Lügenbaron Münchhausen hat die Kunst entwickelt, sich selbst am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Dieses Kunststück haben noch nicht viele zu wiederholen verstanden. Nur Journalisten haben einen Weg gefunden, das Husarenstück des Lügenbarons zu wiederholen: Sie interviewen sich selbst. Neuestes Beispiel ist das vorgebliche Mutterschiff aller Nachrichtenorgane, die ARD Tagesschau. Auf deren Internetseite ist ein Interview mit „Wahlexperte Jörg Schönenborn“ über den Ausgang der hessischen Landtagswahl zu lesen. Allerdings ist Schönenborn nicht irgend ein neutraler Beobachter, sondern Chefredakteur des größten ARD-Senders, nämlich des WDR, und als solcher führt er sonst selbst in der Tagesschau die Interviews. Eines unterscheidet diesen kleinen Zaubertrick, also die Verwandlung des Interviewers in den Interviewten, dann doch von der erwähnten Münchhausiade: Wer sich selbst interviewt, der gerät nur immer tiefer in den Sumpf.