statistischen Bundesamts noch nie im Internet. Die Datenautobahn ist für viele Menschen ein kleiner Flurbereinigungsweg.

In Deutschland haben 17 % der Bevölkerung zwischen 16 und 74 Jahren noch nie das Internet genutzt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) in Wiesbaden mitteilt, haben vor allem ältere Menschen keine Interneterfahrung. In der Altersklasse von 55 bis 74 Jahren galt das für 42 %. In den jüngeren Altersklassen lag der Anteil hingegen jeweils unter 10 %.

Im europaweiten Vergleich liegt die Bundesrepublik damit immer noch in der oberen Hälfte, was die Internetnutzung angeht. In drei europäischen Ländern war mehr als die Hälfte der Bevölkerung noch nie online: Rumänien, Griechenland und Bulgarien. Aber auch in der Kulturnation Italien ist über 40 Prozent der Bevölkerung das Internet fremd. Obwohl, vielleicht ist es ja deswegen eine Kulturnation …

Statistisches Bundesamt Deutschland – Noch nie online: In Deutschland jeder Sechste, EU–Europäische Union-weit jeder Vierte

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Tiefhängende Hose beschädigt Sprache

05 Sep
Baggy Pants (Foto: Wikimedia)

Baggy Pants (Foto: Wikimedia)

Schon dumm gelaufen. Nicht aber für den Sänger einer Punkband namens „Green Day“, sondern für die, die unbesehen dpa-Meldungen nachdrucken:

Rockstar Billie Joe Armstrong (39), Frontmann der Punkband Green Day („Boulevard of Broken Dreams“), ist aus einem Flugzeug verwiesen worden – weil er sich geweigert hatte, seine tief sitzende Hose hochzuziehen.
(Bild.de)

Wie immer man diese Mode findet — immerhin tragen sich für progressiv haltende (Berufs-) Jugendliche ihre Hosen schon so geraume Zeit auf Halbmast, das der traurige Anblick beinahe als konservativ zu bezeichnen ist: Man wird — Hose hin, Hose her — nicht „aus einem Flugzeug verwiesen„, sondern bestenfalls „eines Flugzeugs verwiesen“. Agentur-Meldungen, egal wie bunt sie auch klingen, sollten eben nicht leichtfertig übernommen werden. Auch Tickernachrichten darf man redigieren, wenn man sich noch eine Redaktion leistet und der deutschen Sprache die Ehre erweisen möchte, die sie verdient. So schreibt der Spiegel völlig korrekt über den Hosenmatz:

Der Green-Day-Frontmann Billie Joe Armstrong musste deswegen ein Flugzeug verlassen.

Wer dpa-Meldungen nachdruckt und nicht verfälscht, wird mit Sprachkritik nicht unter zwei Duden bestraft. N-TV-Nachrichten greifen ebenfalls korrigierend in den Tatbestand ein:

US-Rocker Billie Joe Armstrong, Frontman der Punkband Green Day, ist im Streit um tief hängende Hosen von Bord eines Flugzeugs gewiesen worden.

Beim Kölner Stadtanzeiger dagegen ist „gut gemeint“ wieder mal nicht „gut gemacht“. Im Online-Artikel wird (anders als in der Printausgabe) korrekterweise aus „verwiesen“ ein „gewiesen“. Doch ach! die Überschrift lautet:

Hängende Hosen: Green Day-Rocker von Flugzeug verwiesen

Für so etwas gab es früher einen Verweis! Wenn einer sich elegant ausdrücken will und dabei stolpert, muss es eben nicht an der Hose liegen.

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Kein Buch schreiben und damit berühmt werden

02 Sep

Kaum zurück aus dem Urlaub, muss man als Leser des Kölner Stadtanzeigers Folgendes um die Augen geschlagen bekommen:

„Auf dem Cover des zusammen mit dem Autor und Comedian Till Hoheneder geschriebenen Buchs sieht man eine angereifte Frau mit dickem blonden Haarschopf, die sich ganz offensichtlich des Lebens freut“.

Es geht um ein offenbar demnächst erscheinendes Buch der Kölner Komödiantin Gaby Köster. Interessant ist an dem zitierten Absatz so Einiges. Zu allererst mal die (vielleicht etwas triviale, aber dennoch bemerkenswerte) Feststellung, dass Buchautoren ihre Bücher heutzutage nicht mehr selber schreiben. Wenn es schon heißt „geschrieben zusammen mit“, kann man getrost davon ausgehen, dass vermutlich keine einzige Zeile von der (prominenten?) Person stammt, die werbewirksam auf dem Buchcover abgebildet ist. Schlimm für den armen echten Autoren ist aber nicht nur, dass eine andere die Meriten für diese vermutete literarische Großtat einheimst, sondern auch, als „Autor und Comedian“ bezeichnet zu werden. Wer sich so nennen lassen muss, ist doch ein ganz armes Würstchen.

Nicht nur Gaby Köster kann offenkundig nicht schreiben. Auch die Autorin des Kölner Stadtanzeigers hat ihre liebe Not mit der deutschen Sprache. Wie auch immer Gaby Köster auf dem Buchcover aussieht: „angereift“ ist sie mit Sicherheit nicht. Warum nicht? Weil es dieses Wort in der deutschen Sprache nicht gibt. Da ist dann auch schon egal, dass im Kölner Stadtanzeiger jemand über Bücher schreiben darf, die er selbst nicht gelesen hat. Das ist mir auch schon am eigenen Leibe (bzw. Buche) passiert. Denn das Buch ist nicht nur noch gar nicht erschienen. Auch der avisierte Verlag (Scherz) weiß auf seiner eigenen Website nichts von diesem Werk. Auch Amazon kennt diesen Buchtitel noch nicht. Folgerichtig hat der Stadtanzeiger als Abbildung aus einem Verlagsprospekt eine Seite abfotografiert. Fassen wir zusammen: Gaby Köster hat ein Buch nicht (selbst) geschrieben, das auch nicht veröffentlicht wurde, und der Kölner Stadtanzeiger hat damit mehr als eine halbe Seite gefüllt. Das ist schon eine Kunst.

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Urlaub: Erholung von Medien?

19 Aug

Wer glaubt, auch die Sprachschnitzer des deutschen Journalismus würden einmal Urlaub machen und uns wenigstens in der Ferienzeit ein bisschen Erholung gönnen, der irrt. Ein paar kleine Kostproben:

Sportreporter Edgar Endres auf Bayern 5 aktuell:

„Das 2:0 hätte noch wesentlich höher ausfallen müssen“.

Sportreporter sind ja schon legendär für ihren Quatsch mit Soße. Und hier quarkt es wieder besonders: Ein 2:0 wird auf immer und ewig ein 2:0 bleiben. Denn wenn es höher ausfiele, wäre es definitiv kein 2:0 mehr. Irgendwie logisch. Aber damit haben es Sportreporter ja nicht immer.

*   *   *

Aus der TV-Kritik über eine Adelsschmonzette aus dem Hause Habsburg in der Süddeutschen Zeitung:

„Franz ist ein dynastisch denkender, frustrierter Taktiker, der sich erwehren muss gegen allerlei sozialreformerische und frühdemokratische Ideen seiner Untertanen“.

Es ist schon ein Elend mit der erlesenen Ausdrucksweise. Da wählt man mal, weil es trés chic klingt, ein nicht völlig allgemein gebräuchliches Verb wie „sich erwehren“, und dann patzt man doch wieder. Denn „sich erwehren“ regiert einfach den Genitiv: „… er musste sich allerlei frühdemokratischer Ideen erwehren …“. Das Adverb „allerlei“ jagt einen hier natürlich ein bisschen ins Bockshorn (nicht: „Boxhorn“!), da es nicht mitflektiert wird und darum den korrekten Gebrauch des Genitivs etwas vernebelt.

*  *  *

Gut, dass Journalisten auch in der Ferienzeit zwischen Bericht und Kommentar klar zu unterscheiden wissen. Obwohl, einige, wie zum Beispiel Gustav Seibt in der SZ, lassen auch da an heißen Tagen mal fünfe gerade sein. In einem Bericht über die Autobrandstiftungen in Berlin schreibt er:

„Natürlich sind verbürgerlichte Alternative gegen brennende Autos, aber ein paar Blockwartdienste zum Wohl der Volksgemeinschaft im Kiez dürfen schon sein“.

Dafür muss man diesen wohlfrisierten Autoren von Qualitätszeitungen schon dankbar sein: Wer sonst, wenn nicht die Süddeutsche, würde den passenden Kamm finden, um die neu erstarkten Grünen mit Nazis über einen ebensolchen zu scheren.

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Sterbende Medien: PC-Erfinder sieht Ende der PC-Ära

13 Aug

IBM_PCVor 30 Jahren ist der PC erfunden worden. Am 12.August 1981 kam der IBM 5150 auf den Markt, der erste kommerziell vertriebene Personal Computer (PC), eine digitale Allzweckwaffe, die sich in kurzer Zeit zum “Industriestandard” entwickelte.  Nun erklärt Mark Dean, Chief Technology Officer bei IBM und damals Mitglied im Entwicklerteam des IBM 5150, die Ära dieses Standards für beendet:

I, personally, have moved beyond the PC as well. My primary computer now is a tablet. When I helped design the PC, I didn’t think I’d live long enough to witness its decline. But, while PCs will continue to be much-used devices, they’re no longer at the leading edge of computing. They’re going the way of the vacuum tube, typewriter, vinyl records, CRT and incandescent light bulbs.

Die IBM-Maschine war schon bei ihrem Erscheinen Anfang der 1980er Jahre kein Meisterwerk der Technik: „Er war rückständig. Von der Hardware her kein Meilenstein, von der Software her kein Meilenstein. Aber er kam zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Andreas Stiller, leitender Redakteur bei der Computerzeitschrift „c´t“, gegenüber Focus Online. Gedacht war damals nicht an ein epochemachendes Stück Technologie, sondern an ein Me-to-Produkt, um Konkurrenz abzuwehren und Marktanteile zu sichern, wie beim Focus weiter zu lesen ist:

Der PC war die Antwort von IBM auf einen wachsenden Markt von preisgünstigen Kompaktrechnern, die neu gegründete Computerfirmen wie Commodore oder Apple auf den Markt brachten. Der Elektronikkonzern, eher bekannt für seine Großrechner, wollte daher ein eigenes Modell für den Hausgebrauch entwickeln. Die Manager waren nicht darauf aus, ein neues Kapitel der Computergeschichte zu schreiben. Es war ein defensives Manöver, das Start-Up-Konkurrenz vom Markt fegen sollte.

Mit dem IBM-PC begann auch der Aufstieg der Softwarefirma Microsoft. Da IBM nicht einmal ein eigenes Betriebssystem für das neue Gerät hatte, kaufte man es günstig von den beiden jungen Computertüftlern Paul Allen und Bill Gates. Auch dieses Betriebssystem, MS-DOS, war damals schon nicht mehr aktueller Stand der Technik und erntete selbst in internen Dokumenten des Chip-Herstellers Intel vernichtende Kritik. Dass der IBM-PC sich überhaupt für lange Jahre zum Standard entwickeln konnte, lag wohl eher am Konservativismus in Wirtschaftskreisen: Statt auf die avantgardistischen Hersteller zukunftsweisender Computer wie Atari zu bauen, verließ man sich lieber auf den biederen Büromaschinenhersteller IBM.

Und genau diese Ära scheint nach Meinung von Mark Dean zu Ende zu sein. Der PC werde aber, so Dean, nicht etwa durch ein anderes Gerät ersetzt. Vielmehr habe ein Umdenken eingesetzt, dass nämlich Innovationen nicht mittels technischer Geräte, sondern in dem sozialen Raum, der sich Anwendern und Anwendungen entwickelt, blühen und gedeihen:

PCs are being replaced at the center of computing not by another type of device—though there’s plenty of excitement about smart phones and tablets—but by new ideas about the role that computing can play in progress. These days, it’s becoming clear that innovation flourishes best not on devices but in the social spaces between them, where people and ideas meet and interact. It is there that computing can have the most powerful impact on economy, society and people’s lives.

http://asmarterplanet.com/blog/2011/08/ibm-leads-the-way-in-the-post-pc-era.html#more-10321

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Vermischtes aus den Medien

07 Aug

Was ist in der neuesten Ausgabe von „Zeit Wissen“ zu lesen:

Noch immer sterben die meisten Menschen in Deutschland an einem Herzinfarkt – doch es werden weniger.

Korrekterweise müsste es doch wohl heißen: „… deswegen werden sie weniger“. Denn wenn sie sterben, können sie sich wohl kaum noch vermehren, oder?

*  *  *

Merkwürdig, da will man laut eigenem Verständnis und Redaktionsstatut „nach sozialen und liberalen Grundsätzen“ arbeiten, nämlich die Süddeutsche Zeitung, Deutschlands große „gemäßigt linke Tageszeitung“, und dann gibt man eine Buchreihe unter dem Motto „Entdecken Sie den Snob in sich“ heraus.

*  *  *

Jetzt wurde der Katastrophen-Fernsehsender „9live“ vollends eingestellt. Das wurde aber auch Zeit.

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Kölner Stadtanzeiger: Absturz als Dauerlauf

05 Aug

Wie geht das eigentlich? Folgendes ist heute im Kölner Stadtanzeiger zu lesen:

An den Börsen greift die Sorge vor einer erneuten Rezession um sich: Der Dax stürzte den siebten Handelstag in Folge ab.

 Mal völlig davon abgesehen, dass es korrekterweise „Sorge um“ und nicht „Sorge vor“ heißen müsste! Und dass Sorgen nicht „greifen“ können! Und auch völlig davon abgesehen, dass dieses „in Folge“ Gerede schlimmster Sportreporter-Sprech ist, der da schon nicht schön ist! Wie geht das eigentlich: Sieben Tage „in Folge“ abstürzen? Kam der Dax denn jeden Abend wieder auf die Beine, wenn er tags zuvor mal wieder abstürzte? Abstürzen ist doch einer dieser Vorgänge, die genau ein einziges Mal geschehen können. Auch Reinhold Messner kann nur ein einziges Mal vom Mount Everest abstürzen, aber bestimmt nicht sieben Mal „in Folge“. Eines steht fest: irgend jemand ist da ganz unten angekommen. Womöglich sogar der Kölner Stadtanzeiger selbst.

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Geburtenrate: Zeitungsleser sterben aus

03 Aug

Baby_diving Wikimedia105 mal gibt die Google-News-Suche Treffer heraus: Thema ist die Geburtenrate, alarmierender Tenor ist “die Deutschen sterben aus”. Von Günter Grass (“Kopfgeburten”) bis Thilo Sarrazin (“Deutschland schafft sich ab”) ist das Thema einmal von links bis rechts durchdekliniert worden. Aber wenn die deutsche Presse sich darüber hermacht, kann man sicher gehen, dass nicht nur der Volkskörper, sondern auch die deutsche Sprache bedroht ist. Das Bieler Tagblatt beispielsweise schreibt:

In Deutschland leben immer weniger Kinder. Zwischen 2000 und 2010 sank die Zahl um gut zwei Millionen auf 13,1 Millionen und wird nach Angaben des Statistischen Bundesamtes weiter abnehmen.

Aus dem “Immermehrismus” wird bei der Gelegenheit der “Immerwenigerismus”. Noch doller treibt es die Markenpost. Sie titelt:

Immer weniger Kinder im kinderärmsten Land Europas

Wirklich? Wenn Deutschland eh schon das “kinderärmste Land Europas ” ist, wie können dann noch “immer weniger” Kinder geboren werden? Eigentlich müsste es doch heißen: “Immer noch die wenigsten Kinder im kinderärmsten Land”. Am wildesten treibt es allerdings der Focus. Er schreibt:

Immer weniger Deutsche wollen Kinder

Mal abgesehen, dass dies keine statistische, sondern eine psychologische Prognose ist (was weiß die Statistik schon, was die Leute “wollen”) – es müsste doch wohl heißen: “Deutsche bekommen immer weniger Kinder”. Oder vielleicht: “Deutsche und Kinder werden immer weniger”. Oder vielleicht: “Immer weniger Kinder wollen zu den Deutschen”. Eines ist jedenfalls sicher: Die Zeitungsleser werden unweigerlich aussterben. Aber das muss keine demographischen Gründe haben.

Bieler Tagblatt online

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Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter