Archive for August, 2010

“No Email Day” bei Intel


10 Aug

Ausgerechnet der größte Computerchip-Hersteller der Welt, die Fa. Intel, hat sich schon vor einiger Zeit dazu durchgerungen, einen Arbeitstag in der Woche als komplett Email-frei zu deklarieren: Freitags ist seitdem „No Email Day“ beim Chiphersteller. Das Problem, das mit dieser ungewöhnlichen Maßnahme gelöst werden soll, ist vom Intel-Geschäftsführer Paul Otellini  in einem Interview mit der Financial Times dargestellt worden. Er kritisierte

“the fact that engineers two cubicles apart send an e-mail rather than get up and talk. The whole nature of sitting down and hashing out ideas and collaborating is a bit stymied by the construct of the cubicles”.

(… den Umstand, dass zwei Ingenieure, die nur zwei Arbeitszellen auseinander sitzen, sich eher eine Email schreiben, als aufzustehen und miteinander zu reden. Das ganze Wesen der Kreativität und der Zusammenarbeit ist ein bisschen aufgeweicht worden durch diese Arbeitszellen).

Die Lösung sieht laut Intel so aus:

In our new pilot, we encourage the members of an organic group to focus each Friday on direct conversation – face to face or by telephone – for interpersonal communication within the group.

(In unserem Pilotversuch ermutigen wir die Mitglieder einer Arbeitsgruppe, jeden Freitag auf direkte Konversation zu setzen, entweder von Angesicht zu Angesicht oder per Telefon, um innerhalb der Gruppe miteinander ins Gespräch zu kommen)

Auch freitags dürfen bei Intel übrigens weiterhin Emails geschrieben und auch gelesen werden, nur nicht in der eigenen Arbeitsgruppe oder mit Kollegen in Rufweite.

IT@Intel · “Quiet Time” on track – “No Email Day” is next!

Kölner Stadt-Anzeiger stolpert über Theo Albrechts Mercedes


06 Aug

Ein Mercedes steht zum Verkauf: Es ist die Limousine des kürzlich verstorbenen Aldi-Gründers Theo Albrecht. Der Verstorbene muss panische Angst vor einer neuerlichen Entführung gehabt haben, nachdem er 1971 ganze sechszehn Tage lang in der Hand von Kidnappern war. Das Fahrzeug bietet Sicherheitsstandards der Präsidentenklasse. Der Fahrbericht im Kölner Stadtanzeiger liest sich indes so:

Trotz seiner 3,5 Tonnen ist die gepanzerte Limousine mit ihrem 4,2-Liter-Motor mit 278 PS fast eine lahme Ente.

Müsste es nicht eigentlich heißen: „Trotz ihrem 4,2 Liter-Motor mit 278 PS ist die gepanzerte Limousine mit ihren 3,5 Tonnen eine lahme Ente“? Naja, bei so viel Zahlen kann man schon mal durcheinander kommen.

Theo Albrechts Mercedes wird verkauft – Kölner Stadt-Anzeiger

Wir bizarr ist die Welt? Manipulation der Medien


04 Aug

Eine private Internetseite, die wie Die_Welt_ist_bizarr ein krudes Panoptikum aus Verschwörungstheorie, moderner Physik und Medienkritik sammelsurisiert, ist vermutlich genau das, was allgemein unter einer privaten Website verstanden wird und womöglich wirklich einen guten Teil des Internets ausmacht. Und auch der unter dem Stichwort “Manipulation der Medien” dargebotene Artikel eines Dr. Tim O’Shea ist an Kruditäten nicht arm, die ihn für besagte Website passend machen. Aber innerhalb dieses Artikels gibt es doch eine sehr schöne Stelle, an der der Autor Reflexionen über die beschädigte Intelligenz im Medienzeitalter einstreut.

Die Skalen der "SAT" (Scholastic Aptitude Tests, die Aussagen über die allgemeinen schulischen Leistungen aller Schüler ermöglichen sollen) würden, so O’Shea, willkürlich immer weiter herabgesetzt, um zu vertuschen, wie dumm und dümmer Kinder von Jahr zu Jahr würden. Als bestätigendes Experiment schlägt der Autor vor, einem beliebigen Abschlussstudenten ein Buch von Dumas oder Jane Austen zu reichen und ihn zu bitten, von einer zufällig aufgeschlagenen Seite nur einen Absatz laut vorzulesen. Das radebrechende Ergebnis erklärt O’Shea mit dem intellektuellen Niveau der Medienerzeugnisse, das in auffälliger Weise mit demjenigen ihrer Nutzer korreliere:

Beobachten sie die Entwicklung des intellektuellen Niveaus des durchschnittlichen Kinofilms (der dieser Tage nur mehr ein bis zwei Wochen im Kino zu sehen ist, vor allem wenn er nicht ausreichend Explosionen, Verfolgungsjagden, Silikon, angeblichen Kampfsport und schwachsinnige Dialoge hat).
Radio? Bedenken Sie die geringe geistige Qualifikation der gekünstelt bewegten üblichen Affen, die als DJ`s eingestellt werden – es wirkt, als ob man ihnen nur 50 verschiedene Gedanken erlaubt habe, die sie einfach zufällig wiederholen.
Und zu welchem Zeitpunkt ließ die Popmusik von der Anforderung des Studiums eines Musikinstruments oder der Theorie an sich ab, von Lyrik ganz zu schweigen? Vielleicht verstehen wir bloß diese aufkommende Form von Kunst nicht, oder? "Darwinismus" ä la MTV: der Affe stammt vom Menschen ab.
Ist Ihnen je aufgefallen, dass alle Hochglanzmagazine wirken, als ob sie vom selben Typen geschrieben seien?
Und als ob dieser Schreiber gerade die Grundschule hinter sich gebracht habe? Und doch hat der Kerl all die korrekten Meinungen über soziale Angelegenheiten wiedergegeben. Keine originellen Ideen zwar, dafür aber jene flache, selbstgefällige und homogenisierte Allwissenheit, uns zu versichern, dass alles in Ordnung ist. Ja, alles ist in Ordnung.

die.welt-ist.biz/arr – Manipulation der Medien

Constanze Rick: Die Dame mit Unterleib


03 Aug

Foto: VOX/Bernd-Michael Maurer/glamtouch Damen ohne Unterleib waren eine Zeitlang in Zirkusshows eine Volksbelustigung, wobei zu fragen wäre, ob eine Dame, die des Unterleibs und damit wesentlicher Geschlechtsmerkmale entbehrt, überhaupt als Dame bezeichnet werden darf. Constanze Rick ist selbsterklärtermaßen Fernsehmoderatorin. Einen Unterleib hat sie, aber obenrum scheint etwas zu fehlen.

Charmant und augenzwinkernd berichtet Constanze Rick über die Neuigkeiten der Promi-Welt immer montags bis freitags sowie sonntags bei VOX.

Sie muss auch einen Unterleib haben, wie sollte sie sonst in der Sendung „prominent!“ über all die Unterleibs- und Magensthemen berichten, die ihr offensichtlich so wenig Unterleibsschmerzen machen? Aber oben! Was ist oben mit ihr los? Die Frau ist eine Moderatorin, die nicht moderiert. Denn sprechen, ja sprechen darf Constanze Rick nicht, wie auch Medienblogger Stefan Niggemeier schon vor Zeiten festgestellt hat:

Hätte Miss Piggy eine Rubrik gehabt, in der sie von ihren Begegnungen mit den anderen Reichen und Schönen berichtete, sie hätte sie genau so inszeniert: Sie hätte sich auf dem Designersofa genau so affektiert die Haare hinter die Ohren geklemmt, wichtig telefoniert, sinnierend die Hand an den Mund gelegt, beinahe etwas ins Laptop getippt, aber dann doch wieder zum Handy gegriffen.

Aber das hier ist nicht Miss Piggy, sondern Constanze Rick, langjährige Reporterin des RTL-Starmagazins „Exclusiv”, und die meint das ernst mit den affigen Posen einer „TV-Kolumnistin”.

Constanze Rick darf nicht sprechen. Zwar wird behauptet, die Off-Kommentare der beispiellos hirnverbrannten Einspielfilme würden von Frau Rick selbst kommentiert. Zumeist handelt es sich allerdings um Zweit- und Dritt-Verwertungen der RTL-Schwestersendung „Exklusiv“, bei der Frau Rick einst als Praktikantin ihre stummes Staunen erregende Karriere begonnen hat. Aber warum darf die Rick dann nie die Lippen bewegen? Und wie soll so wenig Inhalt mit so vielen Worten aus nur einem wohlfrisierten Kopf kommen? Die Hermeneutiker unter den Fernsehkritikern, hier insbesondere der Webdienst Cineastentreff.de, messen ihr zwar beinahe literarischen Rang zu:

Das Konzept der Sendung erscheint originell: Rick wird meist aus einer Alltagssituation heraus (etwa: „Beim Friseur in der Gala blätternd“) das Promi-Geschehen kommentieren. Und das geradezu „literarisch“ – aus dem Off heraus in einer Art Tagebuchform.

Aber mal ehrlich: Was die Ricks dieser Welt da produzieren, ist nicht originell und nicht Boulevardliteratur, sondern Unterleibsprosa. Und wenn Frau Ricks Unterleib besondere Fähigkeiten hat, dann die, bauchzureden, wie auch im FAZ-Fernsehblog festgestellt wurde:

Seit über drei Jahren sitzt die Promi- und Klatschexpertin Constanze Rick im Vox-Magazin „Prominent!“ herum und tippt irgendetwas in ihren Mac bevor sie aus dem Off den nächsten Beitrag ankündigt, ohne im Bild die Lippen zu bewegen, was sehr irritierend sein kann.

Für Vox-Chef Frank Hoffmann  ist Ricks erstaunliches Schweigen Ausdruck ihrer Distanz zu den eigenen Themen, die er einst als Anspruch formulierte: „Wir wollen über den Boulevard berichten, ohne ihn selbst zu betreten.“ Aber wie soll das gehen? Das wäre wie Waschen ohne Wasser. Oder wie Autofahren ohne Straße: So was kann man machen, nämlich in einer Verkehrssimulation. Und vielleicht ist Ricks „prominent!“ ja einfach eine Journalistensimulation und Constanze Rick so virtuell wie ein Avatar in „Real Life“.

Aber auch, wenn Frau Rick (was womöglich begrüßenswert ist) nicht reden darf, zu Wort meldet sie sich schon: Nämlich auf ihrer Facebook-Seite. Und hier spricht sie frank und frei aus, wozu all die Stars- und Sternchen-Formate in Fernsehen und Printmedien dienen: Zur Vermarktung nämlich. Da wirbt Frau Rick ungeschminkt für ihren Nagellack („Uslu Airlines“) oder ihren schicken Schal („Faliero Sarti“). Da hat Frau Rick ja noch ganz andere Perspektiven, gerade was den Unterleib angeht …

Constanze Rick | Facebook

Anti-Medien-Blog

Die journalistische Notfallpraxis im Web von Hektor Haarkötter