Archive for the ‘öffentlich-rechtlicher Rundfunk’ Category

Tagesschau-Pannen


27 Nov

Die ARD-Tagesschau gilt als Inbegriff des seriösen Journalismus. Doch auch in dieser Sendung passieren mitunter lustige Pannen:

Sportberichte vom Roboter: Automatischer Journalismus


27 Nov

Ein sehr schöner Beitrag über automatisierten Journalismus aus der ZDF-Reihe Elektrischer Reporter:

Hier wird auch über die Funktionsweise der eingesetzten Algorithmen gesprochen und die Zukunftsfähigkeit des Modells betrachtet. Wahrlich der „elektrische Reporter“.

Wieviel Sport gucken Zuschauer im TV?


24 Okt

ARD_TatortkostenJa, wieviel Menschen gucken Sport im Fernsehen? Und wieviel Sport läuft da eigentlich? Und was kostet der Spaß? Das sind Fragen, auf die es künftig Auskunft geben soll im Rahmen einer neuen Transparenz-Offensive der ARD. Aber das eine sind die Zahlen, die veröffentlicht werden. Das andere ist, was JournalistInnen daraus machen. Zum Beispiel die Medienexperten des Fachdienstes DWDL. Die interessierten sich dafür, wieviel Sport eigentlich in der ARD geguckt wird und welche Sportarten dabei besonders gut abschneiden. Das Ergebnis ihrer Recherche klang dann so:

Knapp 20 Prozent der Zeit, die ein Zuschauer Das Erste sah, entfiel dabei auf den Sport. Dass der Fußball den größten Anteil an der Sportberichterstattung einnimmt, ist wenig überraschend: Von 444 Stunden Live-Sport im Jahr 2012 entfielen immerhin 97 Stunden auf den Fußball. Die Wintersport-Berichterstattung machte 158 Stunden aus, für die sonstigen Sportarten blieben 188 Stunden übrig.

Wenn Fußball 97 Stunden in der ARD lief und Wintersport 158 Stunden, was hat dann den größten Anteil? Jedenfalls nicht der Fußball, wie DWDL behauptet. Zählt man alle Stundenlängen der Übertragungen der hier genannten Sportarten zusammen, kommt man übrigens auch nicht auf die angeführte Gesamtzahl von 444 Stunden. Vielmehr ist eine Stunde abhanden gekommen. Oder sie dreht eine Strafrunde beim Biathlon.

Also: Neue Kosten-Transparenz bei der ARD, dafür weniger Zahlen-Transparenz bei DWDL.

Verquere Logik nach Wahldesaster


23 Sep

Das Wahldesaster der FDP bei den Bundestagswahlen 2013 ist auch einigen Journalisten nicht gut bekommen. Wie sonst ließe sich die verquere Logik nachvollziehen, die aus dieser Interpretation von Spiegel Online spricht:

Im Laufe des Vormittags hatten sich in der Partei Stimmen gemehrt, die einen personellen Neuanfang an der FDP-Spitze verlangen. So hatte der scheidende FDP-Bundestagsabgeordnete Jürgen Koppelin ein Duo aus Lindner und dem schleswig-holsteinischen Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki als neue Hoffnungsträger ins Spiel gebracht. „Wenn die beiden wollen, auf jeden Fall“, sagte Koppelin am Montag im Deutschlandfunk auf die Frage, ob diese beiden das Tandem der liberalen Partei der Zukunft bilden könnten.

Wer hat hier nun wen ins Spiel gebracht? Offenbar hat doch wohl der Moderator des Deutschlandfunks die FDP-Politiker Lindner und Kubicki ins Spiel gebracht und dem Interviewpartner blieb wenig anderes übrig, als zu bestätigen. So kann man auch als Journalist Politik machen und Einfluss auf demokratische Entscheidungen nehmen. Ganz ohne Wahlen.

iPad-Panne bei BBC: Rückkehr zum Papier?


20 Sep

BBC-Reporter Simon McCoy stand vielleicht ein bisschen neben sich, auf jeden Fall griff er kräftig daneben: Statt des bereitliegenden iPads griff der Nachrichtensprecher sich einen Packen Kopierpapier und moderierte mit dieser Ausstattung die BBC News an. Dabei ging es in seiner Moderation ausgerechnet um Ausnüchterungszellen:

http://youtu.be/8MouaeygJe4

In den sozialen Netzwerken gehen die Meinungen über den ungewöhnlichen Auftritt auseinander: Die einen begrüßen die Rückkehr zu analogen Medien wie dem Papier. Andere machen sich eher lustig über die „Mutter aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“:

Ipad_Twitter

Der Fernsehblog der Süddeutschen Zeitung verweist darauf, dass dies nicht die erste Panne von McCoy live im Fernsehen sei. Erst im vergangenen Jahr sei er mit dem Kopf vom Studiotisch hochgeschreckt, als ob er gerade ein Nickerchen gemacht hätte.

Im Live-Geschäft des Fernsehens kommt es immer mal wieder zu Pannen. Besonders interessant, da im deutschen Wahlkampf ja gerade eine Stinkefinger-Diskussion uns im Atem hält, ist der Fall des BBC-Wetteransagers Tomasz Schafemaker, der unversehens eben jenen gestreckten Mittelfinger auspackte, als er eigentlich mit seiner Moderation beginnen sollte:

Radiohörer, die unbekannten Wesen


28 Aug
Foto: Dieter Schütz/Pixelio

Foto: Dieter Schütz/Pixelio

Zweimal jährlich ermittelt die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (AG MA) die Radio-Hörerzahlen. Die Zufriedenheit mit diesen Zahlen quer durch die verschiedenen konkurrierenden Radioredaktionen indes macht stutzig. Sehr schön hat das die FAZ in einem online verfügbaren Beitrag zusammengefasst:

Beispiel Bayern: Der öffentlich-rechtliche Bayerische Rundfunk reklamierte, er sei der „große Gewinner“, während sich der Privatanbieter Antenne Bayern freute, die „1-Mio.-Hörer-Marke“ geknackt zu haben als „meistgehörter Radiosender Deutschlands“. Beispiel Niedersachsen: NDR 1 (öffentlich-rechtlich) beteuerte, „seit 20 Jahren unangefochtener Marktführer“ zu sein, während FFN (privat) mit „einer durchschnittlichen Stundenreichweite von 469 000 Hörern“ seine „Spitzenreiterposition“ zu verteidigen vorgab. Beispiel Berlin: 104.6 RTL (privat) jubilierte, die „klare Nummer eins“ in der Hauptstadt abzugeben und „Hörer-Millionär“ zu sein, während Antenne Brandenburg (öffentlich-rechtlich) sich rühmte, das „erfolgreichste Radioprogramm in der Region“ darzustellen mit „217 000 Hörerinnen und Hörern in der Durchschnittsstunde“.

Problem der Radio-Hörer-Messungen ist die Methode: Während beispielsweise die Fernseheinschaltquoten mit elektronischen Messgeräten in Testhaushalten ermittelt werden, sind es bei der Radio-Media-Analyse simple Befragungen mittels Telefoninterviews. Dabei werden die Interviewpartner gefragt, welche Programme sie am Vortag mindestens eine Viertelstunde gehört haben. Schon die trügerische Erinnerung birgt statistische Fehler. So gibt die MA sensationelle durchschnittliche Hördauern an:

Montags bis freitags schalten knapp achtzig Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung in der Bundesrepublik das Radio ein, absolut rund 58 Millionen Menschen. Im Schnitt hört jeder täglich 198 Minuten Radio. So jedenfalls das Ergebnis der aktuellen Messung.

Horst Müller, Professor für Redaktionspraxis an der Hochschule Mittweida, stellt diese Zahlen in der FAZ in Frage. Seiner Meinung nach müssten die Zahlen viel geringer sein, womöglich um ein Drittel. Unterstützung erhält er durch Media-Analysen aus der Schweiz. Dort wird die Radionutzung elektronisch, mit dem sog. Radiometer, gemessen. Der durchschnittliche Deutsch-Schweizer hört demnach 123,7 Minuten täglich Radio. Das Mediennutzungsverhalten von Bundesbürgern und Deutsch-Schweizern wird nicht so unterschiedlich sein, dass eine so erhebliche Abweichung erklären würde.

Dennoch zeigen selbst die korrigierten MA-Zahlen, dass das Radio das am meisten unterschätzte Medium in Deutschland ist. In den Diskussionen um die Zukunft des Journalismus oder die Medienkrise ist von der deutschen Radiolandschaft selten die Rede. Bei Journalistenkongressen oder andren Branchentreffen sind selten Hörfunkvertreter anzutreffen oder gar als Redner zu bewundern. Dabei erfreut es sich offenbar beim Mediennutzer nach wie vor größter Beliebtheit.

Die besten aller Nachrichten


26 Jul
ZDF-Anchorman Claus Kleber (Foto: Wikimedia)

ZDF-Anchorman Claus Kleber (Foto: Wikimedia)

Was sind denn nun die besten aller Nachrichten? Vor kurzem noch trumpfte der Chef des ZDF-Heute Journals, Claus Kleber, mächtig auf. In einem Interview mit dem Wochenblatt Die Zeit ließ er kein gutes Haar am Konkurrenzprodukt der ARD, nämlich der „Tagesschau“:

Ich glaube, dass sich dieses Konzept gerade überlebt. Weil das, was diese Art von Nachrichten bietet, am ehesten ersetzt wird durch den schnellen Blick ins Internet …

Besonders die manchmal etwas spröde Form der Präsentation störte den ZDF-Anchorman bei den Mitbewerbern von der ARD. Er verstieg sich sogar dazu, die „Tagesschau“ mit dem nordkoreanischen Staatsfernsehen zu vergleichen:

Das trockene Nachrichtenablesen gibt es heutzutage nur noch um 20 Uhr und im koreanischen Fernsehen …

Die Retourkutsche erhielt Claus Kleber prompt, und zwar nicht von der angesprochenen „Tagesschau“-Redaktion, die sich höflich zurückhielt, sondern von Willi Winkler von der Süddeutschen Zeitung:

Offensichtlich hört Kleber nie Radionachrichten, und auch die „Heute“-Sendung seiner ZDF-Kollegen um 19 Uhr scheint er regelmäßig zu verpassen. (…) Claus Kleber moderiert selber zu später Stunde – und auch deshalb mit erheblich geringerem Zuschauerinteresse als bei der „Tagesschau „- das „Heute-Journalim ZDF. Die Berufsbezeichnung für diese Tätigkeit lautet gut amerikanisch Anchorman, also Ankermann, und verlangt vor allem einen Gesichtsausdruck, der beweist, dass der Vortragende die ganze Last der Welt auf seinen Schultern trägt. (…)

Besonders intrikat ist der Hinweis auf ZDF-Nachrichtensendung „Heute“. Denn die schmiert nach neuesten Forschungsergebnissen nicht nur gegenüber der „Tagesschau“ regelrecht ab. Zwar ist die „Heute“-Sendung nach einer Erhebung der Zeitschrift MediaPerspektiven hinter dem ARD-Flagschiff und „RTL aktuell“ immer noch die Nummer Drei in der Zuschauergunst.

Doch bei den jüngeren Zuschauern sieht es für Petra Gerster und Co. ganz duster aus: Im Schnitt gerade mal 470.000 Unentwegte im Alter von 14 bis 49 Jahren schalteten 2012 um 19 Uhr „heute“ ein – weit weniger als die „Tagesschau“ und „RTL aktuell“ und sogar weniger als die Nachrichtensendungen von Sat.1, Pro Sieben oder die qualitativ fragwürdigen „RTL 2 News“, die 620.000 Zuseher verbuchen konnten.

Selbst die „RTL2-News“, bei denen man Probleme hat, überhaupt noch von einem journalistischen Nachrichtenformat zu reden, haben also größeren Zuschauerzuspruch in der Altersklasse der 14- bis 49-jährigen als die ZDF-Sendung. Mit einem hat Claus Kleber da vermutlich recht: Die Zustimmungsquoten in realsozialistischen Staaten wie Nordkorea sind in der Regel höher.

Aber was sind nun die besten aller Nachrichten? Die trockene Seriosität der „Tagesschau“, die immerhin täglich mehr als 8 Mio. Zuschauer sehen? Das Infotainment auf RTL? Oder gar die ständig menschelnden und mit „Promi-News“ durchzogenen RTL2-News? Die Medienforschung sagt uns seit Jahren, dass die Informationsfunktion von Nachrichten weit hinter die Unterhaltungsfunktion und die soziale Funktion zurücktritt: Man guckt Nachrichtensendungen nicht, um als politisch bewusster Staatsbürger über die Angelegenheiten des Gemeinwesens auf dem Laufenden zu sein. Man guckt sie vielmehr, um sich beim Abendessen nicht zu sehr zu langweilen und um am nächsten Tag in der Frühstückspause mitreden zu können. Der Schweizer Schrifsteller Rolf Dobelli meint ja, gar keine Nachrichten seien die besten Nachrichten und fordert eine „Nachrichten-Diät“. Die etwas jüngeren Zuschauer (der Altersschnitt beim ZDF liegt über 60) halten sich bereits daran,  sie schalten die „heute“-Nachrichten nicht mehr an.

ZDF heuert beim Privatfernsehen an


09 Jul

zdf_logo_onlineDas ist doch irgendwie verrückt: Da leistet man sich einen zweiten, nicht ganz billigen öffentlich-rechtlichen Sender, und was tut der? Er gibt sich alle erdenkliche Mühe, um nur nicht wie ein öffentlich-rechtlicher Sender auszusehen. Rundheraus gesagt: Das ZDF wäre gerne ein bisschen RTL. Eigentlich sogar ein bisschen mehr. Eigentlich sogar komplett.

Man kennt das ja aus dem Fußball: Der FC Bayern München möchte schließlich auch irgendwie Borussia Dortmund sein, also kauft man sich einfach die Spieler aus dem Ruhrgebiet und lässt sie künftig am Alpenrand kicken. Irgendwie so etwas müssen sich die Verantwortlichen auf dem Mainzer Lerchenberg auch gedacht haben. Mit Inka Bause, der Moderatorin des RTL-Gassenhauers „Bauer sucht Frau“ (oder muss es hier heißen: Flurbereinigungsweg-Hauer?) und mit Restaurant-Tester Christian Rach („Rach deckt auf“ und „Rach, der Restauranttester“) hat der öffentlich-rechtliche Sender nicht irgendwelche zweitrangige Knallchargen, sondern die moderativen Aushängeschilder des Kölner Privatsenders übernommen. Und es sind ja nicht die ersten: Mit dem Südtiroler Markus Lanz als omnipräsente Allzweckwaffe hat das ZDF sich bereits das Gesicht und den Redaktionschef von „Explosiv“, dem boulevardjournalistischen Flagschiff des Privatfernsehens, rangeholt. Und dessen Vorgänger war Johannes B. Kerner, der vor seinem „Coming out“ als öffentlich-rechtlicher Qualitäts-Laberer eine minderqualitative nach ihm benannte Talkshow auf einem Schmuddelsendeplatz im privatfernsehnlichen Nachmittagsprogramm inne hatte.

Dabei hat das ZDF ja eigene Gesichter hervorgebracht. Aber die schmoren auf ZDFneo oder anderen Spartenkanälen aus Mainz vor sich hin, bevor sie selbst lieber zum Privatfernsehen gehen. Auch in diesem Punkt geht es beim ZDF zu wie einem Bundesliga-Fußballverein: Da bildet man die Nachwuchskräfte im Dutzend in Regionalliga-Mannschaften aus, aber für den Profikader kauft man sich dann doch lieber die billigen Kicker aus dem Ausland.

Nur eine Frage muss das ZDF dringend beantworten: Warum soll ich ZDF gucken, wenn ich die Stars des Privatfernsehens sehen will? Dann kann ich doch gleich RTL, Sat1 & Co. glotzen. Und nur um den abgehalfterten Ex-ModeratorInnen der Privaten eine öffentlich-rechtliche Jobgarantie bis zur Rente zu geben, muss eine Gesellschaft sich kein öffentliches Rundfunkprogramm leisten. Auch wenn man Herrn Rach und Frau Bause und all den anderen nicht zu nahe treten will, muss man doch feststellen, dass ihr Wechsel zum Zweiten Deutschen Fernsehen symptomatisch dafür ist, wie heruntergekommen dieser Sender sein muss. Eigentlich schade.

Kress Report im Jugendwahn


02 Jul

Älter werden ist gerade im Medienzeitalter ja nicht so schön. Im High Definition Fernsehen sieht man jede Falte und jedes graue Haar. Da macht man sich doch gerne ein bisschen jünger. Und die jungen Zuschauer, die sind ja sowieso die wichtigsten. Also ran an die Zielgruppe, mit Jugendzentrum-Charme und Kindergeburtstags-Appeal. Erfolgreich ist damit der ARD Markencheck. Diese Verbrauchersendung gucken nämlich tatsächlich ein paar Zuschauer unterhalt jener 61 Jahre, die der gewöhnliche ARD-Zuschauer im Durchschnitt alt ist. Aber was das Medienfachblatt Kress Report daraus macht, geht dann vielleicht doch ein bisschen zu weit:

Ausschnitt: Kress Report

Ausschnitt: Kress Report

Die Zuschauer zwischen 14 und 49 als „Jugend-Quote“ zu bezeichnen, ist selbst unter Zuhilfenahme von sehr viel Nivea-Produkten doch etwas vermessen. Trotz oder wegen des Cremetopfes.

 

 

 

Phil.Cologne: Philosophie als Spaßevent?


26 Jun
Sokrates: "Ich weiß, dass ich nichts weiß".

Sokrates: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“.

„Philosophie ist in unseren Zeiten der Spaßkultur etwas Antiquiertes“. Den Satz hörte ich gerade im Radio auf WDR 5. Es handelte sich bei der Äußerung um Werbung für die Veranstaltungsreihe Phil.Cologne, die genau das tut, was der Satz scheinbar negiert: Philosophie als Spaßkultur inszenieren. Da gibt es Veranstaltungen wie „Schlag den Platon“, einen Philosophie-„Slam“, und ansonsten Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen, die stets nach demselben Muster ablaufen: Man nehme einen irgendwie aus den Fernsehen bekannten Kopf, z.B. den Tatort-Pathologen Joe Bausch, kombiniere ihn mit irgend einem Intellektuellen, den man bestenfalls auch aus dem Fernsehen kennt, z.B. Rüdiger Safranski, und nehme sehr viel Eintrittsgeld dafür, dass sie das tun, was sie sonst im Free-TV auch umsonst erledigen. Bis zu 30 Euro Eintritt kosten nämlich die Veranstaltungen, die noch dazu großzügig von der Lanxess AG,  dem „Alleinigen Hauptsponsor des ersten Philosophiefestivals“, unterstützt werden — wobei der Ausdruck „alleiniger Hauptsponsor“ ein hübsches, fast schon philosophisches Paradox ist. Großzügige Förderung erfährt phil.Cologne auch durch den „Medienpartner“ Westdeutscher Rundfunk, der auf hochattraktiven Sendeplätzen unbezahlte Werbung für die Veranstaltungsreihe macht. In der Philosophie von Karl Marx würde man das alles wohl Mehrwert-Produktion nennen. Besondere, womöglich sogar selbstironische Volte der Veranstalter ist das Gespräch von Frank Schirrmacher und Rangar Yogeshwar zum Thema „Unsere Zukunft zwischen Ego und Nachhaltigkeit“: Über das Sujet, vor allem das „Ego“, kann wohl kaum jemand besser Auskunft geben, als genau diese zwei Festredner.

Nichts gegen Fröhliche Wissenschaft! Aber das Programm von phil.Cologne macht doch schwer den Eindruck, als wolle man die Loveparade mit etwas Intellektuellen-Brimborium zum klassischen Ballettabend aufmotzen. Unterhaltungsautor Frank Schätzing ist zwar Kölner, aber mit Sicherheit kein Philosoph — vielleicht steht er ja nach Meinung der Programmmacher für das „Cologne“ im Terminus „phil.Cologne“. Wer es etwas günstiger haben möchte, kann sich ja einfach mal in die ein oder andere Philosophie-Vorlesung an der örtlichen Hochschule schmuggeln. Da reden Profis, und Eintritt kostet es auch nicht.

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter